RESPEKT Nachwuchs für die Politik
- Wer sich schon als junger Mensch in einer Partei engagiert, lernt früh, wie politische Arbeit geht und was es dafür braucht.
- Nach dem Parteieintritt folgt meist die Arbeit im Ortsverband: Mitmachen im Netzwerk vor Ort und Kontakte pflegen zu den Bürger:innen am Heimatort.
- Von dort aus kann später der Weg auf weitere Parteiebenen führen: Kreisverband, Landesverband, Bundesverband.
- Oder man schafft es auf eine Wahlliste und kann so ein Mandat bekommen, also einen politischen Vertretungsauftrag.
- Der Weg in den Landtag oder in den Bundestag ist meist lang und sehr anstrengend.
Die aktuellen Herausforderungen sind groß: Die Corona-Pandemie und die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft, der Krieg in der Ukraine und nicht zuletzt der Klimawandel sind Probleme, die Antworten durch die Politik verlangen. Was also tun, wenn man mehr will, als "nur" an Demonstrationen teilnehmen oder Helferkreise organisieren? Wenn man politisch gestalten und langfristig Weichen stellen will? - Man beginnt eine Karriere in der Politik. Schon sehr junge Menschen, etwa Bela Bach mit 17 Jahren, treten in eine Partei ein. Bei ihr war es die SPD und sie hat viel Energie investiert, um nach 11 Jahren in den Bundestag zu kommen. Sie sagt: "Wenn man sich nicht zu 100 Prozent identifiziert, dann macht der Job keinen Spaß." Und sie hatte auch einiges auszuhalten.
Definition
Konkurrenz & Anfeindungen
Die Vorstellung, politische Verantwortung zu übernehmen und dafür beispielsweise im Bundestag zu sitzen, ist auf der einen Seite schon was Tolles. Aber auf der anderen Seite hat man wahnsinnig viel Konkurrenz innerhalb der Partei und auch zwischen den Parteien. Zum Beispiel Bela Bach: Sie hat 11 Jahre intensiv daran gearbeitet, es 2019 in den Bundestag zu schaffen, sich für Verkehrspolitik engagiert und mit Anfeindungen auf Social Media gelebt. Doch dann hat eine Gegenkandidatin für die Landesliste zur Bundestagswahl 2021 mehr Stimmen und damit den Platz auf der Landesliste bekommen und Bela Bach kam nicht mehr in den Bundestag. Heute sagt Bela, dass sie immer ein politischer Mensch bleiben wird - auch wenn sie jetzt einen anderen Job in der Wirtschaft hat.
Verantwortung & lange Arbeitstage
Benjamin Miskowitsch ist kein Akademiker - er hat Bürokaufmann gelernt, selbstständig gearbeitet und war dann einige Jahre Verlagsangestellter. Nebenher hat sich der heute 38-Jährige immer auch ehrenamtlich engagiert: bei der Freiwilligen Feuerwehr zum Beispiel. Mittlerweile ist er der jüngste Abgeordnete für die CSU im Bayerischen Landtag. Er hat gar nicht so lang auf den Job als Berufspolitiker hingearbeitet, sagt er, sondern einfach die Chance ergriffen, als ein Platz frei wurde. So wurde er gewählt und kümmert sich als Pendler besonders um Nahverkehrsthemen. Seine Familie sieht er nicht so viel, aber er ist begeistert von seinem Job als Abgeordneter.
Initialzündung: Rezos Video
Konrad Thees, 16 Jahre, kam über seinen Vater schon früh in politische Diskussionen. Ein prägendes Ereignis für seinen Entschluss, aktiv in die Politik zu gehen, war Rezo und sein Video "Die Zerstörung der CDU" von 2019. Damals behauptete der Youtuber sehr detailliert und umfassend recherchiert, wo die CDU überall Fehler mache, wie CDU-Leute lügen würden und nicht genügend Kompetenzen für ihren Job mitbrächten. Konrad schaute sich die verschiedenen Parteien in Deutschland an: Seinen Zielen entsprachen am ehesten die Grünen. Der junge Mann fackelte nicht lange und baute in Erding die Grüne Jugend mit auf. Nach zwei Jahren wird er zum Sprecher des Ortsverbands Bündnis 90/Die Grünen in Erding.
"Ich versteh alle Aktivist:innen und alle politisch Aktiven, die sagen, in Parteien erreicht man nichts. Aber ich glaube nicht, dass es das ist oder dass man diese Haltung auf Dauer durchhält. Deswegen versuche ich beides. Und ich mische auch bei der Grünen Jugend mit, mische bei den Grünen mit, mische bei Fridays for Future mit und ich kritisiere ja auch meine eigene Partei."
Konrad Thees, Bündnis 90 / Die Grünen
Zahlen und Fakten
Viele Akademiker:innen, wenig Frauen
- Viele Politiker:innen haben Politikwissenschaft oder Jura studiert. Das ist aber kein Muss.
- Im 2021 gewählten Bundestag sind 87 Prozent der Abgeordneten Akademiker:innen.
- Im Bundestag sind nur 35 Prozent der Abgeordneten Frauen.
- Noch immer werden Frauen zu wenig ermuntert, Politikerin zu werden.
Zahlen und Fakten: Quellen
Gliederung und Organe der Parteien
bpb: Parteien als Organisationen; bpb: Parteiensystem Deutschland S. 12 ff.; bpb: Dossier "Parteien in Deutschland"
Delegierte
bpb: "Delegierter"
Mandat
bpb: "Bundestagswahlen"; bpb: "Deutscher Bundestag"
"Ochsentour"
bpb: "Neue Politiker braucht das Land? Attraktivität und Besetzung politischer Ämter"
Bürgermeister:in
bpb: Lexikon Bürgermeister:in
Deutschlandfunk: Parteilose Bürgermeister
Deutscher Bundestag
Häufig gestellte Fragen
Diversität
Deutschlandfunk Nova: "Im Bundestag ist nur eine Altenpflegerin vertreten"
Akademiker:innen im Bundestag
DW: "Der Bundestag: Ein Parlament der Akademiker?"; Das Parlament: "Vertreter des ganzen Volkes"; Bundestag: Schulabschluss und Hochschulbildung; Bundestagswahl 2021: Gewählte Abgeordnete
Weibliche Abgeordnete im Bundestag
"Der Bundestag wird weiblicher und jünger"; bpb: Gewählte Abgeordnete
Deutsche Bevölkerung / weiblich
Destatis: Bevölkerung nach Nationalität und Geschlecht (2020); Bevölkerungsstand 2021
Fazit
Politiker:in ist kein Job, den man nebenbei macht - und wenn man jung ist, auch weniger nur fürs Geld. Auch wenn die Bezahlung mit etwa 8.700 Euro brutto beispielsweise für einen Abgeordneten im Bayerischen Landtag überdurchschnittlich ist. Dafür heißt es viel Verantwortung tragen, viel Zeit reinstecken und auch mit der starken Konkurrenz leben. Deshalb bezeichnet man die politische Karriere auch oft als "Ochsentour".
Autorin: Monika von Aufschnaiter