Sicherheitsdebatte nach Gewalttaten Streit um Bundeswehr-Einsatz
Der Amoklauf im Münchner OEZ hat eine Sicherheitsdebatte ausgelöst: Bayerns Innenminister Herrmann will die Bundeswehr in Extremfällen grundsätzlich auch im Inneren einsetzen - ein Vorschlag, den die SPD entschieden zurückweist. Auch eine Verschärfung des Waffenrechts wird diskutiert.
Während des Amoklaufs in München ist auch der Einsatz der Bundeswehr erwogen worden. Das haben Bundesverteidigungsministerin von der Leyen und Bundesinnenminister de Maizière der ARD bestätigt. Danach waren Militärpolizisten bereits in Alarmbereitschaft versetzt worden.
Herrmann für Einsätze im Inneren
Bayerns Innenminister Herrmann will die Streitkräfte in Extremfällen grundsätzlich auch im Innern einsetzen. Vorbehalte dagegen seien überholt. Im Bayerischen Rundfunk betonte der CSU-Politiker, die Bürger erwarteten einen starken Staat.
Bisher darf die Bundeswehr im Innern der Polizei nur Amtshilfe leisten, jedoch nicht selbstständig tätig werden - eine Konsequenz aus der leidvollen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts.
SPD ist verärgert
Die SPD hat mit heftigem Widerstand gegen diesen Vorstoß reagiert. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat diese Forderung entschieden zurückgewiesen. Die Polizei sei sehr wohl in der Lage gewesen, die Situation zu meistern. Er empfahl, Grundsätze des Grundgesetzes nicht leichtfertig über Bord zu werfen. Der Einsatz der Bundeswehr im Inneren sei in solchen Situationen nicht vorgesehen, und so solle es auch bleiben. "Will Bayern künftig Kampftruppen einsetzen?", fragte Pistorius. "Und gegen wen?"
"Kein billiger Jakob"
Auch Johannes Kahrs, stellvertretender Vorsitzende des Sicherheitsausschusses, hält nichts von Herrmanns Plänen. Er selbst sei Oberst der Reserve und wisse daher, dass die Bundeswehr nicht für einen Einsatz im Inneren ausgebildet und ausgerüstet sei, sagte Kahrs am Morgen in der radiowelt auf Bayern2. Auch schärfere Waffengesetze lehnt der SPD-Politiker ab. Deutschland hätte mit die schärfsten Waffengesetze Europas. Wichtig sei vielmehr, gegen den illegalen Waffenhandel vorzugehen.
"Ich glaube, dass man die Bundeswehr bei Katastrophenfällen im Inneren einsetzen kann. Aber ich glaube nicht, dass es langfristig sinnvoll ist, eine Debatte darüber zu führen, dass die Bundeswehr im Notfall aushelfen können sollte, weil das für viele Politiker nur der billige Jakob ist."
Johannes Kahrs, stellvertretender Vorsitzende des Sicherheitsausschusses
Verschärfung des Waffenrechts?
Bundesinnenminister de Maizière dagegen will prüfen lassen, ob das Waffenrecht verschärft werden muss. De Maizière betonte allerdings ebenfalls, dass die deutschen Waffengesetze jetzt schon sehr streng seien.
SPD-Chef Gabriel sprach sich dafür aus, den Zugang zu Schusswaffen zu begrenzen und streng zu kontrollieren. Er sagte der "Funke"-Mediengruppe, ein labiler oder sogar psychisch kranker 18-Jähriger dürfe nicht in ihren Besitz kommen. Der SPD-Politiker sagte zudem, Staat und Gesellschaft müssten bei psychisch instabilen Menschen "hinsehen und intervenieren - gerade bei Jugendlichen".
Rucksackverbot auf der Wiesn?
Dieter Reiter, Oberbürgermeister von München, denkt angesichts des Amoklaufes über Konsequenzen für das Oktober nach. Man könne Taschen- und Rucksackkontrollen sicherlich noch intensivieren. Dies sagte Reiter der "radioWelt am Morgen"des Bayerischen Rundfunks.
Mehr Polizeipräsenz in Rosenheim
Rosenheims Polizeipräsident Robert Kopp setzt auf mehr Sichtbarkeit: Er will die Sicherheit für die Bürger durch mehr uniformierte Polizeipräsenz in der Öffentlichkeit, etwa im Streifendienst, noch greifbarer machen. Öffentliche Veranstaltungen sollen angemessen von der Polizei betreut werden. Es sei wichtig, die richtigen Prioritäten zu setzen und dazu gehöre auch der Mut, weniger wichtige Dinge temporär zurückzustellen, um noch näher am Sicherheitsempfinden der Menschen zu sein.