Herren Statements der Produzenten Sidney Martins und Peter Hartwig
"Da ich selbst noch nie einen Film gesehen hatte, in dem Afro-Migrant*innen das Thema sind, machte ich mich 2009 auf die Suche nach einem Text, den ich verfilmen könnte.
Seltsamerweise fand ich kein Buch von einem afrikanisch-stämmigen Autor, der in Deutschland lebte, der den Kampf und die Schwierigkeiten des Migrantendaseins behandelte.
Das Buch 'Herren' spielt in London und wurde von einem südafrikanischen Autor (Warwick Collins) geschrieben, der zu meiner Verblüffung kein Schwarzer war.
Warwick Collins war sehr überrascht als ich ihm erzählte, wie schwierig es sei, einen Stoff zu finden, mit dem sich Afro-Migrant*innen in Deutschland identifizieren könnten.
Die Drehbuchautorin Stefanie Kremser (Tochter einer Deutschen und eines Bolivianers, aufgewachsen in Brasilien und, seit sie 20 Jahre alt ist, in Deutschland lebend) verstand mein Bedürfnis nach einem Drehbuch jenseits jeglicher Stereotypen, in dem der Alltag einiger schwarzer Migranten in Deutschland aufgezeigt würde.
Da Berlin eine multikulturelle Stadt ist, entschieden wir uns, den Film dort spielen zu lassen. Die Träume und Frustrationen der Integration, die Schwierigkeit anzukommen, seinen Platz zu finden und respektiert zu werden, wird noch vielmals schwieriger, wenn man nicht nur Ausländer, sondern auch noch schwarz ist.
'Herren' zeigt diese Schwierigkeit, sich zu integrieren und die täglichen Sorgen und Ängste der schwarzen Zuwanderer*innen.
Bis der Film 'Herren' endlich realisiert wurde, vergingen zehn Jahre mit verschiedenen Drehbuchfassungen und Hoffen und Bangen. Der unermüdliche Mut der Redakteurin Claudia Simionescu trug dazu bei, dass wir nicht aufgaben. Der lange Weg zur Realisierung des Films spiegelt auch die Schwierigkeiten der Afro-Migrant*innen wider.
Ich danke allen Kolleg*innen und Partner*innen, die dieses Boot mitgesteuert haben, von ganzem Herzen, und hoffe, dass dieser Film den Weg zu neuen Projekten mit Migrationsproblematik von afrikanisch-stämmigen Bürgern öffnet."
Produzent Sidney Martins
"Gerade in den letzten Jahren lag es vielleicht nahe, einen Filmstoff in die Hand zu nehmen, der aus der unmittelbarer Tagesaktualität das Thema 'Migration' fiktional erzählt. Und gerade in diesen Monaten läge es noch näher, den Alltags-Rassismus unserer Gesellschaft filmischer denn je zu thematisieren.
Reizvoller erschien mir der von BR-Redakteurin Claudia Simionescu angetragene Gedanke zu sein, auf eine Geschichte viel allgemeiner, universeller und somit langlebiger zu schauen.
Eine Geschichte von schwarzen Frauen und schwarzen Männern, die deutscher sprechen und deutscher sind als manche Zugezogenen im Prenzlauer Berg von Berlin.
Mir gefiel die Tonlage, weil sie die Geschichte noch menschlicher macht und dem Zuschauer die Möglichkeit gibt, mit einer inneren Entspannung und einem Augenzwinkern auf das zu schauen, was gelegentlich nur mit strengem und zu ideologisiertem Blick versehen ist.
Die feinen und leisen Töne hat die Autorin Stefanie Kremser treffend gefunden. Wahrscheinlich auch, weil sie die Welt besser kennt als ich und ebenso das Gefühl, sich fremd zu fühlen.
Ich, der (alte) weiße Mann, bin – genau wie unser Regisseur Dirk Kummer – in der DDR groß geworden und kenne aber auch das Gefühl, sich behaupten zu müssen, um die Deutungshoheit der eigenen Biografie zurück zu erlangen.
Auch deshalb war es eine spannende und lehrreiche Tour der Erkenntnis, die ich gemeinsam mit meinem Produzenten-Kollegen Sidney Martins machen durfte. Ich habe viel dabei gelernt – auch im gegenseitigen und respektvollen Umgang verschiedener Kulturen und Identitäten.
Wieder einmal ist es der BR mit der unermüdlich-klugen Claudia Simionescu, der den Mut und den Glauben hat, solche Geschichten zu erzählen."
Produzent Peter Hartwig