Parteitage vor der Bundestagswahl Grüne und FDP im Clinch
Eine Woche vor der Wahl hielten sowohl FDP als auch Grüne in Berlin Parteitage ab. Beide waren vor allem bemüht, sich voneinander abzugrenzen. Versöhnlich Töne, die eine „Jamaika“-Koalition mit der Union wahrscheinlicher machen würden, gab es nicht.
Nach nur zweieinhalb Stunden war der Parteitag der FDP vorüber. Die „zehn Trendwenden“, also rote Linien für mögliche Koalitionsverhandlungen, beschlossen die über 600 Delegierten mit nur wenigen Gegenstimmen. Nach der Rede des Parteivorsitzenden Christian Lindner gab es gerade einmal eine Wortmeldung. Die fiel aber unkritisch aus. Eine Woche vor der Wahl zeigten sich die Liberalen geschlossen.
In den Umfragen schnitt die Partei mit Werten zwischen acht und zehn Prozent zuletzt besser ab als die Grünen, die auf sieben bis neun Prozent kamen. Beide lagen allerdings hinter der AfD, weshalb FDP-Chef Christian Lindner diese als Hauptkonkurrenz im Kampf um Platz drei herausstellte.
Bildung, Digitalisierung, Steuersenkung
Zu den zehn „Trendwenden“ der FDP gehörten die Forderung nach mehr Geld für Bildung, ein Ministerium für Digitalisierung, eine deutliche Steuerentlastung und ein Einwanderungsgesetz. Ebenfalls zur Liste gehört eine klare Absage an ein Verbotsdatum für Verbrennungsmotoren - wie es die Grünen fordern.
Zu deren Inhalten sagte Lindner nicht allzu viel, beschwerte sich allerdings darüber, was die Grünen in den letzten Tagen und Wochen über die FDP gesagt hätten – von "Lindner spielt Trump" über "Populismus" bis "Dagegen-Partei".
"Mögen die Grünen sich mit uns beschäftigen, wir beschäftigen uns hier heute mit politischen Inhalten."
Christian Lindner, FDP-Vorsitzender
Grüne warnen vor Schwarz-Gelb
Die Grünen, die gleichzeitig nur wenige Kilometer entfernt zu einem "Länderrat" zusammentrafen, bekräftigten ebenfalls ihren Anspruch auf Platz drei. Sie grenzten sich deutlich von der FDP ab. Spitzenkandidat Cem Özdemir sagte, es gehe dabei aber nicht darum, alte Feindbilder zu konservieren.
"Jetzt stellt euch mal vor, statt der Großen Koalition hätten in den letzten Jahren Schwarz-Gelb regiert. Dann hätte es nicht nur Stillstand beim Klimaschutz gegeben. Die CO2-Emissionen wären hoch gegangen. Das ist doch der Grund, warum wir sie kritisieren, das ist doch der Grund, warum wir sagen, dass dieses Land Grün in der nächsten Regierung braucht."
Cem Özdemir, Spitzenkandidat der Grünen
Seine Co-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt umwarb noch unentschlossene Wählerinnen und Wähler. Noch eine Große Koalition werde dem Land nicht gut tun, sagte sie, Schwarz-Gelb gefährde den Fortschritt in Deutschland. Der vom Länderrat verabschiedete Wahlaufruf stellte ebenfalls die Warnung vor einem Bündnis aus Union und FDP in den Mittelpunkt. Die Große Koalition und die Linke kommen darin nur am Rande vor.
Keiner spricht über „Jamaika“
Auf der Bühne nahm weder bei den Grünen noch bei der FDP ein Redner das Wort "Jamaika-Koalition" in den Mund. Allerdings betonte Cem Özdemir: Wenn die Grünen den Auftrag der Wähler bekämen, würden sie mit allen Parteien über eine Regierungsbildung sprechen, außer mit der AfD. Und auch Christian Lindner lehnte eine Regierungsbeteiligung seiner Partei nicht generell ab: "Wir schließen nichts aus, nur eins: Unsere Grundsätze zu verraten", so Lindner.
Özdemir: "Nazis" könnten in den Bundestag einziehen
Die Grünen wehrten sich gegen den Vorwurf, dieser Wahlkampf sei langweilig. Es könnte sein, so Özdemir mit Blick auf die AfD, dass in einer Woche Nazis in den Bundestag einzögen - dagegen müsse man bis zum Schluss kämpfen.