Festgenommener Terrorverdächtiger "Es war fünf vor Zwölf"
Der in Leipzig festgenommene Syrer sollte offenbar im Auftrag des "IS" die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland angreifen. Verfassungsschutzpräsident Maaßen nach gibt es viele Hinweise auf Anschlagsplanungen in Deutschland – aber keinen in dieser Dimension.

Der Verfassungsschutz habe einen Anschlag verhindert; es sei fünf vor zwölf gewesen, der Inlandsgeheimdienst habe alles richtig gemacht. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zufolge hatte der Verfassungsschutz nachrichtendienstliche Hinweise darauf, dass der Mann zunächst Züge angreifen wollte. Zuletzt habe er die Berliner Flughäfen im Visier gehabt.
Maaßen sagt, der Verfassungsschutz sei dem Terror-Verdächtigen am vergangenen Donnerstag auf die Spur gekommen, habe ihn dann rund um die Uhr observiert – und dabei festgestellt, dass er in einem Ein-Euro-Shop Heißkleber kaufte. Dies sei vermutlich die letzte noch notwendige Chemikalie für den Bombenbau gewesen. Jetzt ermittelt in dem Fall die Bundesanwaltschaft. Sie will unter anderem herausfinden, ob der Terrorverdächtige tatsächlich im Auftrag des IS handelte.
Terrorverdächtiger wollte sich freikaufen
Der Courage von syrischen Flüchtlingen ist es zu verdanken, dass der mutmaßliche Bombenbauer gefasst ist und seine Terrorpläne nicht mehr umsetzen konnte. "Er versuchte, sich freizukaufen", sagte Mohammed A. gegenüber der "Bild". Von 1.200 Dollar ist die Rede. Der syrische Flüchtling hatte zusammen mit einem Landmann den gesuchten Dschaber al-Bakr dingfest gemacht. Der Schilderung zufolge, hatte Al-Bakr in einem Forum gepostet, dass er eine Unterkunft brauche. Mohammed A. sei dann mit einem Freund zum Leipziger Hauptbahnhof gefahren, um ihn abzuholen. Dann bemerkten sie, wen sie da mitgenommen hatten. Sie fesselten den Mann mit einem Verlängerungskabel. Ein erster Anruf bei der Polizei scheiterte an Verständigungsproblemen. Dann ging Mohammed A. mit einem Foto zur Polizei. Die brauchte den mutmaßlichen IS-Terroristen nur noch abholen.
Anschlag auf Berliner Flughafen geplant
Gefesselt auf dem Sofa in einer Wohnung im Leipziger Stadtteil Paunsdorf saß wahrscheinlich ein äußerst gefährlicher Islamist. "Wir hatten Hinweise - nachrichtendienstliche Hinweise -, dass er zunächst einmal Züge in Deutschland angreifen wollte. Zuletzt konkretisierte sich dies mit Blick auf Flughäfen in Berlin", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen der ARD. Seine Behörde habe Anfang September "aus nachrichtendienstlichem Aufkommen" einen Hinweis erhalten, dass die Organisation Islamischer Staat (IS) in Deutschland einen Terroranschlag gegen Infrastruktur plane. Bis letzten Donnerstag wurde fieberhaft ermittelt, um den Täter zu identifizieren.
Vorgehensweise und Verhalten des Mannes sprächen für einen "IS-Kontext", sagte der Leiter des LKA Sachsen. Der 22-Jährige habe an einem "Sprengsatz möglicherweise in Form einer Sprengstoffweste" gearbeitet.
Über mehrere Tage hinweg hatten Ermittler einen mutmaßlichen Bombenbauer im sächsischen Chemnitz observiert. Als die Polizisten am Samstag zugreifen wollten, gelang ihm die Flucht. An dem Großeinsatz am Wochenende im Chemnitzer Plattenbau-Viertel waren zeitweise mehrere hundert Polizisten beteiligt. Inzwischen wurde Haftbefehl gegen den Mann erlassen.
500 Gramm gemischter Sprengstoff
In der Wohnung waren etwa 500 Gramm bereits gemischter Sprengstoff und etwa ein weiteres Kilo Chemikalien, die zum Bombenbau geeignet sind. Außerdem stellte die Polizei Zünder und Teile sicher. Einem Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR zufolge stand der Mann offenbar über das Internet in Verbindung mit dem IS. Ein am Wochenende in Chemnitz festgenommener mutmaßlicher Komplize des Terrorverdächtigen aus Syrien wurde in Untersuchungshaft genommen. Gegen den Landsmann des 22-Jährigen wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Dresden Haftbefehl wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erlassen.
Strengere Kontrollen von Flüchtlingen gefordert
Nach der Festnahme diskutiert die Politik über Konsequenzen. Der Städte- und Gemeindebund hat von den Sicherheitsbehörden mehr Anstrengungen gefordert, damit diese eine Radikalisierung von Flüchtlingen möglichst früh erkennen. Geschäftsführer Landsberg sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", der beste Zeitpunkt dafür wäre, wenn der Asylantrag gestellt wird. Bei den Polizeibehörden müssten zudem sogenannte Präventionszentren eingerichtet werden. - Der CSU-Innenpolitiker Uhl hat verlangt, die Kompetenzen der Geheimdienste zu erweitern. Jeder Asylbewerber müsse mit allen international verfügbaren Datenbanken über Terrorverdächtige abgeglichen werden, auf die der Bundesnachrichtendienst Zugriff hat, so Uhl in der Zeitung "Die Welt".
CDU-Politiker Mayer fordert neuen Haftgrund für Gefährder
Der Hinweis auf die Gefährlichkeit des Mannes ist laut dem innenpolitischen Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Stephan Mayer (CSU), "offenbar" von einem "befreundeten" ausländischen Nachrichtendienst gekommen. Mayer warnte vor einer Überforderung der Sicherheitsbehörden bei der Überwachung der nach seien Angaben rund 500 bekannten sogenannten islamistischen Gefährder in Deutschland. Um einen Verdächtigen rund um die Uhr lückenlos zu beobachten, seien 24 bis 30 Beamte nötig, sagte der Innenpolitiker. Dies sei schlichtweg nicht machbar.
Mayer forderte mehr Personal für den Verfassungsschutz auf Bundes- und Länderebene und unterstützte die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erhobene Forderung nach der Schaffung eines neuen Haftgrunds im deutschen Strafrecht namens "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung". Dieser würde es erlauben, bekannte Gefährder präventiv und frühzeitig in Haft zu nehmen. SPD-Fraktionsvize Eva Högl äußerte rechtsstaatliche Bedenken. Man können auch mit mehr Personal und mit akustischer Überwachung das Risiko minimieren.
Terrorverdächtiger reiste über bayerische Landesgrenze ein
Innenminister Joachim Herrmann bestätigte im Bayerischen Fernsehen, dass der junge Syrer im Februar 2015 über die bayerische Landesgrenze gekommen ist: "Nach Informationen der Bundespolizei und der sächsischen Polizei ist der Mann im Frühjahr 2015 über die bayerische Landesgrenze eingereist, ist wohl auch von der Bundespolizei registriert worden und dann in die deutschlandweite Flüchtlingsverteilung gekommen", so Herrmann in der Rundschau.
Seit wann der sächsische Verfassungsschutz den Terrorverdächtigen ins Visier genommen hat, sei derzeit noch nicht bekannt.
"Im Moment ist noch kein besonderer bayerischer Bezug für die Ermittlungen erkenntlich."
Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister, in der BR-Rundschau
Ob der junge Mann "schon mit Terrorabsichten in unser Land kam oder erst in Deutschland radikalisiert worden ist", sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt ebenfalls noch nicht bekannt. "Hier werden wir mit Sicherheit in den nächsten Tagen nähere Erkenntnisse von den sächsischen Behörden erhalten", so der Innenminister.
(angereichert mit dpa-Informationen)
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thorie, Dienstag, 11.Oktober 2016, 10:15 Uhr
41. "reife" leistung!!
zitat maaßen: Maaßen sagt, der Verfassungsschutz sei dem Terror-Verdächtigen am vergangenen Donnerstag auf die Spur gekommen, habe ihn dann rund um die Uhr observiert –
ok--rund um die uhr!!!
beim zugriff waren über 100 polizisten dabei-----und er konnte flüchten!!
und die lassen sich jetzt auch noch feiern!
Antwort von wm, Dienstag, 11.Oktober, 11:35 Uhr anzeigen
@thorie
Man sei zur Schußabgabe auf den flüchtenden Verdächtigen bereit gewesen.
Um Unbeteiligte nicht zu gefährden habe man davon Abstand genommen.
Oliver S., Dienstag, 11.Oktober 2016, 10:14 Uhr
40.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen sofortigem Stopp der Aufnahme von Flüchtlingen und weiter machen, wenn ich mir insbesondere das Leid der Kinder anschaue. Aber vielleicht müssen wir zu unserem eigenen Schutz, das deutlich reduzieren. Warum sollen letztlich unsere Landsleute unsere Nettigkeit mit dem Leben und der Gesundheit bezahlen? Vielleicht wäre es eine Lösung, den Zuzug von Flüchtlingen auf Familien mit Kindern zu beschränken. Davon geht - trotz Nizza - m.E. weitaus weniger Gefahr aus. Ich habe ein Problem damit, dass offenbar überwiegend junge Männer zu uns flüchten.
Das Mindeste ist jedoch, dass der Bund für die Schäden verursacht durch Anschläge aufkommen sollte, z.B. wenn Kinder zu Waisen oder Menschen arbeitsunfähig werden oder Langzeitschäden davontragen. Deutschland ist Anschlagsziel, also sollten wir diese Schäden auch solidarisch gemeinsam tragen. Aber genau diese Menschen wird der Bund hängen lassen und auf Versicherungen verweisen.
Truderinger, Dienstag, 11.Oktober 2016, 09:59 Uhr
39. Schon eigenartig...
was manche Menschen nicht wahr haben wollen. Drei beherzte Syrer überwältigen einen terrorverdächtigen Landsmann! Was daran unglaubwürdig sein soll, erschließt sich mir nicht. Vielleicht ist es ja die Befürchtung, dass uns die Ausländer jetzt auch noch die Zivilcourage wegnehmen:-)
Antwort von Marek, Dienstag, 11.Oktober, 10:09 Uhr anzeigen
Vorweg: Ich finde es auch toll, dass diese beherzten Syrer eingegriffen haben und das soll auch nicht geschmälert werden.
Was ich aber auch eigenartig finde: Eine Person, die 2015 als sogenannterr Flüchtling eingereist ist hat einen großen Terroranschlag in Deutschland geplant! Und mir kommt es so vor, als ob dies in der ganzen Diskussion irgendwie unter den Tisch fällt, vor lauter Freude offenbar darüber, dass dieser Anschlag ebenfalls durch Syrer verhindert wurde.
Antwort von Albertina, Dienstag, 11.Oktober, 10:34 Uhr anzeigen
@Marek: Der für diese Syrer nicht ungefährliche Einsatz ist für mich glaubwürdig und sollte entsprechend gewürdigt werden. So wie ich schon im jahrelangen Zusammenleben kennengelernte Mitbürger mit Migrationshintergrund einschätze, wünschen sich die Mehrzahl einen relativen Wohlstand und Perspektiven für sich und ihre Kinder. Warum sollte es bei den meisten der kürzlich eingetroffenen Flüchtlinge anders sein?
Um den beabsichtigten Terrorangriff und die Motivation von Al-Bakr sowie weitere damit in Zusammenhang stehende Aspekte zu diskutieren, ist noch zu wenig gesichert festgestellt. Ich gehe davon aus, dass bei den beteiligten Institutionen mit Hochdruck an der Aufklärung und Prävention gearbeitet wird.
Antwort von thorie, Dienstag, 11.Oktober, 10:40 Uhr anzeigen
zivilcourage wird in D doch durch politik und medien bekämpft!
hätten neonazis den syrer gefesselt, wäre zu lesen
"neo-nazis" foltern syrer"
Antwort von Truderinger, Dienstag, 11.Oktober, 10:40 Uhr anzeigen
Marek, ich will die Terrorgefahr nicht in Abrede stellen, finde es aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass nicht pauschal alle Flüchtlinge als potenzielle Terroristen betrachtet werden dürfen.
Antwort von Isabell Speidel, Dienstag, 11.Oktober, 10:47 Uhr anzeigen
@Truderinger
Klar, könnte es wahr sein, jedoch ist man mittlerweile sehr mißtrauisch !
Flüchtlinge finden Tausend-Euro Scheine, sie finden Schmuck, und neuerdings überwältigen sie Verbrecher. Wann finden diese das Bernstein-Zimmer oder den Nazi-Zug in Polen?
Diese Märchen glaubt langsam keiner mehr....
Antwort von thorie, Dienstag, 11.Oktober, 10:47 Uhr anzeigen
@truderinger
wieviel terrorgefahr ging/geht von deutschen staatsbürgern aus?
bzw. ist die terrorgefahr durch die zuwanderung gestiegen?
Antwort von thorie, Dienstag, 11.Oktober, 11:03 Uhr anzeigen
@truderinger
"potentiell" ist jeder terrorist.
nur die anzahl derer steigt mit jedem , der z.t. unkontrolliert dazukommt.
Antwort von Truderinger, Dienstag, 11.Oktober, 12:02 Uhr anzeigen
Nun thorie, ich denke da mal an den NSU oder den deutsch-iranisch-arischen Amokläufer von München. Und es werden auch immer wieder Waffendepots von Neonazis ausgehoben
Isabell Speidel, Dienstag, 11.Oktober 2016, 09:53 Uhr
38. Es bleibt 5 vor 12
Es war nicht "5 vor 12" es ist immer noch "5 vor 12" da Tausende Untergetauchte und Nicht-Registrierte Anhänger des IS unter uns sind. Dieser Kommentar wurde von der BR-Redaktion entsprechend unseren
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Antwort von hans, Dienstag, 11.Oktober, 10:45 Uhr anzeigen
Es sind Einzelne und die sollten auch schnell aufgespürt werden.
Man sollte mehr Angst vor der gewaltbereiten rechten Masse haben. Die leben nämlich schon immer in einem Rechtsstaat
und wollen trotzdem diesen mit aller Macht aushebeln. Wie es dann nämlich werden würde, hat mir meine Oma sehr oft erzählt.
Kannst aber auch selbst in Geschichtsbüchern nachlesen.
Antwort von Bernhard, Dienstag, 11.Oktober, 14:34 Uhr anzeigen
Da bin ich aber froh, dass sie nicht behaupten, die ganze IS Manschaft ist in Deutschland untergetaucht.
Meinen Kindern sage ich immer: Wenn ihr eine Rechnung macht, prüft diese ob das Ergebnis auch plausiebel ist.
Ihre Rechnung ist dies sicher nicht.
bayer, Dienstag, 11.Oktober 2016, 09:51 Uhr
37. Terrorist
Wenn die Berichte stimmen, kann man den beiden Syrern, die den Terrorist gefesselt haben sehr dankbar sein. Glaube nicht, daß die Polizei
ihn gefunden hätte. Vermutlich wäre wieder ein Unglück geschehen.
Lehren werden wir vermutlich nicht daraus ziehen. Die Überwachung wird noch mehr zunehmen. Die Wurzel des Problems bleibt
weiterhin bestehen. Es ist himmelschreiend, was in Syrien passiert.
Warum wirkt unsere Regierung nicht stärker und massiver auf die Amerikaner ein? Die stellen sich als die Guten hin und führen in einem fremden Land Krieg gegen die Russen. Die Zivilbevölkerung und wir Europäer sollen dann die Zeche zahlen. Auch in Afghanistan und im Irak haben die Großmächte nur Leid und Zerstörung hinterlassen.
Antwort von thorie, Dienstag, 11.Oktober, 10:36 Uhr anzeigen
solange wir politiker haben, die die usa ihre freunde nennt, die usa aber (zitat eines us-politikers) keine frende haben , sondern interessen....werden wir in dem amerikan. "wir beeinflussen die welt" mitgezogen.
das durch den flüchtlingsstrom europa noch geschwächt wird, kommt denen doch nur recht.
Antwort von @thorie, Dienstag, 11.Oktober, 11:26 Uhr anzeigen
ausnahmsweise stimme ich Ihnen zu, thorie.
iPig