Wetter Antworten auf spannende Fragen zum Wetter
Alle reden übers Wetter. Wir auch. Denn es wirft immer wieder Fragen auf, die über die typischen Prognosen, ob es regnen wird oder die Sonne scheint, hinausgehen. Zum Beispiel, ob extreme Niederschläge rechtzeitig vorausgesagt werden können, warum in Bayern Polarlichter zu sehen waren, oder wie der Klimawandel unser Leben beeinflussen wird. Meteorologe Michael Sachweh kennt die Zusammenhänge und beantwortet die interessantesten Fragen zum Thema Wetter.
Wie gut sind Extremregenfälle, wie etwa die jüngsten Sintfluten in Spanien, vorhersagbar?
Michael Sachweh: "Die Zeiten, dass uns hochwasserträchtige Regenfälle völlig überraschen sind, mit einer Ausnahme, längst vorbei. Die Ausnahme sind lokale sommerliche Unwetter in schwüler Luft und bei einer nur sehr trägen Luftströmung (barometrische Sumpfwetterlage). Solche Gewitter können sich innerhalb von 30 Minuten von einem harmlosen Schauer in ein Unwetter mit lokalem Hochwasserpotenzial verwandeln. Sie ziehen nur sehr langsam, mitunter irregulär wie ein hakenschlagender Hase auf der Flucht - und bleiben manchmal stehen.
Die rasche Entstehung und die sehr schwer vorhersehbare Zugbahn solcher Gewitter sind Herausforderungen für Meteorologen, die sie selten mit Bravour meistern. Denn auch die besten Wettermodelle können solch lokale Unwetter nur schlecht oder gar nicht vorhersehen - zeitlich wie auch geografisch gesehen. Da das Wettermodell keine gute Hilfe ist, bleibt den Meteorologen als einziges Hilfsmittel für ihre Prognose die Prüfung der aktuellen Regenradarbilder der letzten ein bis zwei Stunden, um zumindest annähernd ein Gefühl für die Verlagerung des Unwetters und die Änderungen in seiner Stärke zu bekommen. Auch wenn die Prognose aufgrund von Radarbildern erfolgreich ist, ist die Zeit oft zu knapp, Warnungen herauszugeben, die die Bewölkung in der voraussichtlich betroffenen Region rechtzeitig erreichen.
Mehr Vorwarnzeit erlauben uns die großräumigen und länger anhaltenden Regenfälle wie im Falle der Unwetter an der spanischen Ostküste. Die enormen Regenfälle wurden von den Wetterprognosemodellen bereits Tage vorher gut vorhergesagt und der Wetterdienst konnte sich deshalb auch rechtzeitig darauf einstellen. Das Problem hier bestand wohl darin, dass die Warnungen nicht rechtzeitig und deutlich genug an die Bevölkerung weitergegeben wurden.
Dass es so viele Tote gab, lag auch an der unglücklichen zeitlichen Konstellation: Der Höhepunkt der größten Fluten traf genau mit dem Feierabendverkehr zusammen. Während sich die Straßen in tödliche Rampen für das von den Bergen herabschießende Wasser verwandelte, waren besonders viele Menschen mit ihren Autos auf den Straßen unterwegs."
Warum waren Polarlichter in diesem Jahr auch in Bayern zu sehen?
Michael Sachweh: "Ohne den permanenten Strom elektrisch geladener Teilchen, der von der Sonne ausgeht und ‚Sonnenwind' genannt wird, gäbe es kein Polarlicht. Beim Sonnenwind handelt es sich hauptsächlich um Protonen (Wasserstoffionen) und Elektronen, die von der Sonne ausgestoßen werden. Sie rasen mit Geschwindigkeiten von 300 bis über 1000 km pro Sekunde durch den Weltraum. Unser irdisches Magnetfeld, die sogenannte Magnetosphäre, schützt uns vor diesen Teilchen. Sie fängt einen Teil des Sonnenwindes ab und leitet ihn entlang der magnetischen Feldlinien in Richtung der Pole, wo die solaren Partikel dann zum Oberrand der Atmosphäre herabgeführt werden und hier die Gase Sauerstoff und Stickstoff als Polarlicht zum Leuchten bringen.
Deshalb sieht man Polarlichter - auf der Nordhalbkugel der Erde auch Nordlichter (Aurora Borealis) genannt - meist nur in polaren Regionen.
Der Sonnenwind variiert in seiner Stärke von Tag zu Tag, und damit auch die Pracht der himmlischen Lasershow. Manchmal wird der Auswurf der solaren Partikel so heftig, dass sich der Sonnenwind in einen ‚Sonnensturm' verwandelt. An solchen Tagen besteht auch außerhalb der polaren Breiten die Chance, das himmlische Feuerwerk zu beobachten. So wie in diesem Jahr in der Nacht auf den 11. Mai und zuletzt in der Nacht auf den 11. Oktober. Auch wenn das Polarlicht uns erreicht, sehen wir es manchmal nicht, weil dichte Wolken den Himmel verhüllen. Oder wir schlafen und wurden nicht rechtzeitig via Spezialapp oder Medien benachrichtigt, denn wegen der extrem hohen Geschwindigkeit der Teilchen gibt es nur eine sehr kurze Vorwarnzeit.
Manchmal vermag man bei uns in Bayern ein weniger stark ausgeprägtes Polarlicht auch kaum mit bloßen Augen zu erkennen. Mit einem mindestens drei Sekunden lang belichteten Foto (dazu reicht ein Handy) lassen sich aber wundervolle Polarlichtbilder machen.
Tipp:
In den nächsten Wochen und Monaten werden in Bayern voraussichtlich nochmals Polarlichter zu sehen sein. Also halten Sie eine Kamera bereit.
Woran erkenne ich eine gute Wetter-App?
Michael Sachweh: "Grundsätzlich können Wetter-Apps noch bei weitem nicht mit den Prognosen der Meteorologen mithalten, wie wir sie von Online, Hörfunk und Fernsehen kennen. Die Apps werben damit, dass sie im Unterschied zu diesen Prognosen ortsgenaue Vorhersagen liefern. Das tun sie in der Tat, nur ist die ‚Trefferquote' unbefriedigend.
Das liegt einmal an einer unzureichenden Symbolsprache (zu wenig differenzierte Symbole, um alle Wettersituationen erfassen zu können, und mitunter auch eine missverständliche Symbolsprache). Zum anderen vermögen sie eher schlecht als recht die lokalen Besonderheiten des Vorhersageorts zu berücksichtigen. Zum Beispiel seine Disposition zu Nebel, wenn er in einem Flusstal liegt.
Wer sich für eine Wetter-App interessiert, dem empfehle ich auf Folgendes zu achten:
- Nehmen Sie eine App, die Geld kostet. Kostenlose Apps beruhen in der Regel auf weniger ausgefeilten Wetterprognosemodellen und sind räumlich wie in puncto zeitlichem Ablauf ungenauer.
- Nutzen Sie für eine mehrwöchige Testphase zwei oder drei kostenpflichtige Wetter-Apps gleichzeitig und vergleichen Sie deren Qualität für Ihren Ort. Und achten Sie auch auf das vorhergesagte Wetterelement: Manchmal ist eine App bei den Temperaturen gut, versagt aber bei der Niederschlagsvorhersage. Bei einer anderen App ist es umgekehrt. Eine dritte App mag vielleicht beim Wind ihr Geld nicht wert sein, legt aber bei Temperaturen und Niederschlag eine tolle Performance hin."
Was macht der Klimawandel mit dem bayerischen Wetter in den nächsten Jahrzehnten?
Michael Sachweh: "Bei den langfristigen Änderungen unseres Klimas (Klimawandel) mischen natürliche Klimafaktoren ebenso mit wie der Mensch. Konsens unter den Experten ist, dass die Rolle des Menschen mit seinem fortschreitenden Ausstoß von Treibhausgasen ganz maßgeblich den Klimawandel beeinflusst. Und zwar in eine ungünstige Richtung: Die globale Erwärmung schreitet beschleunigt voran, mit all ihren Folgen.
Wie warm es genau wird und mit welchen Folgen, hängt im Wesentlichen von dem Ausmaß unserer Emissionen an Kohlendioxid und Methan ab. Unser Verhalten bestimmt also die Intensität des Klimawandels. Da wir das Verhalten der Menschheit nur schwer einschätzen können, wurden von den Experten unterschiedliche Annahmen getroffen. Das sind die sogenannten Szenarien. Sie reichen von der optimistischen Annahme einer weltweiten Einigkeit und erfolgreichen Umsetzung der Reduktion der Treibhausgase über mehrere Zwischenstufen bis hin zu einer Fortsetzung des beschleunigten Ausstoßes von Treibhausgasen, dem "Business-as-usual"-Szenario.
Wer die jahrzehntelangen Bemühungen der Emissionseinsparung verfolgt und ihren geringen Erfolg wahrgenommen hat - inzwischen hat der weltweite Temperaturanstieg seit Beginn der Industrialisierung 1,5 Grad überschritten, und das ist bereits viel! - neigt eher zum pessimistischen Szenario.
Gesetzt dem Fall, der weltweite Schulterschluss zwischen den Nationen in puncto Klimawandelbekämpfung gelingt auch in Zukunft nicht, müssen wir uns in Bayern im Jahre 2050 auf folgende Änderungen gegenüber heute einstellen.
Nehmen wir als Beispiel die Berechnungen der Experten für den Großraum München:
- Es wird rund 2 Grad wärmer (seit der vorindustriellen Zeit insgesamt also 3,5 Grad wärmer).
- Es gibt 30 Tage weniger im Jahr, an denen Frost registriert wird. Tage mit Schneefall und Schneedecke werden zur Seltenheit.
- Der durchschnittliche Frühlingsanfang, traditionell der Beginn der Apfelblüte, verschiebt vom 8. Mai auf den 24. April. Die sehr frühen Blühzeiten erhöhen das Risiko für Spätfrostschäden.
- Die Zahl der heißen Tage (30 Grad und mehr) verdoppeln sich, Hitzewellen dauern länger.
- Es gibt keinen Sommer mehr ohne einige Tropennächte (nicht kühler als 20 Grad).
- Bei weiterhin vernachlässigter Klimatisierung in Dachgeschosswohnungen, Altenheimen und Krankenhäusern wird es viel mehr Hitzetote geben als heute (deutschlandweit Tausende pro Sommer).
- Trockenperioden im Sommer dauern länger und werden extremer. Mit entsprechenden Dürreschäden in der Landwirtschaft, Grundwasserknappheit und einem immensen Bewässerungsbedarf.
- Die Anzahl der sommerlichen Starkregentage mit Hochwasserpotenzial wächst um 60 Prozent."