Grützner Mönch Ein Portrait des Bruder Barnabas?
Nur die wenigsten konnten sich einen Grützner leisten, doch viele wollten zu gern einen haben – dabei war sein 'Bruder Kellermeister' um 1907 schon ein wenig antiquiert.
Dennoch: die Nachfrage nach einem Werk von Eduard Grützner war so groß, dass der Münchner Maler sie nie hätte erfüllen können. Deshalb wurde er viel kopiert - und viele so genannte Grützners sind leider keine: doch dieser schon!
Wie meisterhaft da Realität vermittelt wird: der Speck, der Radi, der Laib Brot unterm Arm werden zum Stillleben, das Gesicht zur psychologischen Studie, die Person selbst soll zeigen, wie eine Figur leicht eingedreht, sicher und natürlich in den Raum gestellt wird. Ein weiches Licht inszeniert den wissend lächelnden Mönch, eine leichte Hinterhellung seinen Kopf.
Es ist traditionelle Malerei und doch ist sie nicht akademisch. Die Pinselstriche sitzen offen und locker nebeneinander: alles Charakteristika für Eduard Grützners reifes Spätwerk. Und ein Höhepunkt des realistischen Illusionismus.
An der Schürze ist der Kellermeister zu erkennen, der 'Bruder Kellermeister', möglicherweise sogar eine Art Bruder Barnabas des Paulanerordens. Der hatte ja – historisch gesehen - die Pflicht und die Ehre, zuerst dem Landesherrn einen Starkbiertrunk zu kredenzen. Es ist ein Bild, das die mönchische Askese mit dem weltlichen Genuss versöhnt. Eine Kombination, die dem gebürtigen Schlesier Eduard Ritter von Grützner im katholischen Bayern gefallen haben dürfte.
Fakten:
- Geschätzter Wert: 20.000 bis 25.000 Euro
- Künstler: Eduard von Grützner
- Herkunft: München
- Datierung: 1907
- Sendung vom 10. März 2012