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Engel mit beschränkter Haftung Drei Fragen an Hauptdarsteller Harald Krassnitzer

Stand: 23.10.2024

Oskar (Harald Krassnitzer), in dessen Wohnung die Zeit seit seinem Tod stehengeblieben ist. | Bild: BR/Cult Film GmbH/ORF/Hubert Mican

Was ist für Sie der Kern des Films?

Im Kern dreht sich diese Geschichte um etwas, das uns letztlich alle betrifft und uns gar nicht so selten begegnet. Denn wahrscheinlich jeder Mensch hat schon einmal eine Situation erlebt, in der er im Nachhinein erzählen konnte oder musste „Puh, das war ganz schön knapp!“, „Das war kurz vor einer Katastrophe und ist auf wundersame Weise noch einmal gut gegangen…“ Jeder Mensch kennt dieses Momentum. Und dann sagen wir, meist eher salopp, dass wir es hier wohl mit Schutzengeln zu tun gehabt hätten.

Geht man diesen Schutzengeln und ihrem eigentümlichen Lebensweg einmal auf den Grund, kann man zu dem Schluss kommen, dass eventuell auch Schutzengel an einer Art Burnout leiden könnten, weil sie eben nicht nur kleine Kinder, alte Damen, Familien etc. beschützen, so wie es uns die geläufigen schönen Bilder suggerieren, sondern sie auch diejenigen Menschen schützen, die keine reinen Sympathieträger sind.

Wenn man sich also in die Rolle eines solchen Schutzengels versetzt, der laufend Leute vertreten muss, die er sich selbst nicht ausgesucht hat und die ihm vielleicht auch nicht sympathisch sind, dann ist dies natürlich eine ungleich schwierigere Aufgabe, die durchaus zu einem Burnout führen kann. Und so sind wir eigentlich am Kern der Geschichte angelangt, dass dieser Oskar seit einer geraumen Zeit immer wieder Menschen begleiten muss, die nicht die größten und angenehmsten Leuchten der Gesellschaft sind und er nun schlichtweg ermüdet von seinem Job ist. Wir schauen also sozusagen in die Materie eines Schutzengeldaseins. Und so, wie wir das erzählen, gibt es in einem solchen Engelleben bestimmte Strukturen oder auch eine Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen, um ins „next level“, spricht ins Paradies oder dergleichen befördert zu werden. An diesem Punkt steht Oskar nun.

Wie würden Sie die Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit in dieser ‚himmlischen Komödie‘ beschreiben?

Es gibt diesen Wechsel zwischen Humor und einer gewissen Ergriffenheit bei diesem Film – mit Blick hierauf lassen sich meines Erachtens zwei Bereiche ausmachen, die diesen Wechsel mit vorantreiben. Da ist einmal dieser Mann, Oskar, der ein Vorleben als Erdenbürger hatte. Dieses hatte seine guten Seiten, aber es gab auch Momente, in denen er tiefgreifende Entscheidungen getroffen hat, die nicht immer zum Wohl der anderen waren. Er hat einen großen Familienzwist unaufgelöst hinterlassen, worunter ein noch lebendes Familienmitglied, seine Tochter, noch immer sehr leidet. Und diese Konstellation birgt etwas, was wir vermutlich alle kennen: Wie selten haben wir die Möglichkeit oder den Mut, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Worte auszusprechen? Wie oft behält man Ungesagtes bei sich und nimmt ungelöste Streitigkeiten mit ins Grab? Landläufig könnte man dann von einem Trauma sprechen oder auch von einer Matrix, die sich über unser Leben stülpt, so dass man sich plötzlich fragt: „Warum kommt diese alte Geschichte denn jetzt wieder hoch, dieser alte Schmerz, den ich nicht auflösen konnte.“

Diese nicht aufgearbeitete Geschichte in der Familie des Schutzengels Oskar trifft nun auf die Geschichte des neu anzulernenden jungen Engels, Mira.

Und es ist dieser Engellehrling, der die Welt und Gesetzmäßigkeiten der Schutzengeldaseins erst von Grund auf lernen muss, aber sofort mit ganz neuen Ideen kommt und seine ganz eigenen Geschichten mitbringt, die er als Mensch auf der Welt erlebt hat. Mira stößt mit Oskar auf einen sehr erfahrenen Schutzengel, der seine Tätigkeit schon viele Jahre im Alleingang ausübt. Es ist dort bei den Engeln vielleicht genau so, wie auf dieser Erdkugel auch, nämlich dass alte weiße Männer oftmals meinen, alles besser zu wissen. Und das führt zu Konfliktpotential und letztlich dazu, dass Lehrer und Lehrling Federn lassen müssen, aber eben auch Bereicherung erfahren. Und aus diesen beiden Geschichten des alten und des jungen Schutzengels entsteht so ein wunderschönes, miteinander verbundenes Geflecht, das darüber hinaus auch ordentlich Spannungspotenzial mit sich bringt. Das war es, was mich an dem Buch von Drehbuchautor Uli Brée am meisten begeistert hat.

Sie sind vielen als „Tatort“-Kommissar bekannt. Was hat Sie an der Rolle des Schutzengels Oskar gereizt, die so anders ist?

Es ist ein ganz wesentlicher Teil meines Berufes und ich habe dazu auch noch großes Glück, dass ich tatsächlich ganz unterschiedliche Sachen ausprobieren darf. Die Auswahl meiner Rollen konnte ich immer so gestalten, dass ich die Vielfalt erleben kann. So darf ich zum einen in die Welten des Tatorts abtauchen, die etwas Sachliches und vielleicht auch Realitätsnahes haben. Und zugleich darf ich mich auch in romantische Vorweihnachtskomödien stürzen, mit fantasievollen Figuren und viel Emotionalität. Das sind zwei sehr unterschiedliche Welten und genau das macht den Reiz an meinem Beruf aus. Und nachdem Uli Brée ebenso diese beiden Welten bedienen kann, Tatort wie auch diese Komödie, verbindet sich das. Dieses Changieren zwischen unterschiedlichen Settings ist also etwas, was mir immer großen Spaß gemacht hat und was ich hoffentlich weiter machen werde, wenn ich es weiter machen darf.


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