Campus Reportage Tramprennen - Quer durch halb Europa
Eine Route quer durch Europa: Von Immenstaad am Bodensee nach Omarë in Albanien. Wie ist es, Leute nach dem Weg zu fragen, ohne bosnisch zu sprechen? Kann man auch auf Schiffen trampen? Die Campus Magazin-Reportage über das große Tramprennen.
Eingequetscht auf Rücksitzen, Rumstehen in der prallen Sonne, Gepäck durch die Gegend schleppen und dabei nie richtig ankommen, für rund 170 junge Menschen ist das Lebensphilosophie: Sie sind Tramper. Einmal im Jahr gehen sie auf große Fahrt quer durch Europa. Sie steigen bei fremden Menschen ins Auto, und weil das noch nicht spannend genug ist, wird die Reise jedes Jahr als Rennen inszeniert.
Griechenland, Spanien, die Ziele sind dort, wo es schön, warm und ein für den durchschnittlichen mitteleuropäischen Studenten ein kleines bisschen exotisch ist. 2015 ging es nach Nordalbanien: 1.500 Kilometer, für die die Tramper in Zweier- oder Dreierteams rund zwei Wochen Zeit hatten. Mitmachen kann dabei jeder, ob jung oder alt.
Die Regeln
1) Jeder darf mitfahren. Außer Leute unter 18.
2) In jedem Team fahren mindestens ein Mann und eine Frau.
3) Jede Route ist erlaubt, nur die Zwischenziele sind festgelegt.
4) Geld bezahlen, um mitzufahren, ist nicht.
5) Wer zu zweit losfährt, muss zu zweit ankommen. Wer zu dritt losfährt, zu dritt.
Trampen ist umweltfreundlich und günstig. Vor allem aber fasziniert diese Art zu reisen. Einer, der das erste Mal bei einem Tramprennen mitgemacht hat, ist der 21-jährige Vincent. Er studiert Sozialwissenschaft in Augsburg.
"Eigentlich ist Trampen total bescheuert heutzutage. Aber, es ist irgendwie noch Abenteuer. Man kommt an Orte, die man vorher nicht geplant hat und man trifft Leute, mit denen man sich nicht unterhalten hätte."
Vincent, Teilnehmer
Die Organisation
Spontaneität und Überraschungen haben ihren festen Platz beim Tramprennen. Kaum etwas wird geplant, nur die Zwischenziele sind festgelegt. Dort treffen sich die Teams nach jeder Etappe. Vorgebuchte Hostels warten nicht auf sie. Übernachtungsmöglichkeiten werden spontan organisiert, vom Campingplatz ohne fließendes Wasser bis zum besetzten Haus in einer slowenischen Kleinstadt. Hinter dem Tramprennen steht eine kleine Gruppe engagierter Studenten. Die Gruppe stemmt das Rennen jetzt schon seit acht Jahren mit wachsendem Erfolg.
"Ich glaube, du brauchst für so ein Projekt vier oder fünf Leute, die einfach sagen: erst das Tramprennen und dann die Uni"
Marco, Lehramtsstudent und Mitorganisator
Die Geschichte
Entwickelt hat sich das Tramprennen aus einer kleinen, privaten Spaßaktion. Zwei leidenschaftliche Tramper hatten auf ihrer Reise an verschiedenen Orten immer wieder dieselben anderen Tramper getroffen. Aus den zufälligen Treffen wurde das erste Wettrennen. Heute begeistert es hunderte Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und sogar aus Übersee.
Soziales Engagement
Mit ihrer Teilnahme unterstützen die Tramper die Flüchtlingsinitiative Pro Asyl und Viva con Agua, eine Organisation, die sich für die weltweite Versorgung mit sauberem und erschwinglichem Trinkwasser einsetzt. Auf der Reise verteilen die Teams Flyer an ihre Mitfahrgelegenheiten und sammeln so Spenden: nicht für die eigene Reisekasse, sondern für den guten Zweck.