26 Jahre "Zwei-plus-Vier-Vertrag" Geburt des geeinten Deutschlands
Zwei plus vier = eins. Mathematisch geht diese Rechnung nicht auf, politisch schon. Vor 26 Jahren haben die Bundesrepublik und die DDR mit den vier alliierten Mächten die Geburt des geeinten Deutschland besiegelt. Der "Zwei-plus-Vier Vertrag" ist bis heute aktuell.
"Guten Abend meine Damen und Herren, 45 Jahre nach Kriegsende ist der Weg Deutschlands in die Einheit und zur vollen Souveränität seit heute frei und besiegelt."
Tageschau, 12.09.1990
Es ist der 12. September 1990 als die Nachrichtensprecherin Eva Herman von der historischen Unterzeichnung in Moskau berichtet.
Ein Tag, der in die Geschichte einging.
Die vier alliierten Mächte gaben Deutschland seine volle Souveränität zurück. Der Weg zur Wiedervereinigung war damit frei. Dementsprechend euphorisch trat Außenminister Hans-Dietrich Genscher vor die Mikrofone.
"Es schließt sich der Kreis, Deutsche haben in einer Demokratie zum letzten Mal im Januar 1933 zusammengelebt und jetzt werden wir am 3. Oktober wieder einen demokratischen Staat für alle Deutschen haben."
Außenminister Hans-Dietrich Genscher
Mit dem 2+4-Vertrag bekannte sich Deutschland auch nach der Wiedervereinigung zu den bisherigen Landesgrenzen, besonders die Oder-Neiße-Grenze war bis dato umstritten. Gleichzeitig wurde die Armeestärke der Bundesrepublik von 500.000 auf 370.000 Mann reduziert. Und: alle verbliebenen ausländischen Truppen, vor allem die der Sowjetunion, mussten Deutschland verlassen. Ein Streitpunkt der Verhandlungen in Moskau war die freie Bündniswahl Deutschlands.
Sowjetunion gegen NATO-Mitgliedschaft
Die Sowjetunion unter Präsident Michael Gorbatschow hatte Vorbehalte gegenüber einem wiedervereinigten Deutschland als NATO-Land. Doch der Widerstand war zwecklos, zu schnell näherten sich die Politiker der Bundesrepublik und der DDR an. Der damalige außenpolitische Berater von Bundeskanzler Kohl, Horst Teltschik, der an vielen Gesprächen und Verhandlungen beteiligt war, erinnert sich:
"Ich weiß von einem ehemaligen Politbüro-Mitglied aus Moskau, das mir einmal gesagt hat, die Entscheidungen innerhalb der Bundesregierung und dem Westen sind so schnell aufeinander gefolgt, dass die Thinktanks in Moskau nicht die Zeit hatten, die jeweiligen Schritte zu analysieren und zu bewerten und dann kam schon die nächste Entscheidung. Ich hab mir damals gedacht: zum Glück war das so."
Horst Teltschik
Auch im Westen gab es Vorbehalte gegenüber einem souveränen deutschen Staat. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher beäugte die Wiedervereinigung bis zuletzt kritisch und versuchte, das 2+4-Abkommen zu verzögern.
"Sie ist ja mal soweit gegangen, dass sie in einem Meeting, nicht mit uns sondern in England, gesagt hat: 'Deutschland war gut für zwei Weltkriege, Deutschland ist auch gut für einen dritten Weltkrieg.' Ihr Außenminister Douglas Shirt war positiv und am Ende hat sich das in Wohlgefallen aufgelöst."
Horst Teltschik
Kein Friedensvertrag
Dass der 2+4-Vertrag damals nicht offiziell "Friedensvertrag" genannt wurde, war übrigens kein Zufall. Denn mit einem offiziellen "Friedensvertrag" wären alte Forderungen aus dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgerollt geworden, erklärt Teltschik.
"Jetzt können Sie sich vorstellen, was das im Ergebnis gewesen wäre, mit über 50 Staaten einzelne Verhandlungen zu führen, nicht? Und bei einer Vielzahl wäre die Frage nach Reparationen hochgekommen, nicht? Das wollte die Bundesregierung von Anfang an verhindern."
Horst Teltschik
Ob Friedensvertrag oder nicht. Am Ende hat der 2+4-Vertrag dazu beigetragen, dass die einstigen Erzfeinde USA und die Sowjetunion aufeinander zugingen und Zeuge einer friedlichen Revolution in Deutschland wurden.