13. August 1961 Die Mauer in Berlin wird gebaut
Am 13. August 1961 ließ die Regierung der DDR die Straßen von Ost- nach Westberlin unterbrechen und die Sektorengrenze abriegeln. Die Stacheldrahtrollen wurden schon bald durch eine Mauer ersetzt, die die nächsten 28 Jahre das Leben in der Stadt bestimmte.
13. August
Dienstag, 13. August 2013
Autor(in): Brigitte Reimer
Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl
Illustration: Angela Smets
Redaktion: Petra Herrmann
"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen."
Walter Ulbricht
Ein unvergessener, ein unvergesslicher Satz - Walter Ulbricht, der Staatsratsvorsitzende der DDR, äußert ihn auf einer internationalen Pressekonferenz im Juni 1961. Zwei Monate später, in den frühen Morgenstunden des 13. August 1961, eines Sonntags, werden an den Sektorengrenzen zwischen Ost- und West-Berlin provisorische Absperrungen errichtet, wird an den Verbindungsstraßen zu West-Berlin das Pflaster aufgerissen. Einheiten der Volkspolizei, der Transportpolizei sowie der so genannten Betriebskampfgruppen unterbinden jeglichen Verkehr von Ost nach West. Und umgekehrt. So genannte "Spanische Reiter" - mit Dornen versehene Drahtrollen - schneiden Lebensadern ab, zum Beispiel die Bernauer Straße: von einem auf den anderen Tag können die Anwohner ihre gewohnten Wege nicht mehr gehen, werden Nachbarn, Freunde und Verwandte getrennt; denn die Häuser gegenüber gehören zum anderen politischen System.
Hier entsteht eines der berühmtesten Fotos aus dieser Zeit: der Volksarmist im Sprung über die Stacheldrahtrollen hinweg, der dabei seine Maschinenpistole wegwirft. Nur ein paar Tage lang kann man sich noch aus den Fenstern der Häuser an der Grenze abseilen, manche der Flüchtenden allerdings stürzen ab, in den Tod. Bald sind die Fenster zugemauert. Die Häuser werden später abgerissen.
Die Mauer wird gebaut
Das alles geschieht unter den Augen der Welt. Die Kameraleute, die Fotografen sind in der Bernauer Straße, am Checkpoint Charly, am Schlesischen Tor. Sie zeigen Westberliner, die fassungslos auf "ihrer" Seite der Stadt stehen und nach drüben schauen. Zeigen, wie unter strenger Bewachung Bautrupps die provisorischen Sperren durch eine feste Mauer ersetzen: Den "antifaschistischen Schutzwall" der späteren DDR-Propaganda.
Aber irgendwann in den Jahrzehnten nach dem 13. August beginnen die Westberliner sich an die Mauer zu gewöhnen. Auf gut 43 Kilometern zieht sie sich mitten durch ihre Stadt, auf der einen Seite mit bunten Graffiti besprüht, auf der anderen gesichert durch Wachtürme, durch Signalanlagen am Boden, die bei Berührung Alarm auslösen, durch Wassergräben, Sicherheitsschleusen.
"Willkommen in Berlin, der Stadt mit der am besten erhaltenen Stadtmauer der Welt" steht mit typischem Berliner Witz in schwungvollen schwarzen Buchstaben, rot unterstrichen auf einer Postkarte. Sie stammt aus den frühen 80er Jahren, ist also längst historisch; von der "am besten erhaltenen Stadtmauer der Welt" ist praktisch nichts mehr übrig. (Teile stehen weltweit, bei den Vereinten Nationen in New York, in Südafrika - Nelson Mandela hat ein Stück zum Geburtstag bekommen - oder in Bayern, etwa in der Münchner Königinstraße.)
Die Mauer verschwindet
In Berlin tut sich schwer, wer auf Spurensuche geht. Ihre Wirkung ist kaum mehr vorstellbar für Nachgeborene oder Neuankömmlinge: So jäh sie ins Leben der Berliner trat, so jäh ist die Mauer daraus verschwunden. An ihrer Beseitigung arbeiteten zunächst - nach dem November 89 - die Mauerspechte. Fröhlich hämmerten sie drauf los, verschenkten die bunten Bruchstücke, bevor sie das Geschäft erkannten, dass sich damit machen ließ.
Später waren es Grenzsoldaten der DDR, die unterstützt von Pionieren der Bundeswehr die Mauer abbauen mussten. Ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit oder Ironie der Geschichte? Sie taten es jedenfalls mit deutscher Gründlichkeit, so dass Reste nur mehr findet, wer weiß, wo er suchen muss: zum Beispiel in der Nähe des Ostbahnhofes, des früheren Hauptbahnhofes: Die East Side Gallery ist das längste erhaltene Stück Mauer. Auf über einem Kilometer entlang der Mühlenstraße bröckelt der Beton, rostet der Stahl, verblassen die Bilder - und werden jetzt neu gemalt. Bis zum 20. Jahrestag des Mauerfalls im November 2009 soll das beliebte Touristenziel für knapp eine Million Euro saniert sein.
Auch an der Bernauer Straße stehen einige Mauerstücke. Der ehemalige Todesstreifen ist noch nicht überbaut, vermittelt einen ungefähren Eindruck von der Dimension der Sperranlagen. Dennoch: Im Bild der Stadt spielt die Mauer keine Rolle mehr. Und so ist eingetreten, was Willy Brandt - (im August 1961 Regierender Bürgermeister von Berlin) - 1989 prophezeit hat:
"Jetzt sind wir in einer Situation, wo wieder zusammen wächst, was zusammen gehört."
Willy Brandt