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Campus Doku Die Zukunft des Bauens - Aktiv bauen, Passiv wohnen

Bei der Suche nach energieeffizienteren Haus-Konzepten forschen Wissenschaftler vor allem an drei Dingen: An besseren Dämmstoffen und Fenstern sowie an der Belüftung, die es so nur in einem Passivhaus gibt. Sind Passivhäuser wirklich die Zukunft des Bauens?

Von: Christian Friedl

Stand: 30.06.2021

Das Prinzip eines Passivhauses ist einfach: Möglichst wenig Wärme soll raus, möglichst viel Wärme rein. Das bedeutet zunächst mehr Dämmung. Benötigen Altbauten oft deutlich über 100 Kilowattstunden Heizwärme pro Quadratmeter im Jahr und Neubauten immer noch die Hälfte, so kommen Passivhäuser mit 10 bis 15 kwh aus – nur noch 10% der bisherigen Häuser.

Merkmale eines Passivhauses

Dickere Dämmung Außenwand/Dach:

Beim Holzständerbau kann bereits in die Gefache zwischen die Balken viel Dämmstoff eingebracht werden, so dass eine Wandstärke ab ca. 40cm möglich ist. Mit Wärmedämmziegeln wird die Außenwand dicker als 50cm, auch bei massiven Baustoffen wie Beton, wo die dünnen tragenden Wände mit einer dicken Schicht meist aus Hartschaumstoff gedämmt werden.

3-fach verglaste Fenster

Fenster haben eine deutlich schlechtere Wärmedämmung als Wände. Normale Fenster sind aus 2-Scheiben-Isolierglas mit einer dämmenden Gasfüllung dazwischen aufgebaut, moderne Fenster sind aufwändiger konstruiert und bieten 3 Scheiben mit mehr Gas-Zwischenräumen und besser gedämmte Rahmen.

Dichtigkeit

Eine wesentliche Quelle für Energieverluste ist das Entweichen von warmer Innenluft durch Wärmebrücken, dort wo, z.B. Wand und Fenster aufeinandertreffen und nicht optimale miteinander verbunden sind. Auch zu intensives Lüften kühlt das Haus unnötig ab. Besonders heikel sind luftabhängige Komponenten wie Dunstabzug und Feuerofen.

Belüftungsanlage

Passivhäuser sind besonders gut abgedichtet, weshalb der Luftaustausch deutlich reduziert ist. Für genügend frische Luft sorgen automatische Belüftungsanlagen – die permanent laufen. Diese Belüftung kann mit einem Wärmetauscher kombiniert werden, der die Wärme im Haus hält.

energieeffiziente Planung

Die verbessert alle Häuser, aber bei dicken Außenwänden sind intelligente Grundrisse mit wenig Außenfläche besonders wichtig. Solare Wärmegewinne sind beim Passivhaus besonders wichtig, weil so der Heizaufwand stark reduziert werden kann. Große Fenster im Süden fangen die Sonnenwärme ein, kleine im Norden reduzieren Wärmeverluste. Solarthermie auf dem Dach bringt wichtige Heizenergie.

Vor- und Nachteile von Passivhäuser

Passivhaus Siedlung in Heidelberg

Beim energieeffizienten Bauen geht es in ersten Linie darum, die Kosten für Heizenergie zu senken. Ob sich dafür die höheren Investitionen rechnen, ist jeweils schwierig zu berechnen. Den geringeren Energiekosten stehen zusätzliche Investitionen beim Bau und höhere Betriebskosten durch die Belüftungstechnik gegenüber. Die Heizungsanlage kann einfacher ausfallen und damit diese Investitionskosten, das gibt der maximale Heizwärmebedarf vor, den die Heizung an den kältesten Tagen bewältigen muss. Besonders gut gedämmte Häuser kommen sogar ganz ohne normale Heizung aus und nutzen Sonnenstrahlung, Körperwärme und gespeicherte Energie.

Die dickere Dämmung bedeutet weniger Wohnfläche. Beispiel: Eine Doppelhaushälfte (Grundriss 5x10m) hat 20m Außenmauer. Da bedeutet 1cm mehr Dämmung immerhin 0,2 Quadratmeter weniger Wohnfläche je Stock. Im Vergleich zum Standard-Holzständerbau mit rund 33cm Wanddicke verliert ein zweigeschossiges Passiv-Holzhaus (40cm) knapp 3 m², in Massivbauweise (50cm) sogar fast 7 m². Große Fensternischen reduzieren diese Differenz, verschlechtern aber die Wärmedämmung.

Wie lebt es sich in einem Passivhaus?

"Wir heizen sehr selten. Also wirklich nur an kalten Wintertagen und in der Regel auch nur hier am Esstisch.....Wir hängen häufig Wäsche in unseren Schlafzimmern oder Kinderzimmern auf, denn die Luftfeuchtigkeit ist sie oft so gering, dass die Kinder tatsächlich auch sehr trockene Haut haben und wir sonst mit Eincremen sehr stark beschäftigt sind."

Lucia Kleinhenz, Passivhaus-Bewohnerin

Auffällig am Passivhaus ist der penible Umgang mit der Außenluft. Eigentlich sollen Türen und Fenster weitgehend geschlossen bleiben, weil im Passivhaus sowieso eine automatische Belüftung läuft. Die ist notwendig, denn durch mehrfach gedichteten Türen und Fenster kommt zu wenig Luft rein. Oft ist im Passivhaus dann die Atemluft sehr trocken.

Bessere Fenster in einem Passivhaus

Spezielle Fenster regeln den Energieaustausch.

Passivhäuser brauchen auch weniger Heizenergie, weil sie gezielt die Sonneneinstrahlung nutzen. Gerade bei größeren Häusern wie Hochhäusern ist aber gar nicht so sehr das Heizen, sondern eher das Kühlen das Problem. Dann, wenn viel Sonne rein kommt, aber die Wärme nicht mehr raus geht. Besonders bei großen Fensterfronten muss bei starker Sonne – Sommer wie Winter - gekühlt werden. Die Forscher setzen auf zwei Prinzipien, um Fenster zu verbessern: Zum einen auf einfache Systeme, die sich bei Sonne verändern und auf komplexere Systeme, wo Technik eine Regelung zulässt.

Forschungen zum energetischen Bauen

Forschen mit Fensterglas, dass sich bei Sonneneinstrahlung verdunkelt.

Einfacher Forschungsansatz: Fensterglas verdunkelt sich bei Hitze und wirkt wie eine Sonnenbrille.
Eine low-Tech-Idee: Bei Hitze dehnt sich eine Substanz in Zylindern im Inneren des Fensters aus und die Außenscheibe öffnet sich, es wird gelüftet. Sinkt die Temperatur, ziehen sich die Substanz und damit die Zylinder automatisch zusammen, die Scheibe schließt wieder ab.
Hightech-Idee: es soll mal gekühlt und mal geheizt werden. Die Forscher fügen außen und innen jeweils noch eine Scheibe hinzu, dort fließt Wasser in den Zwischenräumen. Feinste Partikel trüben das Wasser ein und verdunkeln so auf Knopfdruck die Scheibe. Bei Hitze und starker Strahlung, also etwa im Sommer, färben die feinen Partikel den äußersten Zwischenraum dunkel. Die Partikel schlucken Sonnenstrahlung und geben sie zu einem kleinen Teil als Wärmestrahlung wieder ins Freie ab. Zu einem größeren Teil kann sie über Wärmetauscher auch genutzt werden, etwa für Warmwasser. Bei Kälte und wenig Einstrahlung, etwa im Winter, fließen die Partikel im innersten Zwischenraum, schlucken die wenige Wintersonne und geben sie als Wärme in den Innenraum ab, wirken also als Heizung.

"Mit Hightech Systemen werden wir mehr Energie gewinnen über die Fassade, als wir für das Gebäude brauchen. Wir werden Plus-Energiehäuser bekommen, die als Kraftwerk Energie erzeugen."

Jochen Stopper, Lehrstuhl für Entwerfen und Gebäudehülle, TU München

Das Dach des Passivhauses funktioniert ähnlich wie Kleidung

Unterwäsche: Über dem Sichtdachstuhl verhindert eine Folie, dass die Innenluft die Dämmung feucht macht.
Pullover: Die Dämmung hält warm.
Funktionsjacke: Aber die Dämmung schützt nur gegen Kälte, nicht gegen Feuchte, die durch die Dachziegel kommt. Deswegen kommt noch die so genannte Rauschalung drauf und eine wasserdichte Folie, quasi die Goretex-Jacke des Hauses.
Anorak: Die Ziegel sorgen für eine widerstandsfähige Außenhaut gegen alle Witterungseinflüsse.

Bessere Dämmstoffe für das Passivhaus

Mineralwolle, PU-Schaum oder Schaumglas. Wissenschaftler erforschen ihre Eigenschaften und kreieren immer neue Dämmstoffe, die noch dünner sind und dennoch besser dämmen. Beispiel: Eine Platte aus Kieselsäure wird in eine Hülle gesteckt und vakuumiert.

"Ich könnte mir vorstellen, dass die Dämmstoffe der Zukunft solche Vakuumpaneele sind oder ähnliche Stoffe, weil sie sehr gute Wärmedämmeigenschaften aufweisen bei sehr geringer Schichtdicke hervorragend dämmen und vielfältig verwendbar sind....Dämmestoffe werden am Bau verwendet in einer rauen Umgebung. Sie müssen mechanisch stabil sein, und einen gewissen Brandschutz bieten, und dürfen nicht zu viel Wasser aufnehmen."

Christoph Sprengard, Forschungsinstitut für Wärmeschutz, München


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