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Karl Valentin Zum Schluss ein "Liebesbrief"

Stand: 31.05.2004 | Archiv

"In mir denkt's immer"

beklagte sich Karl Valentin einmal. Seine Komik hat in ihm eine derartige Eigendynamik entwickelt, dass sie selbst in privaten Briefen nicht zu stoppen war:

"Lieber Freund!

Deinen Brief haben wir erhalten; Du schreibst mir, wenn ich 10 Tage Urlaub habe, könnten wir bei Dir arbeiten. Leider haben wir 4 Wochen Urlaub. Das käme Dir zu teuer. Du schreibst auch, auf ein paar Mass käme es Dir nicht an. Rechne es Dir aus, ich und Fräulein Karlstadt allein trinken täglich 15 Mass Bier und essen täglich an die 4 Pfund Leberkäs.

Du schreibst weiter, Samstag und Sonntag können wir bei Dir arbeiten, Samstag ginge das allerdings, aber Sonntags gehen wir von morgens 6 Uhr bis abends 9 Uhr in die Kirche, da ginge es also nicht. Außerdem schreibst Du wir sollen auf der Bühne auftreten, das sind wir nicht gewöhnt, da wir nur auf den Fußsohlen auftreten.

Außerdem hat es einen Haken - wir dürfen keine Doppelverdiener sein. Da ich und Frl. Karlstadt neben unserem Komikerberuf Taschendiebe sind und mit diesem Beruf schwer Geld verdienen, würde uns ein Auftreten in Deiner Wirtschaft sehr in Übel genommen werden. Von 28. Juli bis 6. August hätte ich auch keine Zeit, da ich in dieser Zeit den Christbaum herrichten muß für Weihnachten.

Daß Du mir die Fahrt von München nach Passau bezahlen willst ist sehr schön von Dir, aber unnötig, da wir leidenschaftliche Fußgänger sind. Im Falle doch ein Gastspiel in Deiner Wirtschaft zustande kommen würde, schlage ich vor unseren 12-Akter 'Müller und sein lediges Kind' zu geben. Allerdings sind darin 260 Personen ohne Souffleur beschäftigt. - Das Kind zu diesem Stück würde ich selbst mitbringen, samt Mutter im Wochenbett.

Bis dahin Gruß und Kuß
Karl Valentin"

Brief an einen befreundeten Wirt in Passau vom 6. 7. 1934, zitiert aus: Karl Valentin, Sämtliche Werke, Band 6: Briefe, S. 65 f; 1991, Piper-Verlag, München


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