Digital lehren und lernen Digitales Sommersemester der Uni Bayreuth
Wie sich Prüfungen oder Seminare Online gestalten lassen - eine endgültige Lösung fehlt bisher. Auch die Universitäten, die sich digitale Innovationen auf die Fahnen geschrieben haben, sind am Hadern mit den weiteren Plänen. Wie zum Beispiel die Uni Bayreuth. Als dritte Hochschule in Deutschland ist die Uni Bayreuth ein Mitglied von edX, einer internationalen digitalen Bildungsplattform.
Keine Präsenzveranstaltungen, leere Bibliotheken: deutsche Unis haben für das Sommersemester in Zeiten der Corona Krise erstmal dicht gemacht. Das Studium muss nun digital fortgesetzt werden. Klar, E-Learning und digitale Tools können vieles ermöglichen - samt den Lernmaterialien in den Datenbanken und Besprechungen via Skype-Sessions. So arbeiten bereits viele Hochschulen für angewandten Wissenschaften, nun sollen vermehrt auch Universitäten auf diese Weise den Shutdown überbrücken.
Die, die mit der Umstellung nicht klar kommen oder ihr Leben wegen Corona jetzt ganz umkrempeln müssen, dürfen aber nicht auf der Strecke bleiben - so der Appel in einem offenen Brief aus Forschung und Lehre, der Titel: „Das Sommersemester 2020 muss ein „Nichtsemester“ werden“.
Über 1000 Wissenschaftlerinnen haben ihn bereits unterstützt. Das Verständnis, wie wichtig Innovationen sind, die allgemeine Aufmerksamkeit für digitale Möglichkeiten - das hatte die Uni Bayreuth schon vor Corona. Trotzdem bereitet die digitale Umstellung während der Pandemie viele Hürden, berichtet der Vizepräsident für Digitalisierung und Innovation Prof. Dr. Torsten Eymann. Mit ihm hat Campus Magazin über E-Education in Zeiten von Corona gesprochen.
Wie ist die Universität Bayreuth bei den Vorbereitungen für das Sommersemester 2020 bisher vorgegangen?
Wir haben die bestehenden Technologien, die bestehende digitale Ausbildung, zahlenmäßig hochgefahren. Wir bieten mehr Kurse an, mehr Sprechstunden, mehr Unterstützung durch HiWis. Damit möchten wir auch mehr Dozentinnen und Dozenten ermuntern, digitale Angebote für ihre Lehrveranstaltungen zu machen.
Geht es primär darum die bestehenden Lehrangebote ins digitale zu übertragen, oder gibt es bereits neue Konzepte, die anders mit den Herausforderungen umgehen?
Es gibt schon seit geraumer Zeit neue Konzepte. Es gibt Blended Learning, bei dem Online und Offline-Inhalte gemischt werden. Es gibt das sogenannte Flipped Classroom, bei dem die reine Wissensvermittlung ins Internet verlegt wird, und die Interaktionen mit den Studierenden dann vor Ort passiert. In der Corona-Zeit sieht das alles aber ein bisschen anders aus. Aber im Prinzip, gibt es diese Didaktik-Konzepte schon seit langem.
An welche Grenzen stoßen Sie in der Corona-Zeit, was sind die Hürden für den digitalen Ausbau?
Jetzt fallen wir von einem Wintersemester auf ein Sommersemester in das Format, das wir vorher noch nicht gemacht haben. Auch die Universität Bayreuth, wie viele andere Unis in Bayern, ist eine Campus-Universität und lebt von Interaktion, dass die Studierenden sich jeden Tag sehen, mit den Dozenten sprechen können usw. Und das fällt von einem Tag auf den anderen weg. Wir können eine Campus-Universität nicht über Nacht in eine Fernuniversität verändern. Wir möchten aber so viel wie möglich machen, um bestehende Formate mit digitalen Inhalten, kleinen Videos, interaktiven Übungsblättern, Chat-Sessions, Foren usw. zu ergänzen. Um dem Ganzen einen Impuls zu geben. So, dass man jetzt, im Moment, eine gewisse Lehre machen kann, die auch beiden Seiten etwas bringt und die man auch hinterher nutzen kann.
Viele Stimmen aus Forschung und Lehre unterstützen den offenen Brief mit dem Appel „Das Sommersemester muss ein Nicht-Semester werden“. Wie haben Sie die Diskussion um das sogenannte Nicht-Semester wahrgenommen?
Das hat ja zwei Aspekte. Das eine ist klar: es ist viel schwieriger auf einmal von Null auf Digital zu lehren, schwierig für Dozenten und auch für Studierende. Auf der anderen Seite haben wir aber auch Studierende, die jetzt eben fertig werden wollen oder müssen. Oder sie sind am Ende ihres Studiums oder sie wollen jetzt ein Studium beginnen, sie sollen nicht ins Nichts fallen. Was wir jetzt machen wollen und machen werden, ist ein digitales Lehrangebot zur Verfügung zu stellen, mit dem man gut das Studium beginnen oder weiterführen kann. Aber es wird kein volles Programm sein.
Für die Unterstützung digitaler Lehre stellt Ihre Universität zahlreiche Werkzeuge zur Verfügung. Wie gehen Sie mit dem Problem um, dass nicht alle Studierende und nicht alle Lehrkräfte digital gleich ausgestattet sind?
Das ist tatsächlich ein Problem, bei dem wir noch nicht so genau wissen, wo wir damit am Ende landen werden. Ein Beispiel wäre: was, wenn wir ein Live-Stream machen würden, mit einer typischen Veranstaltung, sagen wir mal, 800 Leute im Audi Max. Und was, wenn wir diese Veranstaltung ins Netz verlegen würden. Dann wird das Ganze an 800 Endgeräte gestreamt. Das Problem dabei ist, dass es nicht im Netz der Universität passiert, sondern es geht damit in die Vodafone oder T-Online Netze rein. Und landet dementsprechend auf Tablets und Laptops. Die Professorin oder der Professor, die vorne stehen, können in diesem Fall gar nicht sagen, in welcher Form, mit welchen Hängern und Aussetzern dieses Format ankommt. Da entsteht schon eine Ungleichheit. Deswegen appellieren wir dann an Dozenten, sie sollen da anders agieren: zum Beispiel kürzere Formate anbieten und selber Videos aufnehmen.
Wie sieht es mit der Kooperation unter den verschiedenen Unis und Hochschulen aus? Gibt es eine einheitliche Linie oder kocht jeder sein eigenes Süppchen?
Wir sprechen uns unter den Universitäten, in einzelnen Bundesländern ziemlich gut ab. Über die Präsenz, über die Digitalisierung, über unsere weiteren Schritte, über die Möglichkeit für elektronische Prüfungen. Das passiert mittlerweile fast auf einer wöchentlichen Basis. Trotzdem sind die Notwendigkeiten an verschiedene Hochschulen unterschiedlich. In der Universität wie Uni Bayreuth, die stärker naturwissenschaftlich geprägt ist, finden viele Veranstaltung in den naturwissenschaftlichen Laboren statt. In so ein Labor kann man momentan mit 20 Menschen nicht reingehen. Auf der anderen Seite gibt es geisteswissenschaftliche Universitäten, wie zum Beispiel im Bamberg. Da hat man typischerweise Lehrveranstaltungen mit weniger Teilnehmern, sie sind dafür aber hochinteraktiv. Da muss eine andere Möglichkeit gefunden werden, diese Lehre stattfinden zu lassen. Also im Detail hat jede Hochschule ihre eigene Antwort darauf, wie sie Digitalisierung vorantreiben können.