Tagebuch der Gerichtsreporter Die unendliche Geschichte der BKA-Zeugen
Der Angeklagte Holger G. schweigt im NSU-Prozess beharrlich. Das hat zur Folge, dass kaum ein Verhandlungstag vergeht, ohne dass zu seinen früheren Aussagen ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) im Zeugenstand steht.
23. Juli
Dienstag, 23. Juli 2013
Dass Holger G. vor Prozessbeginn zwar geredet hat, im Verfahren aber nicht mehr aussagen mag, beschert dem Gericht nun eine schier unendliche Kette von Vernehmungen. Im Zeugenstand tauchen immer neue BKA-Beamte auf, die zu schildern haben, wann der als NSU-Komplize angeklagte Ex-Neonazi was gesagt hat.
Die Stoßrichtung von Beate Zschäpes Verteidigern ist klar. Sie versuchen, Widersprüche zwischen den Polizistenaussagen aufzudecken - vor allem dann, wenn brisante Passagen auftauchen. Denn da geht es darum, in welchem Umfang ihre Mandantin von Holger G. belastet wurde.
Enver Simsek - ein oder zwei Todesschützen?
Wirklich weitergebracht hat der heutige 26. Verhandlungstag nicht, bei dem die Polizei den Mord am mutmaßlich ersten NSU-Opfer Enver Simsek in Nürnberg rekonstruierte. Und da ging es um die Frage, ob der Blumenhändler in seinem Kastenwagen von einem Täter mit zwei Pistolen erschossen wurde oder ob zwei Personen auf ihn gefeuert haben - aus der berüchtigten "Ceska"-Pistole und einer andere Waffe vom Kaliber 6,35 mm. Wie es wirklich war, blieb offen. Klar dagegen das Fazit des Gerichtsmediziners: Der erste von acht Schüssen war tödlich. Die Kugel traf Enver Simsek mitten ins Gesicht.