Baden in Geschichte Schmidt Max und die historischen Freibäder (1/2)
Geschichte soll trocken sein? Von wegen! Diesmal taucht der Schmidt Max geradezu ein in Geschichte – er geht baden wie vor fast 100 Jahren: in Bayerns schönsten historischen Freibädern. Die stehen in Franken, im Allgäu und in Oberbayern, sind unter Denkmalschutz, aber noch immer in Betrieb.
Erst um 1920 tauchen die ersten öffentliche Badeanstalten auf – vorher hatten die Menschen einfach keine Zeit für Freizeit. Und kaum jemand konnte schwimmen. Schwimmen lernen sollten zunächst die Soldaten. So ist es das Militär, das zu Begin des 19. Jahrhunderts die ersten Schwimmschulen bauen lässt, in Berlin, Ingolstadt oder Regensburg. Anstalten, die auch für Zivilisten offen waren, Schüler erhielten dort Schwimmunterricht. Etwa zur gleichen Zeit entstehen auch die ersten Fluss-Badeanstalten. Die Bäder sind durch Holzwände streng getrennt nach Geschlechtern, die Badenden sittsam gekleidet. Erst als die Gesellschaft freizügiger wird und die Arbeitswelt mehr Freizeit erlaubt. kann der Siegeszug der Freibäder beginnen.
In Bayern gibt es heute noch über 500 Freibäder, zehn davon stehen unter Denkmalschutz. Fünf hat der Schmidt Max 2013 besucht, zusammen mit dem damaligen bayrischen Generalkonservator Professor Dr. Egon Johannes Greipl. Neben viel Nostalgie bieten sie heute vor allem ein ganz spezielles Ambiente. Baden direkt an einem Felsen etwa lässt es sich in Pottenstein. Oder wie wäre es mit einem Sprung vom 10-Meter-Turm im Nürnberger Stadtbad, erbaut im damals hochmodernen internationalen Stil? Und zum Bad am Fuße der Burg Neideck kann der Max mit dem Kahn fahren – es hat direkten Anschluss an einen Fluss, die Wiesent.
Stadionbad Nürnberg
"Dieses Bad ist typisch für den Baustil nach dem ersten Weltkrieg, den internationalen Stil", klärt Professor Greipl den Max auf. "Gekennzeichnet ist es durch eine neue Sachlichkeit, reine Funktionalität ohne repräsentative Details." Schließlich wurde es als Stadtbad für die Arbeiter gebaut, sie sollten sich einmal die Woche waschen können. Als das Bad 1928 eröffnet wird, gibt es ein 100-Meter-Becken und einen 10-Meter-Sprungturm. Doch Freibäder unter Denkmalschutz haben es in der heutigen Zeit nicht leicht. Um attraktiv zu bleiben, müssen sie, wenn auch ganz sanft, modernisieren. Deshalb gibt es in Nürnberg seit 1986 eine Rutsche, die Becken werden beheizt und das 100-Meter-Becken sind jetzt zwei.
Felsenbad Pottenstein
Von Nürnberg fahren Max und Professor Greipl weiter zurück in die (Bäder)Geschichte nach Pottenstein. Unterhalb des Finkensteins hat man dort 1925 ein Bad in den Felsen gehauen. Als das Jugendstilbad ein Jahr später eröffnet wird, kann man noch vom Felsen ins kühle Nass springen. Das lockt Sommerfrischler aus aller Welt in die Fränkische Schweiz und macht Pottenstein populär. 1987 muss das Bad dann schließen, weil das Geld für die nötige Renovierung fehlt. Die Rettung war ein Förderverein. „"Aus dem Betonbecken wurde ein Naturbecken, das ungeheizte Wasser kommt aus einer Quelle unter der Teufelshöhe, statt Chlor und Chemie reinigen Schilf und Kaulquappen das Badewasser" erklärt Professor Greipl. Seit 2001 kann man hier wieder plantschen.
Familienbad Streitberg/Wiesenttal
Auf ihrer Freibad-Tour fahren der Max und Professor Greipl weiter durch die Fränkische Schweiz zur Burg Neideck. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise wird hier 1931 für Touristen und Sommerfrischler im so genannten Heimatstil ein Freibad errichtet. "Das war damals eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme", erzählt Professor Greipl, " deshalb wurde das Areal von Hand ausgegraben."Wie früher ist das Bad auch heute noch unbeheizt und wird weitgehend ohne moderne technische Anlagen betrieben. Und wie früher kann man auf dem Bootssteg im Bad Kähne ausleihen, um auf der Wiesent zu paddeln.
Terrassenbad Bad Kissingen
Ein Beispiel für Nierentischzeit und Wiederaufbaukultur nach dem zweiten Weltkrieg besuchen die beiden in Bad Kissingen. Amerikanische Streitkräfte leisteten hier wertvolle Aufbauhilfe, indem sie kostenlos das gesamte Badegelände planierten und damit die Terrassen schufen. Nach kürzester Bauzeit konnte 1954 eines der modernsten Terrassenbäder Europas eröffnet werden. Und das lockt die Prominenz nach Bad Kissingen: Bundespräsident Heuß, Swinglegende Max Greger, die persische Prinzessin Soraya, Schauspielstar Willy Millowitsch. Und an einem Tag sogar 17 000 Besucher! "Zunächst stand nur das Pavillon-Café unter Denkmalschutz". so Professor Greipl, "mittlerweile das ganze Bad". 85 Meter Wasserrutsche, 50 Meter Sportbecken, 10-Meter-Sprunganlage – auch in Bad Kissingen wurde sanft modernisiert. Geblieben ist der wunderbare Blick auf die Rhön...
Moorbad Oberstdorf
Ein letztes Mal baden wie in der guten alten Zeit möchte der Max in Oberstdorf, doch vor dem Vergnügen liegt ein 15 Minuten Spaziergang. Zum ersten Mal erwähnt wird das Bad in einem Reiseführer aus dem Jahr 1893: wenn das Wasser 14 Grad hatte, wurde dies durch das Hissen einer Fahne angezeigt. "Denkmalgeschützt sind das zweigeschossige Hauptgebäude mit Walmdach und die winkelförmigen Seitentrakte, erdgeschossig, mit Satteldach" erfährt der Max vom Professor. Und seit 1930 hat sich nicht viel verändert im Moorbad: Das Wasser aus dem Moorweiher, die Gebäude, die hölzernen Umkleidekabinen. Neueste Attraktion ist eine aufblasbare Rutsche, die immer zur vollen Stunde für 15 Minuten geöffnet wird. Danach herrscht wieder Ruhe und Beschaulichkeit wie damals!
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Geschichte des Badens
Badekleidung
Wieso trugen Männer vor 1920 lange Badeanzüge? Ein Blick in die Geschichte des Badens zeigt: Bademode war damals aus Wolle. Mit einer kurzen Hose wären Männer bald "unten ohne" dagestanden. Diese feschen Badetrikots tragen die Männer bis in die 30er Jahre. Ein freier Oberkörper hätte außerdem gegen die guten Sitten verstoßen. "Brust raus" heißt es nur im reinen Männerzirkel, dem Militärbad. Den Bikini sucht man in den 20ern vergeblich. Er wird erst 1946 erfunden und setzt sich in den 60ern so richtig durch. 100 Jahre vorher gilt an den Stränden: möglichst wenig Haut zeigen. Manche Frauen tragen sogar extra Badeschuhe. Die Strandmode ist züchtig-elegant - für Erwachsene ebenso wie für Kinder. Die Knie bedecken müssen die Damen noch bis etwa 1900.
Badekultur
Die Menschen haben schon immer gebadet - zunächst nur, um sich zu reinigen wie etwa im Mittelalter. Dass Wasser heilend wirkt, erkennen Ärzte im 17. Jahrhundert. Von da an lassen es sich vornehme Bürger in Kurorten oder im gesunden Meerwasser gut gehen. Sie leisten sich so genannte Badekarren, die Bedienstete ins Meer ziehen – wo sich die Badegäste dann reinigen. Einen Badeboom gibt's im 19. Jahrhundert mit der beginnenden Industrialisierung. Die Arbeiter sollen sich regelmäßig waschen. Als die Cholera Tausende tötet, verordnet Wilhelm II Jedem ein Bad pro Woche. Im ganzen Kaiserreich entstehen öffentliche Badeanstalten, anfangs nur mit Duschen, später mit Wasserbecken. Es sind die Vorläufer der Volksbäder.