RESPEKT Menschenrecht Wohnen
- Wohnen ist ein Menschenrecht, das beispielsweise im UN-Sozialpakt fest verankert ist.
- Angemessener Wohnraum bedeutet: Jeder Mensch hat das Recht auf eine Wohnung, niemand darf aus seiner Wohnung vertrieben werden und die Wohnung muss für jeden finanzierbar sein.
- Deshalb übernimmt bei uns auch der Staat die Mietkosten für die Menschen, die sich keine Wohnung leisten können, etwa weil sie von Hartz IV leben.
- Im deutschen Sozialrecht gibt es ungefähre Richtwerte für die angemessene Größe: für eine Einzelperson sind das ca. 50 Quadratmeter, für vier Personen etwa 85 Quadratmeter.
Wohnungsnot ist nichts Neues. Anfang des 20. Jahrhunderts und nach dem 2. Weltkrieg waren in Deutschland Millionen Menschen ohne Bleibe. Aber damals haben Staat, Kommunen und Genossenschaften dann auch Millionen günstige Wohnungen gebaut. Was ist heute anders, was läuft falsch?
München zum Beispiel ist eine der teuersten Städte Deutschlands, was die Wohnungspreise betrifft. Das führt dazu, dass sich Normalverdiener*innen die Stadt nicht mehr leisten können. Lehrer*innen, Pfleger*innen, Krankenschwestern, Müllfahrer*innen, Polizist*innen und Feuerwehrleute braucht es aber. Genauso wie bezahlbaren Wohnraum.
Der Kampf darum spaltet die Gesellschaft und ist auch eine Gefahr für die Demokratie: Denn Armen- und Reichen-Ghettos führen zu Abschottung und sozialen Spannungen.
Gentrifizierung: Wenn Luxussanierungen Mieter*innen vertreiben
Definition
Alte Häuser müssen immer wieder mal saniert werden, klar. Und dass Sanierungs- oder Modernisierungskosten umgelegt, also auf alle Mieter*innen verteilt werden, ist auch nachvollziehbar. Schließlich profitieren sie ja von den Neuerungen. Wenn allerdings die Sanierung oder Modernisierung so teuer ist, dass die monatliche Miete um 830 Euro ansteigt, dann kommt das für viele Mieter*innen einem Rausschmiss gleich. Doch die "Modernisierungsumlage" ist gesetzlich erlaubt: Eigentümer*innen dürfen bei einer Renovierung 11 Prozent der Renovierungskosten anteilig auf die Mieter*innen umlegen - und zwar nicht nur, bis sie die Kosten wieder ausgeglichen haben, sondern dauerhaft. Was oft dazu führt, dass nur noch Reiche sich die modernisierten Wohnungen leisten können. "Gentrifizierung" bezeichnet genau diese "Übernahme" ganzer Wohnhäuser oder Viertel durch Menschen, die deutlich mehr Einkommen haben als der Durchschnitt.
Was können Städte tun gegen die Wohnungsnot?
Beispiel München: Die Stadtregierung hat im Jahr 2018 mehr Baugenehmigungen erteilt und selbst gebaut als zuvor. Trotzdem können sich viele Menschen die Mieten nicht leisten. Ein Problem ist der hohe Mietspiegel. Das ist ein Durchschnitt aus allen Neuvermietungspreisen der letzten 4 Jahre, umgerechnet auf den Quadratmeter. Je höher der Mietspiegel ist, desto mehr Miete können Wohnungs- und Hausbesitzer*innen durchsetzen, da der Quadratmeterpreis im Mietspiegel als Richtwert und "ortsüblich" gilt. Dadurch, dass aber so viel gentrifiziert und teuer neu gebaut wird, schnellt dieser Mietspiegel immer weiter nach oben. Eine Mietpreisbremse gibt es nur für die 66.000 stadteigenen Wohnungen - für alle anderen aber nicht.
Zahlen und Fakten
Immer weniger Sozialwohnungen
- Heute gibt es in Deutschland rund 42 Millionen Wohnungen. Die allermeisten auf dem freien Markt und für Viele nicht bezahlbar.
- Öffentlich geförderte Genossenschaften bieten günstigere Mieten an. Sie haben ca. 2,2 Mio. Wohnungen.
- Dazu kommen derzeit 1,2 Mio. Sozialwohnungen mit günstigen Mieten.
- Der Bedarf ist aus Sicht der Politik gedeckt. Seit 2001 gibt es so gut wie keine Förderung mehr für den sozialen Wohnungsbau.
- Über eine Million Sozialwohnungen sind so in letzten 10 Jahren auf dem freien Markt gelandet.
Bezahlbare Wohnungen bauen - kein Ding der Unmöglichkeit
In der Reportage trifft Moderator Ramo Ali den Bauunternehmer Erich Schwaiger. Der baut gerade 1.000 Wohnungen und sagt: Günstige Wohnungen bauen geht - man verdient halt nicht viel dabei. Von den 1.000 Wohnungen, die er im Süden von München baut, sind etwa 200 öffentlich gefördert. Manche davon kosten nur etwa 5,40 Euro pro Quadratmeter Miete, wenn man ein geringes Einkommen hat. Zum Vergleich: Auf dem freien Markt sind 10 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter üblich.
Gesetzänderungen für mehr bezahlbaren Wohnraum
Wenn es nicht bei einzelnen freiwilligen Initiativen bleiben soll und Menschen nicht gezwungen werden sollen, ihre Stadt zu verlassen, geht es laut Expert*innen nicht ohne Gesetzesänderungen. Steuerbefreiungen sind eine Möglichkeit, die Rechtsform von Wohnungsbauunternehmen zu ändern eine andere. Damit sie nicht mehr als Finanzmarktakteure rein den Profit im Blick haben. Denn wenn die Mieten weiter so steigen, ist das auch ein Problem für das friedliche Zusammenleben in Städten. Soziologin Saskia Gränitz sagt: "Manche Leute reagieren, wenn sie selbst in Wohnungsnot geraten, stärker mit Abgrenzung gegenüber anderen Wohnungslosen. Geflüchtete werden dafür verantwortlich gemacht, dass es keinen Wohnraum gibt. Oder Menschen, die aus Osteuropa migrieren."
Autorin: Monika von Aufschnaiter