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Kampf gegen Extremismus Programm gegen salafistische Sozialarbeiter

Was ist, wenn sich das Kind der Terrormiliz IS anschließen will? Wenn es sich abkapselt, seine Eltern als "Ungläubige" beschimpft? Die Staatsregierung will ihren Teil dazu beitragen, um solche Dramen zu verhindern – mit einem eigenen Netzwerk gegen Salafismus.

Von: Rudolf Erhard und Joseph Röhmel

Stand: 23.11.2015 | Archiv

Ein Kugelschreiber liegt am 11.05.2012 in Stuttgart auf dem baden-württembergischen Verfassungsschutzbericht 2011 neben dem Schriftzug "Salafismus" | Bild: picture-alliance/dpa/Marijan Murat

Erst am vergangenen Wochenende hatte Innenminister Joachim Herrmann erklärt: "Islamistische Gefährder müssen wegen des erhöhten Anschlagsrisikos in Deutschland einen stärkeren Druck spüren." Sozialarbeit oder bessere Präventionsprogramme würden bei potenziellen Terroristen bei Weitem nicht ausreichen. Aber ohne Sozialarbeit geht es eben auch nicht.

Es braucht Menschen mit pädagogischem Feingefühl, eingebettet in Programme, die verhindern, dass sich junge Menschen radikalisieren. Das hat der Freistaat nun erkannt.

Monatelang haben Justiz-, Innen-, Kultus- und Sozialministerium an einem gemeinsamen Netzwerk gearbeitet. Heute dann die offizielle Pressekonferenz im Innenministerium mit Innenminister Joachim Herrmann, Sozialministerin Emilia Müller, Justizminister Wolfgang Bausback und Kultusminister Ludwig Spaenle. Das vorgestellte Programm ist vielfältig angelegt, womit die CSU-Regierung ein durchdachtes Handeln unterstreichen will.   

Stelle in Augsburg

Sozialministerin Müller setzt beispielsweise künftig auf 'ufuq' (arabisch für 'Horizont') – ein Verein, der ansetzt, bevor sich junge Menschen von radikalen Predigern angezogen fühlen. 'ufuq' eröffnet eine Zweigstelle in Augsburg, will Sozialarbeiter und Jugendarbeiter schulen.

Die beiden Mitarbeiter dort sollen mit Jugendlichen selbst arbeiten, mit ihnen über Auswüchse des Islam sprechen. "Salafisten dürfen nicht die besseren Sozialarbeiter sein, indem sie Jugendlichen Raum geben für Fragen und Ängste, die diese anderenorts nicht diskutieren können," sagt Sozialministerin Müller.

"Eine radikale Ideologie gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dafür brauchen wir Partner wie 'ufuq'. Denn die setzen genau hier an und arbeiten mit Jugendlichen. Sie unterhalten sich über das Thema, wie wollen wir denn leben. Was sind die Werte, die unsere Gesellschaft zusammenhalten?"

Christiane Nischler-Leibl, Ansprechpartnerin vom Sozialministerium für Kooperation mit ufuq im Bayerischen Rundfunk  

75 junge Männer und Frauen sind aus Bayern zu den IS-Kämpfern gereist. Dies gilt es zukünftig zu unterbinden, besser noch durch frühzeitige Aufklärung zu verhindern, so Innenminister Herrmann: "Die Prävention richtet sich an alle gesellschaftlichen Gruppen."

"Viel Aufklärungsbedarf"

Das Landeskriminalamt ist aktiv, hat ein Kompetenzzentrum gegen Salafismus aufgebaut, jährlich finanziert mit 400.000 Euro aus dem Polizeihaushalt. Was noch fehlt, ist ein freier Träger, mit dem das Zentrum künftig kooperiert. Schwerpunkte seien Beratung sowie das Angebot von Ausstiegshilfen, sagt Innenminister Herrmann. Wer als zivilgesellschaftlicher Träger die Beratungsstelle übernehme, solle bis Anfang 2016 entschieden werden.

Ein Kandidat ist das sogenannte 'Violence Prevention Network' (VPN), ein Verein, der sich auf die Arbeit mit religiösen Extremisten spezialisiert hat. Der Verein beschäftigt nach BR-Informationen schon jetzt einen Mitarbeiter. Derzeit wird seine Stelle aus Spenden finanziert. Bis vor einem halben Jahr gab es in Bayern niemanden, der vor Ort direkt mit gefährdeten Jugendlichen zusammengearbeitet hat. Vier Fälle seien in Bayern derzeit akut, 25 seien es insgesamt, sagt VPN-Geschäftsführer Thomas Mücke.

"Wir haben sehr viel Aufklärungsbedarf im schulischen Bereich, wo nachgefragt wird, wo gesagt wird, das ist Thema, das ist Diskussion, wo man auch feststellt, es könnte sein, dass sich der Schüler, die Schülerin der Szene angeschlossen hat. Da wird Unterstützung gebraucht."

Thomas Mücke im Bayerischen Rundfunk     

Die "vermeintliche Gewinnerseite"

Ebenfalls mit Radikalisierung befasst sich das Justizministerium. Es setzt eine Islamwissenschaftlerin ein. Sie soll helfen, den Einfluss von Salafisten auf andere muslimische Gefangene zu unterbinden. Denn junge Muslime im Gefängnis sind gefährdet.

"Sie sind meistens deshalb inhaftiert, weil ihre bisherigen Wege gescheitert sind. Sie sehnen sich danach, einer großen Sache anzugehören und einmal auf der vermeintlichen Gewinnerseite zu sein."

Winfried Bausback, Justizminister

Das Kultusministerium setzt an einer anderen Stelle an, will den staatlich kontrollierten Islamunterricht an bisher 260 bayerischen Schulen ausweiten. Minister Spaenle sagt, er halte die Überführung des Islam-Unterrichts in ein Regelangebot für notwendig.

In Bayern ist der Islam-Unterricht ein Modellprojekt in Verantwortung des Staates. Anders als beim katholischen und evangelischen Religionsunterricht, bei dem die Kirchen involviert sind, haben die muslimischen Gemeinschaften keinen Einfluss.


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