Steinzeit-Diät Was ist dran am Paleo-Trend?
Viele kämpfen gerade jetzt in der kalten Jahreszeit gegen hartnäckigen Winterspeck. Die Paleo-Ernährung - von manchen auch Steinzeitdiät genannt - verspricht Abhilfe. Für ihre Anhänger ist die Paleo aber noch viel mehr als eine Diät. Es ist eine Ernährungsphilosophie, die nicht nur schlanker, sondern auch fitter und gesünder machen soll.
Die Theorie hinter dem Ernährungskonzept: Unsere Gene haben sich seit der Altsteinzeit nicht verändert. Deshalb ist das für den Körper am besten, was es damals schon gab. Das Essen der Jäger und Sammler, also vor allem Fleisch, Fisch, Gemüse, Obst, Beeren und Nüsse sollen für den menschlichen Körper am besten sein. Die Präferenz für Fleisch ist demnach in den Genen verankert. Kurz gesagt: Altsteinzeitliche Gene erfordern altsteinzeitliche Kost. Die Anhänger gehen davon aus, dass unsere Vorfahren damals gesünder und fitter waren und viele „moderne“ Krankheiten wie Diabetes, Übergewicht, Allergien und Herz-Kreislauf-Krankheiten nicht kannten.
Steinzeitdiät: Was ist erlaubt, was nicht?
Das darf man essen
Auf dem Speiseplan stehen vor allem:
- hochwertiges Fleisch, am besten von weidegefütterten Tieren
- Fisch
- Schalentiere
- Gemüse
- Obst
- Beeren
- Nüsse
- Eier
- Samen
- Öl; zum Kochen und Braten wird Kokosfett empfohlen, ansonsten Olivenöl
Darauf muss man verzichten
Tabu sind:
- Kuhmilchprodukte, zumindest am Anfang, die meisten verzichten allerdings dauerhaft darauf
- Zucker
- Alkohol
- Getreide: Brot, Pasta, Bulgur, usw
- Hülsenfrüchte
- Reis
Anders als bei einer klassischen Low-Carb-Diät sind beim Paleo Kuhmilchprodukte zumindest anfangs verboten. Später darf man sie essen, wenn man sie verträgt und sie nicht homogenisiert sind.
Kohlenhydratreiches Obst und Gemüse wie Trauben, Ananas oder Kartoffeln sind hingegen erlaubt. Es geht beim Paleo nicht so sehr um die Anzahl der erlaubten Kohlenhydrate als vielmehr um die Quelle, man kann seine Paleoernährung also eher Low Carb oder nicht Low Carb gestalten.
Trend aus den USA
In den USA ist Paleo längst ein Trend. Auch Prominente wie Tom Jones, Megan Fox oder Matthew McConaughey sollen auf die Ur-Kost schwören. Monika Bischoff, Ernährungswissenschaftlerin im Zentrum für Ernährungsmedizin und Prävention im Krankenhaus Barmherzige Brüder in München, hat sich ausführlich mit der Steinzeitdiät beschäftigt.
"Bei der Paleo-Diät oder bei der Steinzeitdiät kommt sofort der Gedanke Fleisch. Ist ja auch so, es wird viel Fleisch gegessen, viel Fisch. Man muss keine Punkte zählen, keine Kalorien, es ist relativ einfach. In der Wissenschaft ist es ein bisschen umstritten, weil man ja nicht genau weiß, was war die Steinzeitdiät denn genau. Was wurde damals gegessen? Die Menschen wurden ja auch nur 30 Jahre alt."
Monika Bischoff, Ernährungswissenschaftlerin, München
Monika Bischoff hält vor allem den hohen Fleischkonsum für bedenklich:
"Viel Fleisch bedeutet, ich hab sehr viel Harnsäure, die ich produziere, die wiederum Gicht fördern kann. Außerdem gibt es viele Studien zu rotem Fleisch, die belegen: Wenn ich mehr als einmal die Woche Fleisch esse, kann sich mein Darmkrebsrisiko erhöhen. Das sind die zwei wichtigsten Punkte, die man beachten sollte. Dann fehlt mir natürlich auch Kalzium, weil ich keine Milchprodukte zu mir nehme. Man muss drauf achten, dass man sich das Kalzium aus grünem Gemüse und aus Samen und Nüssen holt."
Monika Bischoff, Ernährungswissenschaftlerin, München
Dauerhaft nach dem Paleo-Konzept leben
Dass man aber dauerhaft so leben kann, zeigt Familie Konefal: Birgit und Pawel sind seit drei Jahren „Paleoaner“. Sie vermissen ihre „alte“ Ernährung heute gar nicht mehr.
"Der Anfang war schon ziemlich heftig. Man hat den Zuckerentzug deutlich gemerkt. Der Blutzucker war halt wirklich am Boden. Aber nach diesen zwei Wochen ging es mir wirklich fantastisch. Ich hatte keine Blutzuckerschwankungen mehr, ich war leistungsfähig, das Nachmittagstief ist auch ausgeblieben."
Birgit Konefal
Insgesamt hat sie in den vergangenen drei Jahren etwa 14 Kilogramm verloren. Heute fühlt sie sich topfit, ist schlank und leidet nach eigenen Angaben auch nicht mehr unter ihrer Frühlingsallergie, was sie auf die Ernährungsumstellung zurückführt. Angefangen hat alles im Jahr 2012. Damals wog Ehemann Pawel noch doppelt so viel wie heute.
"Ich hatte einen gewichtigen Grund dafür: 160 Kilogramm Körpergewicht. Und da war es Zeit mit der Ernährungsumstellung anzufangen und sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und das hat super geklappt. Jetzt, knapp drei Jahre später, habe ich mein Gewicht halbiert und bin bei 80 Kilogramm Körpergewicht angekommen."
Pawel Konefal
Für beide funktioniert das Konzept im Alltag gut. Sie fühlen sich wohler, seit sie sich so ernähren. Sind sie einmal unterwegs, greifen sie zu Salaten, zu Fleisch und Gemüse.
Fazit
Die Ernährungsweise kann ein guter Einstieg sein, sich bewusst mit seinem Essen auseinanderzusetzen und sich gesünder zu ernähren. Paleo liefert gute Ansätze. Dass man Fertiglebensmittel meiden und die Mahlzeiten frisch zubereiten soll, wird von Experten gelobt. Damit verbunden ist ja auch ein Verzicht auf Zusatzstoffe, Aromen, zu viel Salz, Glutamat, Zucker, Unmengen an Weizen und Ähnlichem. Mehr frisches Gemüse und Obst zu essen ist ein großer Pluspunkt.
Allerdings ist es umstritten, ob man wirklich Getreide- und Milchprodukte meiden sollte. Viele Experten sehen hierin keinen Vorteil für die Gesundheit. Die Annahme der Paleo-Anhänger, dass Gluten im Darm zu dauerhaften Entzündungsprozessen führt und dadurch nicht genug Nährstoffe aufgenommen werden, ist umstritten. Kritiker bemängeln vor allem den hohen Fleischkonsum, auch aus ökologischer Sicht. Und was sagt die Ernährungswissenschaftlerin?
"Wenn ich auf Zucker, Fertigprodukte, Süßigkeiten, Alkohol verzichte, nehme ich natürlich weniger Kalorien zu mir und ich nehme ab. Aber die Annahme, dass wir uns genetisch immer noch auf dem Steinzeitlevel befinden und uns deswegen so ernähren sollten, ist Quatsch und wissenschaftlich durchaus umstritten. Deswegen ist mein Fazit, eine gesunde, ausgewogene Mischkost mit Bewegung bringt es ganz genauso."
Monika Bischoff, Zentrum für Ernährungsmedizin und Prävention, Krankenhaus Barmherzige Brüder, München