Kastanienbäume Warum die Bäume heuer weniger bedroht sind
Ein Biergarten ohne Kastienbaum ist kaum vorstellbar. Doch Miniermotte, Bakterien und der Klimawandel haben den Bäumen in den vergangenen Jahren stark zugesetzt. Dieses Jahr ist das anders. Warum das so ist und mehr zu den Gefahren für die Bäume.
In den vergangenen Jahren hieß es immer wieder: Den Kastanienbäumen geht es schlecht. Doch dieses Jahr scheinen sie endlos zu blühen. Laut Experten wie Klaus Körber, Leiter des Sachgebiets Obstbau und Baumschule an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim, liegt das an dem in diesem Jahr ungewöhnlich kalten und verregneten Monat Mai. Von einer langfristigen Erholung der Bäume kann allerdings keine Rede sein. Denn nach wie vor sind die besonders in Biergärten beliebten schattenspendenden Kastanienbäume zahlreichen Gefahren ausgesetzt.
Kastanienbäume und die Rolle des Klimawandels
Der Mai 2021 war kalt und verregnet wie lange nicht mehr. Gut für Kastanienbäume. Denn je mehr Wasser die Bäume bekommen, umso mehr treiben sie aus. Viele grüne Blätter können bei feuchter Witterung viel Photosynthese betreiben, bei der sie unter anderem Kohlenstoffdioxid und Wasser in Zucker umwandeln. Und viel Zucker heißt für die Bäume viel Wachstumsenergie - Wachstumsenergie für viele Blüten. Genau diese extra Portion Energie lässt die Kastaniernbäume dieses Jahr stärker blühen als in den vergangenen Jahren.
"In den letzten 20 Jahren waren häufig sehr heiße April- und Maimonate. Und das bedeutet für den Baum immer Stress. Und dann ist die Blüte einfach kürzer, weil die Energie fehlt, um relativ lange zu blühen, aber auch, weil durch die heißen Temperaturen die Blüten einfach schneller abblühen."
Klaus Körber, Leiter des Sachgebiets Obstbau und Baumschule an der LWG
Die Miniermotte und warum sie Kastanien bedrohen
Neben der Blütenpracht haben die niedrigen Temperaturen und die feuchte Witterung für die Kastanienbäume einen weiteren Vorteil: Mit vollen Energiespeichern ist besonders die weiße Kastanie, auch als Gewöhnliche Rosskastanie bekannt, gut gewappnet gegen die Miniermotte - ein Falter, der ursprünglich aus dem Balkan stammt und erst vor 30 Jahren nach Bayern eingewandert ist. Das Insekt ist für Kastanienbäume eine Gefahr, denn sobald es warm wird, legen die Tierchen ihre Eier in die Blätter der Bäume. Die geschlüpften Raupen fressen sich dann durch die Blätter der Kastanienbäume, wodurch sich die Blätter braun verfärben und später abfallen.
Bei kühleren Temperaturen, wie im Mai 2021, "wird das Ganze ein bisschen zurückgehalten", wie Experte Körber von der LWG sagt. Statt drei Generationen produziert die Miniermotte dieses Jahr vielleicht nur zwei, hofft er. Und das würde den Kastanienbäumen nach Ansicht Körbers extrem helfen.
Hoffnung für die Kastanienbäume: Die Gegenspieler der Miniermotte
Ein weiterer Hoffnungsschimmer für die Kastanienbäume ist das Auftreten von natürlichen Feinden der Miniermotte. Jahrelang hatte das eingewanderte, gefräßige Insekt, das den Kastanienbäumen so schadet, keine natürlichen Fressfeinde. Inzwischen haben Meisen die Raupen aber als Futter entdeckt. Und seit einiger Zeit legen Schlupfwespen ihre Eier in die Raupen.
"Es gibt Zahlen, dass bis zu 20 Prozent von Miniermotten durch die Schlupfwespe befallen werden können. Und die sind dann einfach tot. Deshalb ist unsere Hoffnung, dass sich in Zukunft natürliche Gegenspieler verstärkt einstellen und das Ganze so auf natürliche Art und Weise reduziert wird."
Klaus Körber, Leiter des Sachgebiets Obstbau und Baumschule an der LWG
Pseudomonas-Rindenkrankheit: Warum sie für Kastanien gefährlich ist
Aufquillender Baumstamm eines Kastanienbaums aufgrund des Befalls mit dem Bakterium Pseudomonas syringae pavia aesculi.
Aber nicht nur die Miniermotte bedroht die Kastanien. Alle rot- und weißblühenden Kastanien können eine Krankheit bekommen, die für die Bäume oft zum Verhängnis wird. Die Pseudomonas-Rindenkrankheit, ausgelöst durch ein Bakterium namens pseudomonas syringae pv. aesculi. Mögliche Folgen für die Bäume: Ihr Stamm platzt auf, Schleim fließt heraus, Blätter werden fahl, Äste vertrocknen, die Bäume werden brüchig.
Erstmals 2002 an einem Baum in den Niederlanden entdeckt, ist die Erkrankung inzwischen in vielen Teilen Deutschlands angekommen. Ein erster Nachweis des Erregers wurde 2007 an einem Baum in Hamburg erbracht. Seitdem hat sich das Bakterium hierzulande vor allem auf Bäumen in Nord- und Westdeutschland ausgebreitet.
Pseudomonas-Rindenkrankheit: Kastanienbäume in Bayern nur selten betroffen
In Bayern waren bisher allerdings nur wenige Kastanienbäume von dem schädlichen Bakterium, das die Pseudomonas-Rindenkrankheit auslöst, befallen. Grund dafür ist ausgerechnet die Trockenheit in Bayern.
"Pseudomonas liebt Wärme und Feuchtigkeit, und meine Hoffnung ist, dass es bei uns schlichtweg zu trocken für eine größere Ausbreitung [des Bakteriums] ist."
Klaus Körber, Leiter des Sachgebiets Obstbau und Baumschule an der LWG
Gibt eine amerikanische Kastanienart Hoffnung?
Aber nur hoffen auf das richtige Klima, durch das Kastanienbäume überleben können, will der Baumexperte nicht. Schon lange sucht er deshalb nach Alternativen für die bei uns heimischen, aber vielen Gefahren ausgesetzten Kastanienarten. Und Körber scheint fündig geworden zu sein. Eine amerikanische Kastanienart könnte die Lösung des Problems sein - damit trotz Miniermotten und Pseudomonas-Bakterium auch künftig noch viele Kastanienbäume Schatten vor allem in unseren Biergärten spenden.
Ob das allerdings mit der amerikanischen Gelben Rosskastanie klappt, ist fraglich. "Die gelben Kastanien werden im Schnitt bis jetzt von der Miniermotte etwas weniger befallen. Das sieht also wirklich im direkten Vergleich besser aus", sagt Klaus Körber. Aber inwieweit die amerikanische Kastanienart besser gegen den gefährlichen Auslöser der Pseudomonas-Rindenkrankheit gewappnet ist, kann Körber noch nicht sagen. Dazu brauche er noch mehr Beobachtungszeit.
Sicher ist allerdings: Was allen Kastanienbäumen - ob in Deutschland heimisch oder nicht - schadet, sind zugepflasterte Straßen. Die Bäume kommen dadurch schlecht an Wasser. Und im Winter kann zudem noch das Streusalz auf den Straßen die Wurzeln der Bäume angreifen.