Geld Privatinsolvenz – Ausweg aus den Schulden
Millionen Haushalte in Deutschland sind überschuldet. Doch was tun, wenn die Schulden immer mehr werden und man die Raten nicht mehr bezahlen kann? Ein Ausweg aus der Überschuldung kann die Privatinsolvenz sein. Finanzexperte Sebastian Hanisch erklärt, wann eine Privatinsolvenz sinnvoll ist und was es dabei zu beachten gibt.
Die Privatinsolvenz (Verbraucherinsolvenz) ist eine Möglichkeit für Privatpersonen, einen finanziellen Neustart zu machen, wenn Sie überschuldet sind. Für Selbständige geht das nur im Ausnahmefall. Sie durchlaufen meist das Regelinsolvenzverfahren.
Nach drei Jahren sind Betroffene, wenn alles gut läuft, schuldenfrei, auch wenn man in diesem Zeitraum nicht alle Schulden abgezahlt hat. Denn am Ende der Privatinsolvenz steht die Restschuldbefreiung.
Vorteile einer Privatinsolvenz
- Betroffene sind nach drei Jahren schuldenfrei. Ohne Insolvenzverfahren können Gläubiger mit einem Schuldtitel 30 Jahre lang den Lohn pfänden.
- Das Existenzminimum von Betroffenen ist durch den Grundfreibetrag gesichert (in der Regel rund 1330 Euro).
- Das Verfahren gibt jedem die Chance auf einen finanziellen Neuanfang.
Gesichertes Existenzminimum
Während des Insolvenzverfahrens erhält man monatlich ein gesichertes Existenzminimum von 1330,16 Euro, das nicht gepfändet werden darf. Bestehen Unterhaltsverpflichtungen, wird die Pfändungsgrenze entsprechend erhöht. Hier finden Sie die Pfändungstabelle des Bundesministeriums der Justiz.
Und: Es gibt Einkommensbestandteile, die nicht gepfändet werden dürfen, wie etwa Gefahrenzulagen oder Aufwandsentschädigungen.
Nachteile einer Privatinsolvenz
- Der Arbeitgeber wird informiert, da der pfändbare Teil des Gehalts an einen Treuhänder überwiesen werden muss.
- Für Gericht und Insolvenzverwalter fallen Kosten an.
Schufa-Eintrag
Die Schufa und andere Auskunfteien speichern einen Eintrag zur Restschuldbefreiung für drei Jahre. (Höchstrichterliche Urteile darüber, ob das rechtmäßig ist, stehen derzeit aus.) Bis dahin kann es zu Schwierigkeiten führen, wenn Betroffene beispielsweise eine neue Wohnung suchen, da viele Vermieter mittlerweile eine Schufa-Auskunft verlangen. Gleiches gilt für Vertragswechsel, beispielsweise bei Gasversorgern oder Telefonanbietern.
Ablauf eines Insolvenzverfahrens
Zunächst müssen sich Betroffene einen Schuldnerberater oder einen Fachanwalt für Insolvenzrecht suchen. Das statistische Bundesamt bietet eine Liste von Beratungsstellen an.
Außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Die Schuldnerberatung wird zunächst in einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren versuchen, eine Lösung zu finden. Dabei wird allen Gläubigern die Situation offengelegt, eine Ratenzahlung angeboten und sie werden darum gebeten, auf einen Teil der Forderungen zu verzichten. Stimmen alle Gläubiger diesem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren zu, wird kein Insolvenzverfahren eröffnet, sondern die Schulden auf diesem Weg beglichen. Für das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren benötigt man die Mitwirkung eines Schuldnerberaters oder Rechtsanwaltes.
Gerichtliches Insolvenzverfahren
Wenn das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren keinen Erfolg hatte, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht zu stellen. Ist das Gericht der Auffassung, dass ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren erfolgreich sein könnte, wird ein solches eröffnet. Falls nicht, wird das Insolvenzverfahren eröffnet.
Beim gerichtlichen Insolvenzverfahren wird zunächst ein Insolvenzverwalter, ein sogenannter Treuhänder bestimmt, dessen Aufgabe es ist, vorhandene Sach- und Vermögenswerte zu Geld zu machen. Dazu gehört alles, was bei einer Zwangsvollstreckung pfändbar wäre, in der Regel also alles, was nicht lebensnotwendig ist.
Pfändbar sind beispielsweise: Immobilien, Boote, Antiquitäten oder wertvolle Kunstgegenstände.
Nicht pfändbar sind unter anderem: Eheringe, Haushaltsgegenstände für den täglichen Gebrauch sowie Fernsehgeräte, Radios (sofern diese Gegenstände vom Wert nicht weit über dem Standard liegen) und Autos, sofern diese zur Ausübung des Berufes benötigt werden. Haben Sie allerdings ein sehr teures Auto, kann verlangt werden, dass Sie sich mit einem günstigeren begnügen.
Der Erlös der pfändbaren Wertgegenstände und des Vermögens wird an die Gläubiger verteilt.
Wohlverhaltensphase
Die Wohlverhaltensphase dauert in der Regel drei Jahre.
In dieser Zeit…
- sind Betroffene verpflichtet, einer bezahlten Arbeit nachzugehen, außer man hat bereits das gesetzliche Rentenalter erreicht oder ist aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig. Wer arbeitslos ist, muss nachweisen, dass er sich aktiv um eine zumutbare Arbeit bemühen.
- wird der pfändbare Teil Ihres Einkommens an den Treuhänder überwiesen. Dieser verteilt das Geld an die Gläubiger.
- dürfen Sie keine neuen Schulden machen.
- müssen Sie, wenn Sie etwas erben, die Hälfte davon an den Treuhänder abführen.
- müssen Sie Lottogewinne und Geschenke, die über das übliche Maß hinausgehen, vollständig abgeben.
- müssen Sie Ihren Treuhänder über Wohnsitz- und Arbeitgeberwechsel informieren.
Vorzeitige Beendigung des Insolvenzverfahrens
Sollte sich während der Wohlverhaltensphase etwas an den finanziellen Verhältnissen ändern (beispielsweise durch eine große Erbschaft oder Schenkung), besteht die Möglichkeit, das Insolvenzverfahren vorzeitig durch Rückzahlung der Schulden zu beenden.
Restschuldbefreiung
Wer in der Wohlverhaltensphase seine Verpflichtungen erfüllt, dem kann das Gericht nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erteilen. Das heißt: Betroffene sind ab diesem Zeitpunkt in der Regel schuldenfrei, auch wenn sie nicht alle Schulden abbezahlen konnten. Allerdings gibt es Schulden, die trotz Restschuldbefreiung bestehen bleiben. Dazu zählen Unterhaltsschulden und Schulden aufgrund von Straftaten, wie Steuerhinterziehung, Betrug, Körperverletzung oder Sachbeschädigung, wenn Sie dafür rechtskräftig verurteilt wurden.
Zweites Privatinsolvenzverfahren
Wer bereits einmal eine Restschuldbefreiung erhalten hat, kann auch ein weiteres Mal eine Privatinsolvenz beantragen. Allerdings dauert diese dann nicht drei, sondern fünf Jahre.
Kosten des Privatinsolvenzverfahrens
Die Kosten für das Gerichtsverfahren, den Treuhänder sowie gegebenenfalls anfallende Anwalts- oder Schuldnerberaterkosten müssen von den Betroffenen übernommen werden.
Es gibt keine Prozesskostenhilfe bei Insolvenzverfahren.