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Transsexuell, Intersexuell

RESPEKT Transsexuell, Intersexuell

Stand: 27.07.2020

"Liebe RESPEKT-Community,
die Videos zu diesem Thema sind überarbeitungswürdig und deshalb nicht mehr online. Wir verwendeten an mehreren Stellen eine Sprache, die die binäre Geschlechteraufteilung betont, statt sie aufzulösen. Zu oft sprachen wir zum Beispiel vom 'anderen Geschlecht'. Solche Formulierungen können schädlich sein, das wollen wir selbstverständlich nicht.
Danke für Euer Feedback! Nur so können wir gemeinsam besser und als Gesellschaft noch inklusiver, offener und toleranter werden."

(RESPEKT Redaktion)

  • "Intersexuell" nennt man Menschen, die sowohl mit männlichen als auch mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt gekommen sind.
  • Es gibt auch Menschen, deren biologisches Geschlecht klar bestimmbar ist, die sich aber damit überhaupt nicht identifizieren können und ihr Geschlecht sogar als falsch empfinden. Der Oberbegriff dafür ist Transgender – er schließt Transvestiten und Transsexuelle mit ein.
  • Transsexualität ist keine psychische Erkrankung, auch wenn das früher so gesehen wurde. Der Überbegriff lautet jetzt "Geschlechtsinkongruenz" und er beschreibt einen "sexuellen Gesundheitszustand".

Geboren im falschen Körper

Rund 80.000-200.000 Deutsche sind intersexuell, das heißt, ihre Gene, Organe, Enzyme und Hormone sind weder eindeutig männlich noch weiblich, sondern ein Mix aus beidem. Oft werden intersexuelle Babys bald nach der Geburt operiert und ihr Geschlecht eindeutig festgelegt. Meist ohne medizinische Notwendigkeit und mit katastrophalen Folgen für die Betroffenen. Denn die Entscheidung, ob das Kind ab sofort Junge oder Mädchen ist, übernehmen dann die Eltern mit den Ärzten.

Transsexuelle wollen sich nicht bloß "zum Spaß verkleiden"

Ähnlich ergeht es Transsexuellen. Davon gibt es in Deutschland geschätzt mindestens 100.000. Transsexuelle empfinden ihr Geschlecht anders, als es die biologischen Geschlechtsmerkmale vorgeben. Sie wollen nicht nur die Kleidung des anderen Geschlechts tragen, sie lassen auch ihren Namen ändern, aus Herrn Paul Müller wird Frau Paula Müller oder umgekehrt. Transmänner und Transfrauen wollen ihr Leben und ihr Geschlecht ändern. Für manche ist eine Operation der einzige Weg zu ihrem Seelenfrieden.

Transsexualität ist keine psychische Krankheit

Seit Jahrzehnten kämpfen Trans- und Intersexuelle in Deutschland um Anerkennung. Erst in den letzten Jahren gab es positive Entwicklungen in Sachen Grundrechte: Das Bundesverfassungsgericht entschied 2017, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht Trans- und Intersexuelle genauso schützt wie alle anderen. Und die WHO listet Transsexualität seit 2018 nicht mehr als psychische Krankheit. Vielmehr beschreibt der Grad an "Geschlechtsinkongruenz" - also die gefühlte Nicht-Übereinstimmung mit dem physisch erkennbaren Geschlecht - den "sexuellen Gesundheitszustand".

"Ich habe versucht, mir die Haare länger wachsen zu lassen, ich hab versucht, mich mehr zu schminken, andere Klamotten zu kaufen. Ich hab nie verstanden, warum das alles so falsch an mir war. Ich hab mich immer gefühlt wie so ein Elefant im Porzellanladen. Dass egal, welche Bewegung, welche Gestik ich hatte, dass alles falsch war, dass nichts gepasst hat."

Aaron Joel Kaemmerer-Karsten, YouTuber

Geschlechtsangleichung als Rettung

  • Zur Geschlechtsangleichung führt ein doppelter Weg: Zur medizinischen Angleichung gehören Hormonbehandlung und OP. Zur rechtlichen die Änderung im Pass.
  • Der medizinische Weg beginnt mit einer eindeutigen Diagnose. Ein*e Psychotherapeut*in muss feststellen, dass die Person sich tiefgreifend und dauerhaft mit dem anderen Geschlecht identifiziert, sich falsch im eigenen Körper fühlt und ein relevanter Leidensdruck besteht.
  • Auch der rechtliche Weg ist lang: Wer seinen Vornamen im Pass ändern möchte, muss nachweisen, dass er/sie seit 3 Jahren den Zwang fühlt, transsexuell zu leben. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Zugehörigkeits-Gefühl zum anderen Geschlecht ändert, muss außerdem gering sein.
  • Wenn das zwei unabhängige Gutachter bescheinigen, kann der Vorname geändert werden. Das geht aber nicht einfach im Bürgeramt, sondern es ist ein Antrag beim Amtsgericht nötig. Bei Minderjährigen muss vorher noch ein Familiengericht entscheiden. Zur Namens- kommt dann noch Personenstandsänderung. Also ein geänderter Geschlechtseintrag im Pass.

"Dass das (Geschlecht) am Anfang noch nicht klar ist, bedeutet, dass man einfach warten muss, bis die Menschen selbst soweit sind, dass sie sagen, ich bin das oder ich bin das oder ich bin halt einfach was irgendwo dazwischen."

Dr. Oliver Markovsky, Chirurgische Klinik München-Bogenhausen

Wie funktioniert eine Geschlechtsangleichung?

Dr. Oliver Markovsky erklärt, wie er als Chirurg Transpersonen durch Operationen hilft. Durch die Eingriffe bekommen sie einen Körper, der ihrem gefühlten Geschlecht mehr entspricht. Einfacher ist die Operation vom Mann zur Frau: Dazu werden die Hoden entfernt und eine Höhle gebildet, die dann als Vagina dient. In diese Höhle wird die Haut des Penis umgestülpt eingebracht. Die Schamlippen bilden die Chirurg*innen aus der Haut der Hoden, die Klitoris aus der Eichel. So soll möglichst viel sensibles Gewebe erhalten bleiben, es bekommt "lediglich" eine neue Form und Funktion. Allerdings kann die Frau auch nach einer Operation keine Kinder bekommen.

Operation: Von der Frau zum Mann

Die Geschlechtsangleichung von der Frau zum Mann ist komplizierter. Eierstöcke und Gebärmutter werden entfernt, die Scheide verschlossen. Der Penis wird in der Regel aus einem Unterarmlappen geformt. Die Haut, die dann im Unterarm fehlt, muss ersetzt werden, zum Beispiel mit Haut aus dem Unterbauch. Klitoris und Harnröhre müssen verlängert werden. Ohne diese längere Harnröhre wäre Pinkeln im Stehen nicht möglich. Der Patient bekommt außerdem Hodenprothesen aus Silikon. Der Hodensack wird aus dem Schamlippen gebildet. Damit man den neuen Penis auch zum Geschlechtsverkehr benutzen kann, wird eine Prothese eingesetzt. Steif wird der Penis beispielsweise mit einer Penispumpe.

Wer einen langen Weg geht, braucht nicht allein zu sein

Heute gibt es mehr Verständnis und Hilfeangebote für Trans- oder Intersexuelle. Wer sich anhaltend "falsch" fühlt im eigenen Körper, sollte sich auf jeden Fall beraten und unterstützen lassen. Denn sich anhaltend extrem unwohl im eigenen Geschlecht zu fühlen, ist keine "Spinnerei" und auch keine "Krankheit" oder gar "Sünde". Jeder Mensch hat ein Recht darauf, als das anerkannt zu werden, was er/sie ist, auch sexuell. Das steht im Grundgesetz. In unserer Gesellschaft ist allerdings noch viel für Gleichberechtigung zu tun. Deshalb ist es ein positives Signal, wenn Prominente wie das Model Hanne Gaby Odiele oder der Sportler Balian Buschbaum öffentlich über ihre Inter- oder Transsexualität sprechen.

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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