NSU-Prozess


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127. Prozesstag, 15.7.2014 Staatsgeld für den NSU?

Aufsehen erregende Aussage am 127. Verhandlungstag des NSU-Prozesses durch den Zeugen Tino Brandt: Der ehemalige Neonazi im NSU-Umfeld und Ex-V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes behauptete vor dem Oberlandesgericht (OLG) München, er habe Geld von der Behörde für das untergetauchte Trio erhalten.

Stand: 15.07.2014 | Archiv

Schild Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz | Bild: picture-alliance/dpa

Brandt war in den 1990er-Jahren eine Schlüsselfigur in der Thüringer Neonazi-Szene. Unter anderem war er Mitbegründer der rechtsextremen Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz", aus der später der NSU hervorging. In diesem Zusammenhang lernte Brandt auch Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos sowie einige Angeklagte im NSU-Prozess, etwa Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben, kennen. Während dieser Zeit lebte Brandt eine Zeit lang auch in Regensburg. Er versuchte, von dort aus die gewaltbereite Neonazi-Gruppe "Organisation Nationaler Block" mitaufzubauen.

Ehemaliger Mitarbeiter Tino Brandt: Sitz des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in Erfurt

Gleichzeitig arbeitete Brandt auch als V-Mann für den Thüringer Verfassungsschutz. Vor diesem Hintergrund ist Brandt zu allen drei Verhandlungstagen dieser Woche als Zeuge geladen worden.

Demonstration der Neonazi-Kameradschaft "Thüringer Heimatschutz" (Archivfoto)

Gemäß Brandts Aussage vor dem OLG am Dienstag soll der Thüringer Verfassungsschutz kurz nach dem Abtauchen des NSU-Trios 1998 Geld in den Untergrund geschickt haben. Brandt sagte, er habe das Geld selber in Empfang genommen und weitergeleitet. Durch einen Anruf aus der Szene habe er eine oder zwei Wochen nach dem Untertauchen erfahren, dass Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt geflohen seien. Er habe dann begonnen, Geld für die drei aufzutreiben, zunächst bei Stammtischen und auf einem Konzert des rechten Barden Frank Rennicke.

Ausdrückliche Nachfrage des Richters

Die Spenden seien zwar nach einiger Zeit versiegt, aber es habe weiter Geld gegeben, "das der Freistaat Thüringen gespendet hat. Sechs, sieben Mal so ...". Er meinte damit Zahlungen des Verfassungsschutzes an ihn. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden Richters, ob das Geld tatsächlich ausdrücklich für die Weitergabe an das Trio bestimmt war, antwortete Brandt: "Soweit ich mich erinnere, war das direkt für die Weitergabe." An die Höhe der Beträge erinnere er sich nicht mehr. Auch, an wen er das Geld weitergeben habe, könne er nicht mehr mit Sicherheit sagen. Er vermute, es habe sich um jemanden aus der Jenaer Rechtsextremisten-Szene gehandelt, der umittelbaren Kontakt zum Trio hielt. Brandt war seit 1994 V-Mann. Seine Geheimdienst-Tätigkeit soll ihm bis zu seinem Auffliegen 2001 insgesamt 200.000 D-Mark eingebracht haben.

Zschäpe "keine dumme Hausfrau"

Brandt äußerte gab zudem Personenbeschreibungen zum NSU-Trio ab. Über Zschäpe sagte er, sie sei "keine dumme Hausfrau", sondern in Fragen rechtsextremer Weltanschauung auffällig gebildet gewesen. So habe sie Wissen zum Thema Germanentum gezeigt. Weiter sagte Brandt, er habe Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe bei Stammtischen und Schulungen der Rechtsextremen ab Anfang der 1990er-Jahre wiederholt getroffen. Mundlos sei dort als "nationaler Sozialist" aufgetreten und habe sich "für die damaligen Ideale der NSDAP durchaus eingesetzt." Böhnhardt sei dagegen etwas schweigsamer, auch Zschäpe eher zurückhaltend gewesen - "ein Mädchen, das in Ordnung war und das bei politischen Sachen, bei solchen Sachen, durchaus mit teilgenommen hat", so Brandt.

Brandt stützte damit die Bundesanwaltschaft, nach deren Auffassung Zschäpe eine entscheidende Rolle innerhalb des NSU gehabt haben soll. Ohne ihre Mitwirkung hätten Mundlos und Böhnhard nicht jahrelang unerkannt aus dem Untergrund heraus morden können, so die Anklage. Deswegen wurde Zschäpe als Mittäterin bei zehn Morden und zwei Bombenanschlägen angeklagt, obwohl ihr bislang keine direkte Beteiligung an einer der Gewalttaten nachgewiesen werden konnte.


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