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Campus Reportage Werte leben – Erziehung in der Schule

In einer zunehmend pluraler und komplexer werdenden Welt verlangen Eltern immer stärker nach einer klaren Orientierung für ihre Kinder. Wie können in der Schule Werte vermitteln werden?

Von: Friederike Kühn

Stand: 15.05.2020

Campus Reportage: Werte leben – Erziehung in der Schule

Wertevermittlung ist „in“, auch die christlichen Werte stehen nach wie vor hoch im Kurs. Konfessionelle Schulen wie die Pater Rupert Mayer-Volksschule in Pullach bei München erleben großen Zulauf. An der staatlich anerkannten Privatschule der Erzdiözese München-Freising wird die Wissensvermittlung von einer christlichen Erziehung begleitet. Zusammen mit ihrem Lehrer bereiten die Schüler der Klasse 2a einen Schulgottesdienst vor. Indem sie die Geschichte des Heiligen Franz von Assisi darstellen, lernen die Kinder spielerisch das christliche Prinzip der Nächstenliebe kennen. Doch auch einfache Regeln des Zusammenlebens werden hier eingeübt.

Das Projekt „Aufgeschaut“ von der Münchner Polizei ist wiederkehrendes Element im Klassenunterricht. In Form von Rollenspielen erfahren die Grundschüler, was es heißt, ausgegrenzt zu werden oder sie lernen, wo Gewalt eigentlich beginnt. „Viele Kinder kommen heute aus Ein-Kind-Familien, sie haben keine Geschwister, deshalb mangelt es ihnen oft an Einfühlungsvermögen und Empathie“, so der ehemalige Direktor Karl Hohenester.  

Ein-Kind-Familien, zerbrochene Familienstrukturen, berufstätige Eltern, die wenig Zeit haben, Migranten – die Schulen müssen auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren. Basisarbeit in Sachen Erziehung betreibt auch die Grundschule an der Führichstraße in München-Ramersdorf. Mit einem Ausländeranteil von rund 60 % und Schülern, die aus ganz unterschiedlichen kulturellen Kontexten kommen, braucht die Grundschule einfache und klare Regeln des Zusammenlebens. Das Lehrerkollegium hat sich Gedanken gemacht und vier Grundregeln aufgestellt, die an Projekttagen spielerisch oder künstlerisch von den Kindern dargestellt und auf diese Weise internalisiert werden. Alle vier Wochen überlegen sich die Schüler ein neues Schulmotto und diejenige Klasse, die sich am besten benimmt, wird am Ende auf einer Schulversammlung prämiert. So haben die Kinder Spass daran, sozial verantwortliches Verhalten einzuüben. Darüber hinaus werden Drittklässler ausgebildet, bei kleineren Streitigkeiten auf dem Pausenhof zu vermitteln. Dabei lernen die Kleinen, Konflikte durch Kommunikation zu lösen.

Klare Verhaltensregeln zu geben funktioniert bei Kleinkindern; bei Jugendlichen muss Erziehung anders angegangen werden. „Wir schaffen Situationen, wo Schüler sich für Werte entscheiden können und in diesem Entscheidungsprozeß Werte übernehmen“, so Direktor Josef Parsch vom Gymnasium Starnberg. Die Schüler haben viele Freiräume, sich innerhalb der Schule zu engagieren. Ältere Schüler helfen jüngeren beim Lernen, sind Ansprechpartner und vermitteln im Konfliktfall zwischen Schülern und Lehrer. Neben den so genannten Tutoren gibt es zahlreiche Arbeitsgruppen, die teilweise von den Schülern selbst organisiert und geleitet werden. In der Ersten Hilfe-Gruppe etwa bilden sich die Schüler selbständig fort, schreiben Dienstpläne und leisten bei Unfällen Erste Hilfe. Andere Schüler unterstützen die Lehrer freiwillig bei der Pausenaufsicht oder helfen in der Schulbibliothek als Bibliotheksassistentinnen mit. Indem die Schüler Verantwortung übernehmen geraten sie automatisch in eine Vorbildrolle und gewinnen ein anderes Verhältnis zu ihrer Schule, die nicht mehr nur als notwendig empfunden sondern als Lebensraum entdeckt wird.

Erziehung muss auch auf die vielen Einflüsse berücksichtigen, die heute von außen auf die Kinder und Jugendlichen einströmen. Ein großes Thema sind hierbei die Medien. Kinder von berufstätigen Eltern sind oft alleine zu Hause und haben unkontrollierten Zugang zu Fernsehen, Internet oder Computerspielen. Sie verlieren sich leicht in diesen virtuellen Welten und gelangen zudem an höchst problematische Inhalte wie Gewaltvideos oder Pornos, die nicht für ihr Alter bestimmt sind. Zumal die Kinder und Jugendlichen in der Regel wesentlich Medien affiner und technisch versierter sind als ihre Eltern oder Lehrer. Doris Sippel, Lehrerin an der Hauptschule in Immenstadt, ist eine von zahlreichen Medienpädagogisch-Informationstechnischen Beratern (MiBs) an bayerischen Schulen. Sie hat eine Zusatzausbildung und schult ihre Kollegen, damit diese medientechnisch auf dem gleichen Stand sind wie ihre Schüler. Nur wenn die Lehrer die Medienwelten kennen, in denen sich ihre Schüler bewegen, können sie die Jugendlichen auf potentielle Gefahren aufmerksam machen und werden von ihnen auch ernst genommen. An der Hauptschule in Immenstadt bemüht man sich intensiv darum, die Schüler über die Gefahren aufzuklären - eine Arbeit, die eigentlich auch Sache der Eltern wäre. „Viele Eltern interessieren sich gar nicht dafür, was ihre Kinder da so machen“, weiß Doris Sippel. Ein Riesenproblem: Computerspiel- oder Internetsucht sind häufige Phänomene. Medienerziehung ist deshalb im Lehrplan der Schulen unverzichtbar.


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