Srebrenica


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Die Schatten von Srebrenica Von der Idee zum Projekt

Der Mord an mehr als 8000 bosnischen Muslimen im Jahr 1995 und wie es dazu kommen konnte, bewegt auch uns Korrespondenten bis heute. Zum 20. Jahrestag ging es uns darum, das Massaker von Srebrenica aus der „Jetzt–Perspektive“ zu beleuchten: Wie leben die Menschen in Bosnien mit der schrecklichen Geschichte? Wie stark beherrscht die Vergangenheit ihre Gegenwart und ihre Zukunft?

Stand: 20.07.2015 | Archiv

Die Schatten von Srebrenica | Bild: ARD-Studio Wien

Aus diesen Fragen entstand die Idee, dass fünf Korrespondenten in fünf Porträts ihre Eindrücke aus Bosnien schildern. Es sind sehr persönliche Reportagen geworden, medienübergreifend umgesetzt: mit einem großen Webspecial an erster Stelle, Radiobeiträgen und TV-Formaten. Ein Titel war schnell gefunden: „Die Schatten von Srebrenica – 20 Jahre nach dem Bosnienkrieg“.

Dass wir Fernseh- und Radioleute gemeinsam planen und arbeiten, ist im Studio Wien schon fast Routine. Schließlich bestücken wir seit gut einem Jahr täglich unseren Südosteuropa-Blog (br.de/wien). Doch das hier war eine Stufe mehr: unser bisher aufwändigstes Rechercheprojekt. Es hat die Arbeitsabläufe im Studio Wien ganz schön durcheinander gewirbelt. Ein neues „Berufsfeld“ haben wir auch eröffnet: den Radio-Kameramann - der nebenbei zusammen mit der Blogspezialistin Fotos für die Fernsehkollegen macht. Die wiederum die Hörfunk-Producer in Beschlag nehmen, während die Radiokorrespondenten mit TV-Cuttern im Schnitt sitzen. Und dann gingen alle gemeinsam los auf die Webgestalter! Die nicht nur in Wien, sondern auch in München sitzen. Klingt anstrengend? War es manchmal auch. Aber vor allem war es extrem produktiv und motivierend.

Einblicke in die Arbeit der ARD-Korrespondenten am Srebrenica-Projekt

Ergebnis Nummer eins ist das Webspecial "Die Schatten von Srebrenica – 20 Jahre nach dem Bosnienkrieg" - mit Videos, Audios, Fotos, Texten, Grafiken, Hintergrundinformationen. Es folgen ein Bayern 2 „Breitengrad“, Feature und Beitragsserien in B5 aktuell und vielen anderen ARD-Radioprogrammen, TV-Reportagen u.a. in Europamagazin, Weltspiegel und Tagesthemen - und ein 45-Minuten-Film im Bayerischen Fernsehen. Jeder Korrespondent hat alles gemacht: die Radiokorrespondenten auch Fernsehen, die TV-Korrespondenten auch Radio, alle zusammen Web. Was wiederum alles nicht ohne die Kamera- und Tonkollegen, Mediengestalter, Producer, Cutter und Assistenten im Studio Wien und vor Ort in Bosnien-Herzegowina geht. Und nicht ohne kooperierende Redakteure, Online-Kollegen und Grafiker in  der BR-Zentrale in München.

Was bleibt für uns – ganz persönlich? Betroffenheit, ein Stück Fassungslosigkeit, manchmal Wut. Weil auch 20 Jahre nach dem Massaker von Srebrenica keiner der Hauptverantwortlichen wirklich bestraft oder zur Rechenschaft gezogen worden ist. Das betrifft nicht nur die bosnisch-serbischen Verantwortlichen wie Radovan Karadzic und Ratko Mladic, es betrifft auch die Blauhelme, die UN insgesamt, die NATO, die so spät eingriff, die EU, die Bosnien-Herzegowina noch heute links liegen lässt.

Das Massaker von Srebrenica im Juli 1995 gilt als der größte Massenmord in Europa nach 1945. Noch immer wird diese Feststellung in Zweifel gezogen, werden Opfer aufgerechnet, der Verlauf und das Wesen dieses Großverbrechens bestritten, oft mit einem Verweis auf die serbischen Opfer im  Bosnienkrieg.  Wir sind uns bewusst, dass im Verlauf dieses Bürgerkrieges Menschen aller Ethnien aufgrund von Volkszugehörigkeit und Religion zur Zielscheibe wurden. Wir wissen – und haben darüber immer wieder ausführlich berichtet, dass Kriegsverbrechen von allen Kriegsparteien begangen wurden.  Das dokumentieren auch die Fälle, die vor dem Kriegsverbrechertribunal verhandelt werden:  Dort sind Serben, Kroaten, Bosniaken und Albaner als Täter angeklagt und verurteilt worden.  Unsere fünf Portraits in diesem Webspecial sollen auf keinen Fall das Leid der Opfer gegeneinander aufrechnen. Wir möchten informieren, dokumentieren, zum Nachdenken anregen.


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