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Flüchtlinge

RESPEKT Flüchtlinge

Stand: 20.07.2020

  • Viele Geflüchtete verlassen ihre Heimat aus einer großen Not heraus.
  • Flüchtlinge oder Geflüchtete sind Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt werden - wegen ihrer Rasse, Religion; Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugungen.
  • "Migrant*innen" dagegen sind Menschen, die vor Kriegen, Naturkatastrophen oder vor wirtschaftlicher Not flüchten.
  • Die meisten Geflüchteten kommen aus nur einem Kriegsland, nämlich aus Syrien. Auf Platz 2: Irak, Platz 3: Afghanistan.

Sind Geflüchtete "Sozialschmarotzer"?

Definition Flüchtling

Video (2:38) Was ist ein Flüchtling?

Kriminelle, Sozialschmarotzer, Islamisten – so werden Geflüchtete immer wieder beschimpft. Dabei gilt bis auf ganz wenige Ausnahmen: Sie alle haben ihre Heimat nicht freiwillig verlassen, sondern gezwungenermaßen. In ihrer Heimat drohten ihnen Hunger, Verfolgung, Lebensgefahr. Viele haben eine lebensgefährliche Flucht hinter sich und sind froh, wenn sie endlich in Deutschland ankommen. Doch dann beginnt meist ein neuer Kampf: Um Asylrecht, Arbeitserlaubnis, Integration und Gleichberechtigung.

Flucht hat eine lange Geschichte

Gründe zur Flucht gibt es, seit es Menschen gibt: Schon in der Antike flüchteten Menschen vor Kriegen, vor Gewalt, vor Hunger oder Umweltkatastrophen aus ihrer Heimat. Im 4. Jahrhundert nach Christus verursachten die Hunnen eine zwei Jahrhunderte lange Fluchtbewegung in Europa: Die sognannte Völkerwanderung. Dabei wurde Europa völlig neu geordnet. Später führten der 30-Jährige Krieg und die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert zu massenhafter Flucht und Vertreibung. Während des 2. Weltkrieges ermordeten die Nazis mehr als 13 Millionen Jüdinnen und Juden, Kriegsgefangene, Sinti und Roma und Zivilist*innen. Nach Ende des 2.Weltkrieges flüchteten etwa 14 Millionen Menschen aus den ehemals deutschen Ostgebieten nach Deutschland. Auch deshalb wurde 1949 im neu geschaffenen Grundgesetz das Recht auf Asyl als Grundrecht aufgenommen.

Sind Geflüchtete krimineller als Deutsche?

Video (2:18) Geflüchtete und Kriminalität

Als Grundaussage ist das Quatsch. Streit und Konflikte gibt es meist deshalb, weil die Lebensbedingungen für Geflüchtete so schlecht sind. In den meisten Unterkünften leben sie auf engstem Raum zusammen. Sie haben keine Möglichkeit, mal die Tür zuzumachen um ihre Ruhe zu haben. Dazu haben viele harte Schicksale zu verarbeiten.  – wen wundert es da, dass es auch mal Streit gibt? Und wie ist das mit Sexualdelikten, die immer wieder im Zusammenhang mit Geflüchteten genannt werden? Ein hochemotionales Thema, sagt Marcus da Gloria Martins, Pressesprecher des Polizeipräsidiums München.

"Wenn ich jetzt hingehe und sage, natürlich haben wir Fälle, da haben wir auch Asylbewerber als Täter und wir haben 36.000 in der Stadt, dann ist das nur ein Gebot der Ehrlichkeit. Aber es ist genauso ehrlich hinzugehen und zu sagen: Wenn ich mir diese 600 Fälle angucke, dann stelle ich fest, dass maximal 1 bis 1,5% für uns überhaupt Täter sind, die restlichen 99% sind halt andere Nationalitäten und Einheimische. Also da jetzt draus zu konstruieren, dass wir ein massives Problem mit Sexualdelikten und Asylbewerbern haben, stimmt nicht."

Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins

Das größte Problem vieler Geflüchteter: die Bürokratie

RESPEKT-Moderator Ramo Ali ist 2011 selbst vor dem Krieg in Syrien geflohen. Als Kurde gehört er zu einer verfolgten Minderheit. Er schildert aus eigener Erfahrung den schwierigen Neustart in Deutschland: Sich fremd zu fühlen, die Sprache nicht zu verstehen, nicht arbeiten zu können. Für ihn wie viele andere Geflüchtete ist die deutsche Bürokratie meist die größte Hürde: "Papierland" betreten Geflüchtete, wenn es darum geht, Ausbildung und Beruf anerkennen zu lassen, einen Deutsch-Kurs besuchen zu dürfen oder eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Dazu müssen sie erstmal in Erfahrung bringen, welche Formulare und Regelungen es gibt uns sie dann auch noch richtig auf den Weg bringen.

Zahlen und Fakten

Video (1:46): Geflüchtete: Kommen alle zu uns?

Nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge kommt nach Deutschland

  • Weltweit sind 2019 nach Zahlen der UNO mehr als 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht.
  • Die meisten Menschen flüchten innerhalb des eigenen Landes. Asyl in einem anderen Land suchen nur die wenigsten.
  • Nach Deutschland kamen im Jahr 2015 gefühlt sehr viele Geflüchtete: 890.000 haben hier Asyl gesucht. Objektiv betrachtet waren das damals aber nur 1,4 % aller Flüchtlinge weltweit.
  • Spitzenreiter in Sachen Flüchtlingsaufnahme in Deutschland ist Nordrhein-Westfalen. 2016 wurden hier 27,24 % der Asylanträge in Deutschland gestellt.
  • Es folgen Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern, mit jeweils ca. 11 %.

Wie viel Unterstützung bekommen Flüchtlinge?

Ein alleinstehender erwachsener Asylbewerber, der in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebt, bekommt bis zu 150  Euro "Taschengeld" monatlich. Essen, Kleidung und Unterkunft werden gestellt. Zieht er aus der Erstaufnahmeeinrichtung aus und in eine Gemeinschaftsunterkunft, erhält er bis zu 344 Euro – davon muss er auch Essen und Kleidung bezahlen.

Wenn er oder sie als Flüchtling anerkannt ist und noch keine Arbeit hat, bekommt er dasselbe wie ein Deutscher: Den HARTZ-IV-Satz von 432 Euro + Geld fürs Wohnen und Heizen. Flüchtlinge bekommen also nicht mehr als Deutsche.
Stand: 2020

Geflüchtete persönlich kennenlernen - und gemeinsam kochen

Viele Menschen haben Vorurteile gegen Geflüchtete, weil sie Berührungsängste haben: Sie kennen keine Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund oder anderer Hautfarbe, anderer Religion und lehnen eher dieses Unbekannte ab als die Menschen persönlich. Um ihre Ablehnung zu rechtfertigen, benutzen sie Vorurteile. Denn die Barriere ermöglich ihnen, mit vermeintlich gutem Grund Abstand zu halten.

Grundsätzlich fällt es offenen, selbstbewussten Menschen leichter, sich für gänzlich andere Denk- und Lebensweisen zu interessierren. Es gibt auch viele, die sich engagieren und Brücken bauen. Zum Beispiel mit Projekten wie "Über den Tellerrand": Da organisieren Ehrenamtliche gemeinsame Kochevents mit Geflüchteten und "Einheimischen" - in vielen deutschen Städten. Warum nicht mal mitmachen und zum Beispiel syrische Spezialitäten kosten?

"Ich glaube, ich hab’ gelernt, dass es einfach wichtig ist, sich kennenzulernen, dass das der beste Weg ist um Vorurteile abzubauen. Ich hab’ davor auch keine Freunde gehabt, die einen Fluchthintergrund haben, ich hatte keine Freunde davor die Muslime sind, ich habe wirklich auch viel über andere Kulturen gelernt."

Jasmin Seiler, Mit-Organisatorin des Projekts 'Über den Tellerrand'

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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