Symbol der Abschottung? Mauer vor Flüchtlingsheim
Eine Mauer ist immer ein Symbol der Trennung und des Abgrenzens. Ausgerechnet im weltoffenen München macht dieser Tage auch eine Mauer Schlagzeilen, die gerade frisch gebaut wurde.
Vier Meter hoch ist die Schallschutzwand, die eine Flüchtlingsunterkunft von einer Wohnsiedlung in Perlach trennt. Längst ist die Lärmschutzwand zu einem Politikum geworden. Die Grünen im Münchner Stadtrat haben jedenfalls beantragt, die frisch gebaute Wand gleich wieder abzureißen.
"Es gibt keinen Sichtkontakt, es ist abgeschottet und es dient zur Abgrenzung. Und wir finden, das ist ein Symbol, das in der Stadtpolitik nichts zu suchen hat."
Gülseren Demirel, Fraktionsvorsitzende der Grünen, Stadtrat München
Die SPD will sich raushalten. Sie befürchtet neue Diskussionen.
"Also wir werden dem sicherlich nicht folgen. Das Ganze ist die Folge einer Rechtsauseinandersetzung. Das war vor Gericht und vom Gericht empfohlene Maßnahme. Und es gibt überhaupt keinen Grund, den Streit mit den Nachbarn wieder von vorn zu beginnen."
Alexander Reissl, Fraktionsvorsitzender SPD, Stadtrat München
Lärmschutz vor Jugendlichen
Sieben Anwohner hatten gegen die Baugenehmigung für die Flüchtlingsunterkunft geklagt. 160 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen in der Anlage beherbergt werden. Die Forderung der Nachbarn: Lärmschutz, vor möglicherweise lautstark spielenden Jugendlichen. Es kommt zu einem Kompromiss zwischen der Stadt und den Klägern. Das Ergebnis: die vier Meter hohe Schallschutzwand.
Ein provokantes Video
Doch kaum steht die Mauer, sorgt ein privates Drohnen-Video für helle Aufregung. Der Urheber, ein parteiloser Kommunalpolitiker, vergleicht die Lärmschutzwand in Neuperlach mit der Berliner Mauer. Und er stellt fest: die Mauer in Neu-Perlach ist 25 Zentimeter höher.
Die Veröffentlichung des Videos löst ein extremes Medienecho aus. Fernsehteams rücken an, Zeitungen aus alles Welt berichten über das vermeintliche Symbol der Ausgrenzung.
Herbe Kritik für Kunstauktion "Checkpoint Charlie"
Weiter angeheizt wird die Stimmung durch eine Aktion des Münchner Flüchtlingsbündisses Bellevue di Monaco. An der Neuperlacher Mauer bauen sie den "Checkpoint Ali" auf, angelehnt an den historischen Checkpoint Charlie der Berliner Mauer.
Eine Satire-Happening für Weltoffenheit? Oder nur eine unsensible Aktion, die weiter spaltet? Bald müssen sich die Organisatoren des "Checkpoints" herber Kritik stellen.
"Eigentlich ist es geschmacklos und peinlich gewesen, was man da macht. Es ist vollkommen unangemessen, einen Bezug zur Berliner Mauer herzustellen oder zu anderen wirklich trennenden Mauern. Dort wird nämlich gestorben an solchen Mauern, da hat man nicht einfach auf die andere Seite gehen können. Wenn man das versucht hat, hat man sein Leben riskiert."
Alexander Reissl, SPD-Stadtrat
Und die Anwohner hinter der Mauer?
Viele fühlen sich pauschal an den Pranger gestellt, als Hort von Rassisten. Kaum jemand will sich hier noch vor der Kamera äußern, besonders nachdem Unbekannte Hassparolen an Häuser gesprüht haben.
In wenigen Wochen werden jugendliche Flüchtlinge hier einziehen. Ohne die vier Meter hohe Wand wäre das Projekt gescheitert. Die Mauer von Perlach wird bleiben, als fauler Kompromiss zwischen verängstigten Bürgern und den Bedürfnissen der Stadt.