Initiative a.i.d.a. Ein Münchner Anti-Neonazi-Verein
Der antifaschistische Münchner Verein a.i.d.a. engagiert sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus. Plötzlich tauchte er selbst im Verfassungsschutzbericht auf - als "linksextremistisch". A.i.d.a. wehrte sich - mit Erfolg.
Kaum eine Organisation in Bayern kennt sich so gut mit Rechtsextremismus aus wie die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e.V., kurz: a.i.d.a. Die Initiative verfügt über ein umfangreiches Wissen zu Neonazis und informiert über braune Aktivitäten im Freistaat. Die Mitarbeiter von a.i.d.a. sind gefragte Leute: Regelmäßig werden sie von Journalisten oder Studenten wegen Recherche-Material kontaktiert. Die Arbeit ist zuweilen nicht ungefährlich, vor allem bei "Außeneinsätzen". So war ein a.i.d.a.-Mitarbeiter im Juli 2008 beim Begräbnis des Altnazis Friedhelm Busse in Passau vor Ort. Dabei legte ein Neonazi eine Hakenkreuzfahne in dessen Grab. Die Szene dokumentierte der a.i.d.a.-Mitarbeiter mit einer Digitalkamera - und wurde daraufhin schwer verprügelt.
Doch auf einmal drohte der Initiative Gefahr von ganz anderer Seite: vom bayerischen Staat. Die Initiative wurde vom Verfassungsschutz beobachtet, der stufte sie ab dem Bericht 2008 als "linksextremistisch" ein. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begründete das damals wie folgt: "Der Verfassungsschutz hat eindeutig beobachtet, dass zum Teil Personen, die dem linksextremistischen Bereich zuzuordnen sind, bei a.i.d.a. aktiv sind. Darüber hinaus gibt es von den Internetseiten beispielsweise von a.i.d.a zahlreiche Links zu anderen Organisationen und Veranstaltern, die ausdrücklich gelobt werden, als hervorragend dargestellt werden und die ihrerseits deutlich machen, dass es ihnen nicht nur um den Kampf gegen Rechtsextremismus geht, sondern dass sie eine völlig andere Gesellschaftsordnung in Deutschland erreichen wollen, dass sie gegen unseren Staat, gegen unsere Gesellschaftsordnung agieren."
Vergleich mit Innenministerium
A.i.d.a. wollte sich aber die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht nicht gefallen lassen und zog vor Gericht. Es folgte ein jahrelanger Rechtsstreit um die Einstufung von a.i.d.a. als "linksextremistisch". Im Mai 2011 entschied das Bayerische Verwaltungsgericht (VG), dass eine Passage des Berichtes 2009 geschwärzt werden muss. Darin wurden die a.i.d.a.-Aktivitäten als "maßgeblich" von "Linksextremisten" geprägt bezeichnet. In der juristischen Auseinandersetzung verbuchte auch der Verfassungsschutz einen Erfolg für sich. Im Halbjahresbericht für 2011 hieß es: "VG München bestätigt den Verfassungsschutz in seiner Bewertung a.i.d.a. als linksextremistisch."
2012 gab es einen Kompromiss mit dem bayerischen Innenministerium. Künftig stuft das Innenministerium nach eigenen Angaben a.i.d.a. nicht mehr als "linksextremistisch" ein. Im Gegenzug habe sich a.i.d.a. verpflichtet, in ihrem Internetauftritt Verlinkungen zu linksextremistischen und gewaltbereiten bayerischen autonomen Gruppen zu löschen. Der a.i.d.a.-Vorsitzende Marcus Buschmüller betonte, dass die Arbeit des vielfach ausgezeichneten Vereins zu keiner Zeit verfassungsfeindlich gewesen sei.
Mitbegründer: Vorwürfe "absurd"
Buschmüller, der a.i.d.a. 1990 mitbegründet hat, hatte Herrmanns Vorwürfe stets als absurd zurückgewiesen. Auch den persönlichen Vorwurf des Linksextremismus konnte er nicht nachvollziehen: "Das begründet man unter anderem damit, dass ich eine Vielzahl von Veranstaltungen besucht habe, die angeblich eben linksextremistisch seien. Welche das sind, wird nicht aufgeführt, ich nehme mal an Demonstrationen, Kundgebungen, Informationsveranstaltungen, Diskussionsveranstaltungen zu vielerlei Themen, weil ich nun mal ein politisch interessierter Mensch bin (...) Also allein die Tatsache, dass ich Veranstaltungen besuche - das ist schon ziemlich absurd."
Preis der SPD
A.i.d.a ist am 12. Dezember 2011 mit dem Josef-Felder-Preis der Bayern-SPD augezeichnet worden. Das Archiv verfüge wie wohl kaum eine andere Organisation ein ungeheures Wissen über die rechtsextreme Szene im Freistaat, erklärte der Landtagsfraktionsvorsitzende der SPD, Markus Rinderspacher, in seiner Laudatio. A.i.d.a habe sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit über die rechte Szene zu informieren und die Zivilgesellschaft zu mobilisieren, so Rinderspacher. Buschmüller bezeichnete die Ehrung als wichtiges Signal für Zivilcourage.
Mit dem Josef-Felder-Preis ehrt die Bayern-SPD Verdienste um Gemeinwohl und Zivilcourage. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert.