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Digitale Gewalt

RESPEKT Digitale Gewalt

Stand: 21.06.2021

  • Digitale Gewalt hat viele Formen: von Drohungen und Beleidigungen bis zum Identitätsdiebstahl und Cybermobbing.
  • Zur Zielscheibe von Hass im Netz werden oft Menschen, die als "anders" wahrgenommen werden: sei es wegen ihrer Überzeugungen, Hautfarbe, sexuellen Orientierung oder anderen Faktoren.
  • Digitale Gewalt ist strafbar.
  • Bisher konnten Opfer von Hass im Netz oft nicht viel tun. Ein Gesetz soll dies nun ändern.

"Du bist eklig.", "Dich sollte man eingraben.", "Lösch dich." Hasser:innen im Netz finden brutale Worte, wenn es darum geht, andere fertig zu machen. Und ihre Aktionen haben reale Konsequenzen: Bürgermeister:innen geben ihr Amt auf, Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen löschen ihre Social Media Accounts. Und viele Tausende andere können nachts nicht schlafen oder haben Angst um ihre Existenz.

Digitale Gewalt hat viele Formen

Definition

Video (2:09) Was ist digitale Gewalt?

"Hatespeech" bedeutet, dass Menschen andere in Kommentaren oder Posts beleidigen oder bedrohen. Gewalt zeigt sich auch als sexuelle Belästigung: Wenn Täter:innen ihre Opfer über das Internet obszön anmachen oder ungefragt Nacktbilder von sich schicken. "Cyberstalking" ist, wenn Menschen andere bis in die Intimsphäre verfolgen und deren gesamtes Leben elektronisch überwachen. Opfer von "Cybermobbing" werden monatelang in den Kommunikationsmedien systematisch und aggressiv verfolgt, beleidigt oder bedroht. Eine andere Variante ist das "Cybergrooming": wenn Täter:innen einen vertrauensvollen Kontakt mit Kindern oder Jugendlichen herstellen, um sie später sexuell zu missbrauchen.

"Identitätsdiebstahl" geschieht, wenn Menschen sich in fremde Online-Konten hacken und mithilfe von gestohlenen Daten die Identitäten von anderen Menschen missbrauchen. Sie räumen dann deren Konten leer oder bestellen Dinge im Internet auf deren Kosten.

"Manche machen sich auch extra die Mühe auf Instagram rüberzugehen, weil da kann jeder Privat-Nachrichten senden."

Jasmin, Betreiberin des Insta-Accounts 'endlich_zufrieden'

Wer sind die Opfer?

Viele Menschen werden attackiert, weil sie queer sind, Frauen trifft es generell viel häufiger als Männer. Andere werden mundtot gemacht, weil sie sich politisch oder wissenschaftlich äußern oder sich für gesellschaftliche Veränderung engagieren. In jedem Fall ist digitale Gewalt eine ernste Bedrohung der demokratischen Gesellschaft. Jasmin hat 114.000 Follower auf ihrem Insta-Kanal für vegane Ernährung und Selbstliebe "endlich_zufrieden". Sie möchte Mut machen, den eigenen Körper zu akzeptieren, wie er ist. Regelmäßig bekommt sie Drohungen. Viele löscht sie einfach - doch zwei hat sie angezeigt. Einmal einen Drohbrief, den ihr jemand in den Briefkasten gesteckt hat. Da konnte die Polizei nachvollziehbarer Weise nicht viel tun. Das andere Mal hat sie Anzeige gegen Unbekannt erstattet, als ihr jemand im Netz eine Morddrohung geschickt hat. Und auch da passierte erst mal lange nichts. Nach vielen Wochen hat sich die Polizei aber doch gemeldet. Der Täter ist ermittelt, Jasmin kann jetzt Strafantrag stellen.

"Mein Instagram-Postfach ist ja zu mindestens 95 Prozent sehr, sehr positiv. Dann kamen echt solche Romane von Abonnent:innen eben, was sie an mir schätzen, und so etwas baut dann halt doch wieder auf."

Jasmin von 'endlich_zufrieden'

Wer sind die Täter:innen?

Oft sind Hater:innen Menschen, die Frust ablassen wollen. Die sich irgendjemanden suchen, dem sie die "Schuld" geben können für ihre Unzufriedenheit. Sabrina Krauss beschreibt das so: "Mir gefällt nicht was jemand tut, ich möchte da irgendwie gegenhalten. Ich bin neidisch auf das, was jemand tut. Ich habe den Wunsch irgendwie diesen Druck, meinen eigenen Frust abzulassen, suche ein Ventil." Interessant: Einige Menschen werden zu Hater:innen, weil ihnen einfach langweilig ist. Sie suchen laut der Psychologin Sabrina Krauss nach einem Anschluss an radikale Gruppen aus Unzufriedenheit. Das Argument, dass jemand, der sich öffentlich zeigt, auch wüste Beschimpfungen aushalten muss, lässt Sabrina Krauss nicht gelten. Jeder habe das Recht, seine Meinung zu äußern, aber Gewalt: Das gehe zu weit. Vielen Gewalttäter:innen ist noch nicht mal klar, was sie anrichten.

"Da sind wir auch wieder bei der Besonderheit der digitalen Kommunikation. Wenn man sich nicht sehen kann, dann bekommt man ja auch nicht mit, wenn es dem anderen plötzlich anders geht."

Sabrina Krauss, Professorin für Psychologie an der Hochschule Nordrhein-Westfalen

Zahlen und Fakten

Video (2:10): Digitale Gewalt - wer ist betroffen?

Hohe Dunkelziffer

  • Ergebnis einer Jugend-Studie von 2019: 8 Prozent der 12- bis 19-jährigen Befragten gaben an, "selbst schon per Smartphone beziehungsweise im Internet fertiggemacht" worden zu sein.
  • Laut einer Studie von 2020 haben in Deutschland 70 Prozent der befragten Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren digitale Gewalt und Belästigung in den sozialen Medien erlebt.
  • Fachleute gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn viele Vergehen werden gar nicht erst gemeldet. Von den sexuellen Belästigungsfällen etwa im Durchschnitt nur 50 Prozent.

Was tun gegen Gewalt?

Viele Anzeigen laufen ins Leere. Trotzdem sollte man solche Nachrichten immer melden beziehungsweise anzeigen. Unterstützung erhält man dabei von offiziellen Meldestellen. Hass im Netz melden könnt ihr bei Respect! oder bei HateAid oder bei Hassmelden. Mehr Infos auch unter Hass im Netz.

Hass im Netz gemeldet - und dann?

Momentan gibt es noch keine zugeordneten Stellen beim Bundeskriminalamt. Es sind jedoch welche in Aufbau. Wenn aktuell eine Meldung eingeht, sieht sich ein Team die gemeldeten Beiträge an. Dann geht es ans Differenzieren: "Wenn es strafrechtlich relevant ist, dann melden wir das bei Polizei oder Landeskriminalamt und dann wird das schon vom Landeskriminalamt weiter bearbeitet und geschaut, ob es zu einem Urteil kommen könnte oder nicht. Wenn es nicht strafrechtlich relevant ist, dann werden wir einen Löschantrag beim Provider machen", so Ahmed Gafaar, Mitarbeiter der Meldestelle für Hassnachrichten 'Respect!'. Das große Problem ist die Definition von "strafrechtlich relevant". Da müssen dann Jurist:innen ran und jeden Fall einzeln prüfen, recherchieren etc. 2020 etwa sind aus 4.000 Meldungen nur 436 angezeigt worden.

"Ich kann auf jeden Fall raten, dass jeder, der Hasskommentare sieht oder von Hasskommentaren betroffen ist, direkt das meldet, damit auf jeden Fall dieser Hatespeech im Netz gestoppt werden kann. Solange die Leute das nicht melden, können wir auch nichts dagegen tun."

Ahmed Gafaar von 'Respect!'

Zahlen und Fakten

Video (1:44): Digitale Gewalt - neue Gesetze

  • Im April 2021 wurde ein neues Gesetz gegen Hass im Netz verabschiedet.
  • Neu: Anbieter sozialer Netzwerke sind stärker in der Pflicht.
  • Wenn sie Hassposts wie bisher nur löschen oder Nutzer:innen sperren und sie nicht auch anzeigen, werden sie selbst strafbar.
  • Auch müssen die Anbieter Behörden gegenüber Auskunft geben, um Täter:innen leichter fassen zu können.
  • Zusätzlich werden Berufsgruppen besser geschützt, zum Beispiel Mitarbeiter:innen von Notdiensten.
  • Auch wer in Ehrenamt oder Beruf Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt ist, hat nun mehr Schutz und kann eine Auskunftssperre im Melderegister beantragen.

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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