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Kajaktour in Nordnorwegen Unterwegs zum Wrack der „Tirpitz“

Windstill und wenige Wellen – perfektes Wetter für eine Kajaktour bei Tromsø. Hier, im Norden Norwegens bedeutet das: Wollunterwäsche, Ganzkörper-Trockenanzug, Neoprenhandschuhe und -schuhe, Schwimmweste. Wer sich trotzdem traut, kann eine Zeitreise zu einem traurigen Weltkriegs-Kapitel erleben.

Von: Andreas Pehl

Stand: 08.11.2024

Unterwegs zum Wrack der „Tirpitz“ | Bild: BR; Andreas Pehl

Die Insel Håkøya liegt rund drei Kilometer über den Sund. Langsam kommen die Siedlungen und Bauernhöfe auf der knapp 4 km² großen Insel näher.

Das Wasser hat um die 3°C.

Vor der Insel liegt das Wrack der Tirpitz. Die Ebbe hat einen Brustkorb aus verrostetem Stahl nur wenige Meter vor dem Strand aus dem Meer auftauchen lassen, die Reste des größten jemals in Europa fertiggestellten Schlachtschiffs, der „einsamen Königin des Nordens“ oder „der Bestie“, wie Churchill sie nannte; 251m lang, 36m breit, rund 2000 Mann Besatzung.

Noch heute ist die Tirpitz allgegenwärtig.

Am 12. November 1944 wurde sie hier versenkt, rund 1000 Menschen starben, als 32 Lancaster-Bomber aus Schottland mit je einer fünf Tonnen schweren, bunkerbrechenden Tallboy-Bombe das Schiff angriffen. 800 Menschen schafften es, an Land zu kommen. Innerhalb von kürzester Zeit kenterte die Tirpitz und lag, nur wenige Meter vom Strand entfernt, mit dem Bug nach oben – es gab kein Entrinnen für die Mitglieder der Mannschaft, die im Inneren eingeschlossen waren. Die Hilfsmannschaften konnten nur 83 Mann herausschneiden.

Nach Kriegsende wurde eine Firma beauftragt, das Schiff abzuwracken. Kupferkabel, Stahlplatten, edle Hölzer – alles sollte wiederverwertet werden. Und gleichzeitig hatten die Arbeiter Särge mit dabei, in denen sie die Knochen der Toten sammelten.

Gedanken mit dem Wind auf die Reise schicken

Noch heute ist die Tirpitz allgegenwärtig. Die Bombenkrater an Land sind zu kleinen Tümpeln geworden, Bäume geschädigt von den Chemikalien der Nebelmaschine, die das Schiff verbergen sollte. Das Scheunendach des benachbarten Bauernhofs stammt von Bord des Schiffes, ebenso die Holztäfelung einer Klinik in Tromsø, Baustellenplatten im 2000 Kilometer entfernten Oslo und blumenbepflanzte Torpedonetzbojen auf Terrassen im Nachbarfjord. Und immer noch spült das Meer Stiefelreste und andere Gegenstände an den Strand.

Drei Kilometer sind es zurück nach Tromsø, eine gute Strecke, um diesen Ausflug in die Geschichte zu verarbeiten, um Gedanken mit dem Wind auf die Reise zu schicken unter dem klaren arktischen Himmel.


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