"Reichsbürger" bei der Polizei Weiterer Beamter vom Dienst suspendiert
Der Angriff eines Mannes auf Polizeibeamte in Georgensgmünd rückt die "Reichsbürger" in den öffentlichen Fokus. Nun stellt sich heraus: Einige von ihnen gehören sogar zur bayerischen Polizei. Die Behörden ziehen erste Konsequenzen.
In den Reihen der bayerischen Polizei sind vier sogenante "Reichsbürger" aktiv. Das sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der Rundschau im BR Fernsehen. Einer der Beamten ist seit dem Frühjahr suspendiert, sagte Herrmann. Der Polizist, der laut Medienberichten als Ausbilder bei der Polizeischule Ainring im Landkreis Berchtesgadener Land tätig sei, habe sich – so Herrmann – "klar als Reichsbürger exponiert" und habe auch an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen.
Augsburger Polizist suspendiert
Ein weitererer Polizist - ein Wach- und Schichtbeamter aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord - sei am Donnerstag suspendiert worden. Das bestätigte der Sprecher des Polizeipräsidiums, Manfred Gottschalk. Demnach handelt es sich um einen 35 Jahre alten Wach- und Schichtbeamten aus dem Landkreis Augsburg. Er hatte an eine Gemeindeverwaltung einen Brief mit Formulierungen geschrieben, die dem Gedankengut der Reichsbürger zuzuordnen sind, so die Polizei. Die Gemeinde wandte sich am 11. Oktober an das Polizeipräsidium, das nach einer Überprüfung des Sachverhalts Konsequenzen zog und ein Disziplinarverfahren einleitete.
"Wir nehmen das sehr, sehr ernst. Und es ist völlig klar: Wenn sich hier ernstliche Zweifel an der Verfassungstreue zum Freistaat Bayern und der Bundesrepublik Deutschland ergeben sollten, dann müssen diese Beamten den Dienst verlassen."
Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern
Weitere Beamte unter Verdacht
Gegen zwei weitere Wach- und Schichtbeamte aus dem Bereich des Präsidiums Oberbayern Süd laufen ebenfalls Disziplinarverfahren. Sie wurden aber bisher nicht suspendiert. Bei ihnen lasse sich bisher noch nicht mit Sicherheit sagen, inwiefern sich die Zusammenhänge erhärten lassen. Sollte sich die Zugehörigkeit zu den "Reichsbürgern" als wahr herausstellen, würden Konsequenzen folgen. Das stellte ein Ministeriumssprecher klar. Dazu können von einem Disziplinarverfahren bis zur Suspendierung aus dem Dienst alle Möglichkeiten gemeint sein. In den Fokus ist die Gruppierung der "Reichsbürger" nach dem Angriff einer ihrer Zugehörigen im fränkischen Georgensgmünd geraten. Dabei war der Mann, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, mit Waffen auf vier Polizisten losgegangen und verletzte einen SEK-Beamten tödlich.
Keine Überwachung durch den Verfassungsschutz
Nach dem Fall in Mittelfranken hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière angekündigt, die Bewegung neu zu bewerten. Von einer zentralen Überwachung durch den Verfassungsschutz war die Rede. Ob es dazu kommt, ist aber fraglich: Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise, nicht alle "Reichsbürger" seien rechtsextrem, so dass man sie nicht alle über einen Kamm scheren könne. Außerdem seien sie nicht bundesweit vernetzt. Beides wären aber notwendige Voraussetzungen dafür, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig wird.
Damit läge die Aufgabe weiter bei den Landesämtern und bei der Polizei. Deutschlandweit gehen die Behörden dem Bericht zufolge von einigen hundert "Reichsbürgern" aus. Und auch wenn sich unter ihnen "Spinner" befänden, halte man sie insgesamt für "nicht ungefährlich".
"Reichsbürger" behindern Arbeit vieler Amtsgerichte
Dabei bereiten die sogenannten "Reichsbürger" auch den Amtsgerichten Probleme. Vor allem bei Zwangsvollstreckungen komme es immer öfter zu Auseinandersetzungen mit den selbsternannten "Germanisten", sagt die Direktorin des Weilheimer Amtsgerichts, Regina Sieh. Bis zu fünf Fälle pro Monat seien inzwischen normal. In Dachau machte in "Reichsbürger" im Frühjahr Schlagzeilen, weil er erst einen Finanzbeamten erpresst hat, und dann zu den angesetzten Gerichtsterminen einfach nicht erschienen ist. Beim Amtsgericht München gab es wegen der "Reichsbürger" allein in diesem Jahr schon 20 Verfahren, sagt Präsident Reinhard Nemetz. Das Problem nehme in seiner Quantität und in der Qualität ständig zu. Er bekomme jeden Tag E-Mails "von solchen Querulanten", so Nemetz. "Das macht uns Arbeit und belastet unseren Geschäftsbetrieb." Vor allem gegenüber Gerichtsvollziehern komme es auch vermehrt zu gewaltsamen Übergriffen. Die Gerichte entwickeln laut Nemetz derzeit umfassende Strategien, wie sie mit diesem Phänomen angemessen umgehen können.