Geld Steigende Zinsen: Welche Geldanlagen lohnen sich?
Die Zeit der Niedrig- und Negativzinsen gehört der Vergangenheit an. Die Europäische Zentralbank hat die Leitzinsen in einem weiteren Schritt auf 4,5 Prozent erhöht und die Banken bieten ihren Kunden nun wieder Geldanlagen zu besseren Konditionen an. Da stellt sich die Frage, welche Geldanlagen jetzt sinnvoll sind, sowohl lang- als auch kurzfristig. Finanzexperte Sebastian Hanisch beantwortet die wichtigsten Fragen.
Frage 1: Lohnt sich bei dem hohen Leitzins die Anlage in Aktien überhaupt noch?
Finanzexperte Sebastian Hanisch
"Tatsächlich können steigende Zinsen, wie wir sie jetzt im Euroraum erleben, die Aktienmärkte spürbar belasten. Das hat mehrere Gründe: Höhere Zinsen bedeuten höhere Kreditkosten für Unternehmen. Das führt zu weniger Investitionen und weniger Wachstumschancen.
Und: Verbraucher, die aufgrund steigender Zinsen zum Beispiel höhere Leasing-Raten für ihr Auto zahlen müssen, verschieben die Anschaffung oder kaufen einen kleineren Wagen. Teurere Immobilienkredite führen dazu, dass sich weniger Menschen leisten können, ein Haus zu bauen.
All das belastet die Konjunktur und damit die Aktienmärkte.
Außerdem bedeuten höhere Zinsen, dass es für Anleger attraktiver wird, auf andere Anlageformen, zum Beispiel Festgeld, zu setzen.
Allerdings gibt es hier keinen Automatismus, denn die Märkte werden von vielen weiteren Faktoren beeinflusst.
Grundsätzlich bieten Aktien auf lange Sicht die Chance auf hohe Renditen, allerdings auch mit hohen Kursrisiken. Deswegen sollten Sie in Aktien nur das Geld angelegen, das Sie über einen längeren Zeitraum nicht benötigen, idealerweise wenigstens 15 Jahre. Aktien sollten dabei nur ein Baustein in einer breitgestreuten Anlage sein.
Tipp - sogenannte ETFs
Um in verschiedene Branchen und weltweit in verschiedenen Währungsräumen in Aktien zu investieren, eignen sich so genannte ETFs. Dabei handelt es sich um Aktienfonds, die einen Aktienindex nachbilden, also in die Aktien investieren, die auch in dem entsprechenden Index beinhaltet sind. Global investieren ETFs, die sich zum Beispiel am MSCI World orientieren. Dieser Index beinhaltet rund 1.600 Unternehmen. ETFs können an den Finanzmärkten gehandelt werden und haben relativ geringe Kosten.
Fazit: Berücksichtigen Sie diese Anlagegrundsätze (insbesondere einen nicht zu kurzen Anlagehorizont) und sind Sie sich des Kursrisikos bewusst, ist die Frage nach einer ETF-Anlage weitgehend unabhängig vom Zinsniveau im Euroraum."
Frage 2: Wie kann man jetzt am besten Geld anlegen, um in fünf Jahren genügend zu bekommen, ohne Inflationsverlust?
Finanzexperte Sebastian Hanisch
"Wenn Sie Geld nur für fünf Jahre investieren wollen - möglichst ohne Verlustrisiko - ist eine Aktienanlage weniger geeignet. Zu groß ist die Gefahr, dass nach fünf Jahren eine Minusrendite eingefahren wird.
Bei einem kurzen Anlagehorizont eignen sich zum Beispiel Tagesgeld, Festgeld oder kurzlaufende Anleihen. Um ein geeignetes Tages- oder Festgeldgeldkonto zu finden, sollten Sie verschiedene Anbieter im Internet vergleichen. Mit einem Festgeld über 12 Monate lassen sich derzeit deutlich über vier Prozent Zinsen realisieren - das ist allerdings immer noch knapp unter der (erwarteten) Inflationsrate in Deutschland von 4,5 Prozent im September.
Fällt die Inflationsrate weiter, ergibt sich eine positive reale Rendite. Dann würde es sich zum Beispiel lohnen, ein Festgeld noch länger festzuschreiben.
Steigt die Inflation, wird die reale Rendite hingegen schnell negativ.
Es gibt leider keine Garantie, mit einer Anlage die Inflation zu "schlagen". Langfristig ist die Geldentwertung kaum zu prognostizieren."
Frage 3: Wie sollte man Geld fest anlegen, so dass es sicher ist und man Zinsen bekommt?
Finanzexperte Sebastian Hanisch
"Ist für Sie Sicherheit das Wichtigste bei der Geldanlage, müssen Sie Abstriche bei der Rendite hinnehmen. Möchten Sie unter keinen Umständen Kursverluste akzeptieren, müssen Sie Geld in festverzinste Formen anlegen, zum Beispiel Tages- oder Festgeld. Aber auch hier ist Ihr Geld nicht absolut sicher. Es besteht beispielsweise das Risiko, dass Ihre Bank pleitegeht. Achten Sie daher auf die Einlagensicherung Ihrer Bank. Bei Banken, die Ihren Sitz in der EU (oder Norwegen) haben, gilt eine gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Person und pro Bank. Zusätzlich sind viele Banken Mitglieder in anderen Sicherungssystemen, je nachdem ob es sich um eine Privatbank, eine Genossenschaftsbank oder eine Sparkasse handelt. Hier gibt es Unterschiede. Informieren Sie sich daher, bevor Sie Geld anlegen."
Frage 4: Welche Anlageform wäre jetzt zu empfehlen, wenn man schon etwas älter (55 plus) ist?
Finanzexperte Sebastian Hanisch
"Oft liest oder hört man, dass ältere Personen besonders auf sichere Anlageformen, wie Tages- oder Festgeld setzen sollten und nicht mehr auf Aktien, anders als jüngere Menschen, die einen längeren Anlagehorizont haben. Doch dieser Ratschlag ist falsch.
Generell spielt das Alter bei der Geldanlage keine (große) Rolle. Entscheidend sind grundsätzliche Fragen, wie etwa: Wie lange benötige ich das Geld nicht? Welche Anlagen habe ich bereits? Es macht also einen Unterschied, ob Sie Geld ansparen, um sich mit dem Renteneintrittsalter den Traum des eigenen Ferienhäuschens zu verwirklichen, Ihre Rente aufbessern oder Geld anlegen möchten, um das Erbe für Ihre Nachkommen zu vergrößern. ETFs lassen sich zum Beispiel einfach vererben."
Frage 5: Lohnt es sich noch, privat ein Eigenheim als Altersvorsorge zu bauen?
Finanzexperte Sebastian Hanisch
"Ob sich der Bau eines Eigenheims lohnt, hängt von vielen Faktoren ab, wie etwa der Lage der Immobilie, dem Eigenkapital und der persönlichen Lebensplanung. Grundsätzlich ist der Bau einer Immobilie angesichts der hohen Immobilienzinsen in vielen Fällen deutlich teurer geworden. Die Immobilienzinsen bei einer Zinsbindung von 20 Jahren haben sich in den vergangenen zwei Jahren von rund einem Prozent auf über vier Prozent vervierfacht. Bei einer vergleichbaren monatlichen Belastung ist derzeit also ein deutlich niedrigerer Kreditbetrag finanzierbar. Hinzu kommt, dass sich Baukosten deutlich verteuert haben.
Auf der anderen Seite ist der starke Preisauftrieb bei den Immobilien gestoppt. In vielen Regionen gehen die Preise sogar wieder nach unten. Wer daher im Moment ein sehr hohes Eigenkapital hat und daher keinen oder nur einen kleinen Kredit benötigt, kann derzeit von sinkenden Immobilienpreisen profitieren und statt selbst zu bauen eine fertiggestellte Immobilie erwerben. Ob sich die Investition in eine Immobilie lohnt, hängt aber immer vom Einzelfall ab."
Viel Erfolg mit den Tipps wünschen Sebastian Hanisch und "Wir in Bayern"!