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"Die Rückkehr der Namen" Jahre der Verführung Farbfilme aus Bayern 1931-39

Begeisterte Kinder am Tag der Deutschen Kunst in München im Jahr 1937. | Bild: BR/DOKfilm Fernsehproduktion GmbH/Saeculum

Samstag, 06.04.2024
20:15 bis 21:00 Uhr

  • Untertitel

ARD alpha
Deutschland 2019

Der erste Teil der zweiteiligen Dokumentation „Jahre der Verführung – Jahre des Untergangs“ erzählt von einem Reich, das in einem Meer aus Fahnen versinken und in dem die Verführung über die Menschlichkeit siegen wird. Es sind Amateurfilmer, die unverfälschte Einblicke aus dem Alltag dieses Reiches in der Zeit von 1931 bis zum letzten Tag vor Kriegsbeginn geben.

Es sind Familienfilme, die nicht für fremde Augen gedacht waren. Urlaubsbilder aus dem Chiemgau und aus Garmisch oder ein heiterer Faschingsumzug in Nürnberg. Ein verspielter Tanzreigen im Bayerischen Wald oder ein Streifzug durch die Münchner Innenstadt.

Viele Bilder wirken harmlos. Doch mit dem Wissen um die sich anbahnende Katastrophe erzeugen gerade die Farbigkeit und die Unbedarftheit der Aufnahmen ein Unbehagen, das in einer Frage mündet: Wo beginnt es, das Böse?

Denn in der Diktatur des „Dritten Reiches“ gab es keinen Lebensbereich, der nicht politisiert war. Durch die jubelnde Menschenmenge der Nürnberger Faschingsgesellschaft etwa zieht vor der Kamera unvermittelt ein Motivwagen mit einem Galgen vorbei, an dem Juden aus Pappmaché hängen. Alle haben es gesehen.

Die tanzenden jungen Frauen im Bayerischen Wald sind in einem Zeltlager des "Bunds Deutscher Mädel“ und werden auf ihre Mutterrolle für die zukünftige arische Generation vorbereitet. Und in München, der „Stadt der Bewegung“, marschiert die SS zur Mahnwache an dem von den Nazis errichteten Ehrentempel am Königsplatz auf, der zum touristischen Magneten wird.

Und so nähert sich „Jahre der Verführung“ der Frage, wie sich die Gleichschaltung der Gesellschaft unter den Nationalsozialisten vollzog und wie sie die Menschen auf den Krieg vorbereitete. In diesem Bilder-Panoptikum entspinnt sich die Geschichte einer Familie, in der sich die zentrale Frage nach der Schuld spiegelt. Es ist eine Familie wie aus einem nationalsozialistischen Bilderbuch.

Die Bilder zeigen einen herzlichen Umgang miteinander. In der perfiden Rassensystematik der Zeit gilt die Familie als „rein arisch“. Vereint im festen Glauben, das Richtige zu tun, sind die Familienmitglieder in der Partei organisiert. Der Vater ist bei der SS, der Sohn in der Hitlerjugend und zumindest die jüngste Tochter im Bund Deutscher Mädel engagiert. Es sind vornehmlich Aufnahmen von der Verlobungsreise dieser jungen Frau, die den schmalen Grat zwischen hoffnungsvoller Zukunftszuversicht und zerstörender Verblendung zeigen.

Nur zwei Wochen vor Kriegsbeginn ist schließlich der große Tag gekommen. Die junge Braut nimmt ihren Verlobten, einen SS-Obersturmführer, zum Mann. Die Hochzeitsgesellschaft feiert ausgelassen. Dabei sind die Kriegsvorbereitungen schon längst im vollen Gange.

"Jahre der Verführung" zeigt Bilder aus einem Land, in dem Menschen in blindem Gehorsam in die Katastrophe marschieren. Hat wirklich keiner geahnt, was passieren würde?

Redaktion: Helge Freund