Exzellentes Studieren Studiert sich's mit Elite-Stempel leichter?
Von der Exzellenz-Initiative profitiere auch die Lehre, hieß es zu Beginn der Initiative. Durch bessere Professoren, zusätzliches Personal und forschungsnahe Seminare. Das ist richtig – gilt aber nur für sehr wenige Studenten.
Er ist sichtlich stolz. Michael Beetz sitzt in einem dunklen Kellerraum der Physik, einen zwei Meter hohen runden Turm vor sich, in dessen Innerem Kabel in allen erdenklichen Farben in die Höhe wuchern. Es ist die neueste Investition am Exzellenz-Cluster "Nanosystems Initiative Munich" (NIM). Ein Elektronentransmissionsmikroskop, finanziert aus Exzellenz-Mitteln. Für Michael Beetz, der gerade seinen Master am NIM macht, eine Riesen-Chance: "Ich kann hier sogar Atomstrukturen sichtbar machen", sagt er, und schwärmt von der Detailgenauigkeit des Stahl- und Kabel-Riesens.
Michael Beetz ist eindeutig einer der Profiteure der Exzellenz-Initiative. Am NIM profitiert er von interdisziplinären Veranstaltungen, guten Verbindungen zur internationalen Forschung und einer top Ausstattung. Aber nur die wenigsten der bundesweit rund 375.000 Studenten an Exzellenz-Unis arbeiten in einer Cluster-Forschungsgruppe oder promovieren an einer geförderten Graduate-School.
Überfüllte Seminare, schlechte Ausstattung
Die meisten studieren einfach: in Seminaren, Vorlesungen, Laboren und Bibliotheken. Auch Michael Beetz hat seinen Bachelor an der Elite-Uni München gemacht, in überfüllten Seminaren und mit zum Teil schlechter Ausstattung. "Die Lehre geht eben immer etwas unter", sagt er.
Tatsächlich ging es in der Exzellenz-Initiative nur indirekt um die breite Masse der Studierenden, erst in der dritten Förderrunde wurde die Lehre miteinbezogen. Exzellenz heißt also nicht nur, dass Unis mit Auszeichnung von denen ohne unterschieden werden. Innerhalb einer Uni gibt es Exzellenz-Profiteure und solche, die bestenfalls indirekt in den Genuss der versprochenen "Elite-Uni" kommen. Die Milliarden aus der Exzellenz-Initiative flossen in die Forschung, die Lehre blieb bisher außen vor.
Studenten an Exzellenz-Unis sind nicht automatisch zufriedener
Das große Versprechen der Exzellenz-Initiative lautete damals: Die Exzellenz strahlt auf die Lehre ab. Kritiker warnten dagegen: Wenn Professoren in der Forschung gebunden sind, leidet die Lehre; kleine, nicht förderbare Studiengänge würden verschwinden.
Nachweisen ließ sich bis jetzt weder das eine, noch das andere: Eine Studie des "Centrum für Hochschulentwicklung" (CHE) aus dem Jahr 2012, also nach der zweiten Exzellenz-Runde, kam zu dem Ergebnis, dass Studenten an Exzellenz-Unis nicht unbedingt zufriedener sind als ihre Kommilitonen an anderen Unis. Nur in Mathematik stieg die Zahl der Studenten an Elite-Unis, die mit der Studiensituation überdurchschnittlich zufrieden waren. An nicht exzellenten Unis waren die Studenten in drei Fächern (Romanistik, Anglistik, Informatik) sogar zufriedener. In sechs Fächern (Biologie, Chemie, Physik, Anglistik, Informatik, Romanistik) gaben die Studenten den Elite-Unis sogar schlechtere Noten als in der Befragung zuvor.
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Michael Beetz scheint da eine Ausnahme zu sein, aber er studiert ja auch inmitten von internationalen Wissenschaftlern und neuester Technik an einem Exzellenz-Cluster. Die Wissenschaft sei eben das Sichtbare, sagt er, und wenn die Lehre so schlecht wäre, stünde er jetzt nicht hier. Prinzipiell würde er sich trotzdem wünschen "dass die Lehre auch ein bisschen mehr gefördert wird. Das ist schon wichtig". Und davon hätten auch alle etwas.