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Schrebergärten "Land in Sonne" und "Villa Flora"

München. Südwesten. Kleingärten, so weit das Auge reicht. In diesen Anlagen "Land in Sonne" und "Villa Flora" gibt es 655 Pächter. Eine Parallelwelt. Mitten in der Stadt.

Stand: 07.10.2016

Glück im Grünen | Bild: BR

Spießerparadies. Strenge Regeln. Recht und Ordnung. So das Vorurteil. Aber: Ist das wirklich so? Der Schrebergarten gilt als typisch deutsch. Aber wie sieht es mit den Hobby-Gärtnern anderer Herkunft aus? "Also, picobello und freundlich", sagt ein Gärtner. "Kann man eigentlich großen Teils nichts dagegen sagen, dass wir Ausländer auch hier im Garten haben." Ein zweiter Gärtner: "Also, ich kann jetzt nichts dazu sagen, weil ich habe jetzt noch keinen in meiner Nähe. Aber man hört natürlich auch, dass es Probleme gibt. Habe ich auch schon gehört." Und ein Ehepaar im Garten: "Die sind schon anders wie wir. Also wir haben hier drüben auch Griechen. Sind ganz nette Leute. Aber die sind halt anders. Die sind halt lauter. Es ist immer Familie da."

Mittwochnachmittag, 15 Uhr in der Anlage "Villa Flora". Der türkischstämmige Orhan Gedik hat uns in seinen Schrebergarten eingeladen: sein "Naturdenkmal". Gedik ist 57, Straßenreiniger und freier Journalist. Seit drei Jahren pachtet er diesen Schrebergarten in der Anlage "Villa Flora". 18 Monate lang hatte er darauf warten müssen. Was hat er sich gedacht, als die Nachricht kam, dass er diesen Garten bekommt?

"Ich war die ganze Nacht wach und konnte nicht schlafen. Ich überlegte, was ich für Blumen und was für Gemüse ich anbauen könnte. Ich träumte im Bett. Meine Frau sagte: 'Schatz, schlafen!' - 'Nein, ich kann nicht.' - 'Dann gehst du ins Wohnzimmer.'"

Orhan Gedik

Wenn Orhan Gedik seinen Garten betritt, spricht er als erstes mit seinen Blumen. Egal ob Hitze, Regen, Schnee - er kommt jeden Tag für mindestens eine Stunde hierher. Seine Blumen lässt er nicht allein. Sie sind ein Teil seiner Familie. Sprechen seine Blumen auch mit ihm?

"Ja. Meine Blumen sprechen mit Farbe. Ich sage: 'Hallo, mein Schatzi. Meine Töchter.' Weil ich habe keine Tochter. Ich habe zwei Söhne. Wenn in der Winterzeit kaltes Wetter ist, dann komme ich: 'Schatzi, wie war es gestern Nacht? Minusgrade. Kalt war es, gell? Tut mir leid, ich bin da.'"

Orhan Gedik

In der Anlage "Villa Flora" gibt es keine Quote für Bewerber mit Migrationshintergrund. Menschen aus acht Nationen haben hier ihren Garten. Gedik trägt Lederhosen und hat die größte Sammlung an Plastikfiguren und Gartenzwergen weit und breit. An Integrationssignalen mangelt es nicht. Während manch anderer seinen Garten nur als Zipfelmützen-Halde und Freizeitfläche benutzt, bringt Gedik Kenntnisse im Gemüseanbau mit. Gelernt hat er es in der früheren Heimat - auf dem Land, wo sie vieles selbst angebaut haben. Gibt es etwas, das nach Heimat schmeckt?

"Grünkohl. Der ist aus der Türkei. Das ist normalerweise Wintergemüse. Für mich schmeckt er nach Heimat, dieser Grünkohl, weil meine Mutter und Großmutter ihn viel gekocht haben. In der Winterzeit war der Kohl das wichtigste Essen bei uns im Dorf."

Orhan Gedik

Der Namenspatron Moritz Schreber glaubte an die Idee der unermüdlichen Optimierung. Gedik glaubt hingegen an das Glück, das aus dem Moment heraus entsteht. Am Abend kommen Freunde und Familie mit dazu. Ein Wohnzimmer im Grünen. Was macht er, wenn Freunde, Familie, alle zusammenkommen?

"Essen, trinken. Spaß. Manchmal Musik. Tanzen auch. Natürlich." Und was sagen seine Nachbarn, wenn er tanzt und laut Musik macht? "Die Nachbarn gehen alle gegen 18 oder 19 Uhr, Maximum. Dann gehen alle. Ich bin der Türke. Der bayerische Türke. Wir bleiben im Sommer, wenn schönes Wetter ist, in der Nacht bis zwei Uhr, drei Uhr hier und machen Lagerfeuer."

Die Hecke nicht geschnitten, das Gras nicht raspelkurz, alles egal, wenn sie in der Nacht noch zusammensitzen, bis weit nach Mitternacht. Nicht allen Nachbarn gefällt das. Aber nach Sonnenuntergang ist ohnehin keiner mehr da, den es stören könnte. Orhan Gedik lebt seine Vision vom Garten: als Fest des Lebens.

Autor des Filmbeitrags: Andreas Krieger


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