348. Verhandlungstag, 16.2.2017 Schweigen ist Silber, Reden ist Gold?
Je länger der NSU-Prozess dauert, desto offener gibt sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe – jetzt will sie sogar mit einem Psychiater sprechen. Kann diese Taktik aufgehen oder ist dies nur ein vergeblicher Versuch mit der neuen Strategie zu punkten?
16. Februar
Donnerstag, 16. Februar 2017
„Beate Zschäpe schweigt beharrlich“, diese Formulierung kam in den ersten zweieinhalb Jahren des NSU-Verfahrens in den meisten Artikeln oder Beiträgen vor. Zschäpe sprach weder in der Verhandlung noch mit dem Psychiater Henning Saß, der vom Gericht als Sachverständiger bestellt wurde.
Zschäpe gibt sich ahnungslos und abhängig
Dann kam Ende 2015 ein neuer Pflichtverteidiger und Zschäpe lieferte nun doch endlich eine Erklärung ab, wenn auch nur schriftlich. Darin beteuerte sie, von den Taten ihrer beiden Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt immer erst im nachhinein erfahren zu haben und emotional von den beiden so abhängig gewesen zu sein, dass sie sich nicht von ihnen habe trennen können. Zschäpe weise Verantwortung von sich, heißt es daraufhin im Gutachten, das Henning Saß kürzlich vorgetragen hat.
War die Erklärung ein Fehler?
Ja, sagen viele Nebenklageanwälte, die Schlussfolgerungen des Psychiaters Saß seien schließlich der Beweis dafür. Doch Zschäpe gibt ihre neue Taktik nicht auf: Im September 2016 spricht sie dann zum ersten Mal sogar selbst, allerdings wieder vom Blatt abgelesen. Dazu heißt es im Gutachten von Saß, die Angeklagte sei emotionslos und es mangele ihr an Empathie. Schon wieder ein Eigentor?
Nein, es war kein Fehler - das befinden ganz offenbar Zschäpes neue Verteidiger. Denn nun plant sie, um das Gutachten von Henning Saß zu entkräften, auch mit einem Psychiater zu sprechen, dem Freiburger Psychiater und Psychotherapeuten Joachim Bauer. Aber kann dieser Schritt wirklich aufgehen? Die Exploration, wie der Fachausdruck für das persönliche Gespräch mit dem Psychiater heißt, wird das Gericht wohl nicht verweigern. Aber ob und wie der Befund daraus im NSU-Prozess überhaupt eine Rolle spielen wird, gilt als völlig offen.
Selbst wenn Bauer im Gespräch mit Zschäpe ein ganz anderes Persönlichkeitsbild feststellen sollte als Saß, wird dieser, als vom Gericht bestellter Gutachter, die neuen Erkenntnisse wiederum in sein Gutachten einfließen lassen. Ob dies Zschäpe dann in der erhofften Form entlasten wird, darf bezweifelt werden. Eines steht allerdings fest: Zschäpes Strategie der Öffnung macht den NSU-Prozess auch nach 348 Verhandlungstagen immer wieder spannend.