Legendärer Wirt Richard Süßmeiers Erinnerungen
Wie war die Wiesn eigentlich vor 50 Jahren? Einer, der sich daran noch genau erinnert, ist Richard Süßmeier, der "Napoleon" unter den Wiesn-Wirten. Mit ihm blicken wir auf über fünf Jahrzehnte Oktoberfest zurück.
84 Jahre alt ist er inzwischen und immer noch berüchtigt für sein loses Mundwerk. 1958 feierte Richard Süßmeier Wiesn-Premiere. Er übernahm das Winzerer Fähndl, das damals mit Abstand kleinste Zelt auf der Theresienwiese, eine ehemalige Reichsarbeitsdienstbaracke am Fuße der Bavaria. Die Zelt war so klein, das sogar der Hendl-Grill im Freien stehen musste.
Show muss sein
Damals waren die Besucherströme weitaus geringer und hinter zur Bavaria verirrten sich eher wenige Gäste. Also ergriff Süßmeier Werbemaßnahmen, um mehr Leute in sein Zelt zu locken. Er war der kleinste, aber auch der frechste Wiesnwirt.
„Hättest den Bierpreis schon eher g‘wusst, hättest dich vorher schon geärgert.“ Ein typischer Süßmeier-Satz, mit dem er einmal einem lauten Beschwerdeführer den Wind aus den Segeln nahm. Süßmeier war immer ein Wirt mit Ideen. Viele Gäste kamen vor allem wegen seiner unnachahmlichen Auftritte, denn Süßmeiers oberstes Motto war: Show muss sein.
Auch die Prominenten kamen
1963 kam für ihn der Ritterschlag. Sein Armbrustschützenzelt durfte endlich in der Reihe der großen Festzelte stehen. Süßmeier war außerordentlich erfolgreich und lud schließlich auch die Prominenten ein, Bill Clinton und Joe Cocker tranken bei ihm schon ihre Maß.
Geredet hat Süßmeier schon immer gerne. Lange Jahre war er Sprecher der Wiesn-Wirte und wusste wirklich zu allem etwas zu sagen. Als er einmal gefragt wurde, was ein Wiesnwirt verdient, war Süßmeiers Antwort: „… links eine und rechts eine“. Diese aufmüpfige Mischung aus ‚Geist und Goschn‘ wurde Süßmeier 1984 jedoch zum Verhängnis. Der aufstrebende Münchner Verwaltungsreferent Peter Gauweiler hatte der schlecht eingeschenkten Maß den Kampf angesagt. Der Wiesnwirt reagierte mit einer provozierenden Plakataktion. Das Motto: "Gauweiler sieht dich – Gauweiler is watching you!"
Zum ersten Mal musste ein Wirt gehen
Der Vorwurf, mit dem der erste Konzessionsentzug in der Geschichte der Wiesn begründet wurde, lautete Schankbetrug und illegale Beschäftigung. Süßmeier ging vor Gericht und wurde von den Vorwürfen letzten Endes freigesprochen. Doch seine Konzession als Oktoberfestwirt bekam er nie mehr zurück. Heute als Ruheständler geht Richard Süßmeier nur noch mittags auf die Wiesn, wenn es weniger turbulent als am Abend zugeht. Bunter und lauter kommt die Wiesn ihm heute vor – aber wild war sie schon immer …