BR Fernsehen - Sehen statt Hören


8

Gemeinsam sind wir stark Das europäische Taubblinden Jugendcamp

Taubblinde Menschen stoßen - auch in den Gehörlosen-Communities – auf großes Unwissen. Was also bedeutet taubblind oder hör-sehbehindert genau? Wie kommunizieren taubblinde Personen? Gibt es eine eigene Taubblinden-Kultur- und -Identität? Was bedeutet Barrierefreiheit? Und was wünschen sich taubblinde Menschen? Um das herauszufinden, macht sich Moderator Jason auf den Weg zum ersten Europäischen Taubblinden Jugendcamp in Deutschland.

Stand: 14.08.2024

Deutschland, Italien, Frankreich, England, Finnland, Dänemark - aus insgesamt 18 europäischen Ländern sind Leute nach Oer-Erkenschwick bei Recklinghausen gekommen zum Taubblinden-Camp. Elf Tage lang war hier Programm. Die Hauptziele: zum einen die Vernetzung untereinander, Selbstbewusstsein aufzubauen und eine Weiterentwicklung.

Genauso wichtig: die Aufklärung nach außen. Und natürlich nicht zu vergessen - der Spaß, verschiedene Kulturen kennenzulernen und tiefer in die Welt der Taubblinden einzutauchen. Moderator Jason, der keine taubblinde Menschen in Familie, Freundes- und Bekanntenkreis hat, freut sich darauf, sein Wissen zu erweitern.

Überraschende Fakten

Und schon zu Beginn wird er mit einem Fakt konfrontiert, mit dem er nicht gerechnet hat: Er trägt ein unpassendes T-Shirt. Es hat bunte Farben – und die bilden keinen Kontrast zu seinen Händen. Er sollte Schwarz oder zumindest dunkle Farben tragen, dann heben sich seine Hände besser ab. Auch der Applaus ist anders: Statt die Hände zu nutzen wird beim Taubblinden-Applaus auf den Oberkörper, den Rücken oder die Schulter geklopft.

Kommunikationsformen

„Ich glaube, mit meiner normalen DGS komme ich nicht weit“, stellt Jason mit Blick auf das Treiben im Camp fest. Doch wie geht das mit der Kommunikation? Die ist vielfältig ist. Zum einen wird taktil gebärdet. Lukas aus Deutschland präsentiert Jason noch eine weitere Kommunikationsmöglichkeit – den speziellen „Braille-Computer“, der im Zusammenspiel mit einem Handy funktioniert. Eine haptische Kommunikationsform ist B-O-D-Y Sign. Dabei werden Gebärden an Schultern, Armen oder Handgelenken durchgeführt.

Hilfsmittel

Damit sich Taubblinde orientieren können, gibt es verschiedene Hilfsmittel, die auch auf dem Camp überall zu entdecken sind. Wie etwa ein taktiler Lageplan. Reflektionsstreifen an den Treppen oder spezielle Lampen, die besonders gut ausleuchten – denn viele Taubblinde sind nachtblind.

Auf dem Weg zur starken Identität

Taubblinde sehen sich mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Am stärksten wiegt wohl die vorherrschende Meinung, dass taubblinde Personen permanente Fürsorge benötigen und sie nicht selbstständig sein können – auch nicht in ihren Entscheidungen. Beim Europäischen Taubblinden Camp holte Jason Erfahrungen dazu ein. Eines wurde klar: In den letzten Jahren hat sich einiges getan. Die Isolation der Taubblinden wird zunehmend gelockert: Heute sind sie in ihrer Identität gestärkt und es gibt eine Gemeinschaft, die sich unterstützt und stärkt. Und die Community wird immer aktiver – das Europäisches Taubblinden-Jugendcamp war ein weiterer wichtiger Schritt.

Was bedeutet Taubblindheit?

Beim Wort „taubblind“ denkt man immer, die Leute sind vollblind. Das stimmt aber nicht, sondern das ist die Bezeichnung für ihre Identität. Taubblindheit bedeutet „Hörsehbehinderung“. Diese ist nicht bei allen Menschen gleich, sondern kann ganz unterschiedlich ausfallen. Es gibt Leute, die ein eingeschränktes Gesichtsfeld haben, andere, die Nebel oder Flecken sehen, oder einen alles eingetrübt wahrnehmen.


8