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Britischer EU-Austritt Scheidung nach Plan

Die Würfel sind gefallen. Die Briten haben mehrheitlich für den Austritt gestimmt. Und der Rest der EU steht unter Schock. Um eine Panik an den Finanzmärkten zu vermeiden, gibt es einen Plan.

Von: Holger Romann

Stand: 24.06.2016

Ein Brexit Befürworter und eine BREXIT Gegnerin gehen aneinander vorbei | Bild: Reuters (RNSP)

In den vergangenen Wochen hat man sich für den Fall der Fälle einen „Plan B“ zurechtgelegt, der jetzt Schritt für Schritt umgesetzt wird. Es geht darum, eine gemeinsame Kommunikation sicherzustellen und eine Panik an den Finanzmärkten zu vermeiden.

Bedauern und Weitermachen

Schauplatz eins: das EU-Parlament. Seit den frühen Morgenstunden beraten die Führer aller wichtigen Fraktionen. Parlamentspräsident Schulz bereitet eine offizielle Stellungnahme vor und beruft eine Sondersitzung des Plenums ein. Am Vormittag begibt er sich ins Berlaymont-Gebäude, den Sitz der EU-Kommission. Dort ist ein Treffen mit Kommissionspräsident Juncker, Ratspräsident Tusk und dem niederländischen Regierungschef Rutte angesetzt. Rutte hat noch bis Ende des Monats turnusmäßig die Federführung im Kreis der 28 Mitgliedsstaaten.

Nach Abschluss ihrer Beratungen geben die vier Repräsentanten der EU-Institutionen eine Erklärung ab. Kernbotschaft: Wir bedauern das Ausscheiden Großbritanniens und respektieren das Votum der britischen Wähler. Doch wir sind fest entschlossen, den Weg der europäischen Einigung weiterzugehen. Der Austritt Großbritanniens, das müsse jedem klar sein, ist ein endgültiger Schritt und wird für das Land ernste Konsequenzen haben. Trotzdem werde man alles tun, damit die Trennung in geordneten Bahnen verläuft.

Krisensitzung

So oder so ähnlich werden es auch die Außenminister der sechs EU-Gründungsstaaten formulieren. Die Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Italiens und der drei Benelux-Staaten versammeln sich am Samstag (25.06.16) in Berlin, um zu besprechen, wie es nun weitergeht. Zugleich werden sie ein Bekenntnis zu den gemeinsamen Werten der Europäischen Union ablegen und versichern, dass die EU auch ohne Großbritannien eine Zukunft hat.

Am Sonntag (26.06.16) steht dann eine Sondersitzung der EU-Kommission auf dem Programm. Nach dem Schock über das Brexit-Referendum muss die oberste EU-Behörde erste Formalitäten der bevorstehenden Scheidung regeln. Kommissionschef Juncker und sein Team werden die Verhandlungen mit der Regierung in London führen. Ob auch der britische Finanzkommissar Hill an dem Krisentreffen teilnimmt, ist unklar. Fest steht: Kommissare, Juristen und politische Berater haben alle Hände voll zu tun, um einen Plan für die nächsten Tage und Wochen festzuzurren. Schon am Montag (27.06.16) dürften sie ihn der Öffentlichkeit präsentieren.

Letztes Abendessen mit Cameron

Bis spätestens Dienstag (28.06.16), so schätzt man in Brüssel, dürfte Premierminister Cameron die EU-Partner offiziell über den Austrittswunsch seines Landes informieren. Gemäß Artikel 50 des Lissabon-Vertrags tickt von da an die Uhr: Zwei Jahre sind für die Verhandlungen vorgesehen, die das Ausscheiden der Briten aus der EU und die künftigen Beziehungen beider Seiten regeln sollen. Vielleicht spielt London aber auch auf Zeit und wartet mit einer formellen Austritts-Erklärung noch ab.

Sicher ist: am Dienstag und Mittwoch (29.06.16) ist EU-Gipfel in Brüssel. Für 27 Staats- und Regierungschef eine weitere Gelegenheit, sich geschlossen und entschlossen zu zeigen, dass man die Folgen des Brexit gemeinsam meistern und dafür sorgen werde, dass dies ein Einzelfall bleibt. Am traditionellen Abendessen dürfte der Kollege aus London noch teilnehmen, der zweite Gipfeltag jedoch findet sehr wahrscheinlich ohne ihn statt.

Droht ein Rosenkrieg?

Die übrigen 27 haben jetzt jede Menge unter sich zu besprechen. Nicht nur, wie sie die dezimierte Union vor dem Auseinanderbrechen bewahren und das Wegfallen eines wichtigen Nettozahler-Landes ausgleichen wollen. Sondern vor allem, mit welcher Strategie sie in die bevorstehenden Verhandlungen mit Großbritannien gehen. Wunschziel der meisten dürfte eine schnelle und saubere Scheidung sein. Doch es könnte auch chaotisch und schmutzig werden. Noch eine Krise, die die EU nicht gebraucht hat, und deren Ausgang völlig offen ist.


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rowed, Samstag, 25.Juni 2016, 02:58 Uhr

38. Britischer EU-Austritt

Das kommt dabei heraus, wenn stupider Wirtschaftsneid, unverdauter Empirewahn und banaler Nationalismus und Rassismus zusammentreffen; das ganze mehr oder weniger latent geschürt sowohl von angeblichen Befürwortern und offen von Gegnern der EU.

wm, Freitag, 24.Juni 2016, 18:03 Uhr

37. Ene mene miste......

....es rappelt in Europa's Kiste.
Ene mene meck,
die Briten sind schon weg.

Altbayer, Freitag, 24.Juni 2016, 16:50 Uhr

36. Brexit

Betreff Ergebnis siehe Nr.24
Das Wahlergebnis zeigt auf, daß die Engländer hier entschieden haben. Gefühlt waren sie es auch, die immer Ausnahmen für Ihren Staat
gefordert hatten (z.B. Britenrabatt, Ablehnung des Euro, usw.) Jetzt haben sie mit dem Kopf entschieden, was sie schon lange im Bauch
mit sich herum getragen haben.
Oder kann man sagen, daß sie im Herzen immer etwas mehr Engländer waren, und keine wirklichen Europäer ???
Das Wahlergebnis lässt es jedenfalls so vermuten.

Bürger, Freitag, 24.Juni 2016, 15:00 Uhr

35.

Es keinen Grund die Brieten zu beglückwünschen,
GB bekommt mehr Geld aus Brüssel als Sie einzahlen!
Wo wollen denn Sie nun das Geld hernehmen? Wie wollenSie den die ganzen Subventionen von Wirtschaft und auch der Landwirtschaft Zahlen?
Fragen über Fragen, Ja auf die EU schimpfen ist immer gut aber eine verträgliche Lösung haben Sie nicht.

  • Antwort von Stefan, Freitag, 24.Juni, 16:08 Uhr

    Großbritannien ist "Nettozahler" nicht "Nettoempfänger"
    Die Briten zahlen ca. 5 Milliarden EURO mehr ein als sie von der EU zurück erhalten.
    Der Anteil Deutschlands am EU-Haushalt wird auf über 30% steigen!

Jutta Sirotek, Freitag, 24.Juni 2016, 12:55 Uhr

34. Brexit

Ich finde es bedauerlich, dass ein Land aus der EU ausgetreten ist. Dennoch muss es möglich sein , aus der EU auszutreten, wenn man sich mit den Spielregeln nicht identifizieren möchte oder kann. Ich beobachte immerwieder, dass mit der Angst der Wirtschaft und der Menschen gespielt wird. Mit Angst kann man nicht demokratische Politik machen.
Ich sehe den Brexit als Chance, dass die EU-Mitlgieder endlich miteinander arbeiten und dies in einem größeren Zusammenhang sehen, wie gerade im Beitrag gehört. Ich bin der Meinung, dass die "Vorstellung von EU" klarer ausgedrückt werden muss und verständlich an die Bürger vermittelt werden muss. Als Bürger werden die Vorteile der EU, vielleicht weil wir sie gewöhnt sind, nicht mehr gespürt und wahrgenommen, meist nur die Reglementierungen. Die amtierenden Politker dürfen nicht immer ein "weiter so" ausrufen, wenn sie eine Wahl gewinen, sondern gerade die skeptischen Bürger als Gradmesser nehmen und die Anderartigkeit akzeptieren.