The Taste of Israel Interview mit Tom Franz
Fernsehkoch Tom Franz hat in kurzer Zeit geschafft, worum sich das Auswärtige Amt seit Jahrzehnten bemüht: Deutschland in Israel wieder beliebt zu machen. Denn der Kölner Konvertit hat bei Master Chef Israel gewonnen und ist zum beliebtesten Deutschen in Israel geworden – mit koscherer Küche. In dem Film von Mica Stobwasser und Louis Saul zeigt er ein hochkomplexes und spannendes Land.
Tom, wie war es für dich, bei Masterchef in Israel teilzunehmen, und hast du je damit gerechnet, dass du gewinnen könntest?
Ich habe gleich bei der audition (Anhörung) die Jury so beindruckt, dass sie mich auf höchstem Niveau und im Finale gesehen haben. Da gab es den Funken Hoffnung, dass ich tatsächlich vielleicht weit kommen kann. Aber der Wettbewerb zieht sich über mehrere Monate hin, man muss dutzende Gerichte kochen, und man kann sich auf nichts verlassen. Das ist das gefährlichste, man muss immer demütig bleiben und sein Bestes geben. Das war mein Rezept, um überhaupt weiter zu kommen.
Was fasziniert dich so an Israel?
Meine Faszination für Israel und das Judentum hat über die Menschen angefangen. Ich habe die Menschen kennengelernt, die vor über 25 Jahren zum Schüleraustausch zu mir in die Schule kamen. 20 Jugendliche aus Israel, die uns besuchten und mich dann irgendwie im Sturm erobert haben. Ich wusste noch nicht mal genau, woher sie kamen und welcher Religion sie angehörten. Als ich dann aber ein halbes Jahr später nach Israel kam, war es auch das Land, das mich fasziniert hat. In dem Moment, als ich aus dem Flugzeug stieg, die Luft roch, das Licht dort sah, die Bäume, die Vegetation, die Architektur, das war eine Art heimzukehren. Obwohl es ja alles anders ist und fremd, war ich vom ersten Tag an irgendwie angekommen.
Wie kam es dazu, dass du zum Judentum konvertiert bist?
Zuerst waren es wie gesagt die Menschen, dann das Land. Viel später kam die Religion, denn ich war kein gläubiger Mensch, auch nicht in meiner alten Religion im Christentum. Auch die Menschen, mit denen ich hier in Israel zu tun hatte, haben nicht viel mit Religion zu tun gehabt. Das hat noch viele viele Jahre gedauert, bis ich mich der Religion angenähert habe. Aber alles, was ich hier über die Religion erfahren habe, jede Berührung mit den alten Bräuchen, mit den Inhalten der Religion, hatte eine unheimliche Anziehungskraft und wirkte authentisch im Gegensatz zu dem, was ich davor in meinem Leben über meine eigene Religion erfahren hatte. Und ohne das gezielt zu planen, hat das seinen Weg genommen und immer mehr von mir ergriffen, bis ich mich ergeben und dem nachgehen musste.
Wann hast du deine Frau Dana kennen gelernt? Was war dein erster Eindruck von ihr, und wie hat sie dein Leben verändert?
Dana habe ich zu einem Zeitpunkt kennengelernt, der sehr wichtig in meinem Leben war, denn ich hatte gerade vor wenigen Wochen meine Konversion beendet. Zweieinhalb Jahre habe ich wirklich hart dafür gearbeitet, hier leben zu dürfen, zum Judentum überzutreten und hier angenommen zu werden. Und ein ganz wichtiges Element des Jüdischseins ist es, eine Beziehung zu führen, ein jüdisches Haus zu gründen. Erst dann kann man zu seiner Vervollkommnung finden, erst dann kann man wirklich einen spirituellen Aufstieg erleben. Das heißt, ich wusste, dass das für mich unbedingt erforderlich ist, um das zu erreichen, was ich gesucht habe: eine höhere Spiritualität. Und als ich Dana kennengelernt habe, wusste ich nicht sofort, dass das die Antwort für alles ist, aber ich hatte das Gefühl, dass ich diese Frau kennenlernen muss. Dieses Gefühl hat mir mein innerer Kompass gegeben, wie auch bei den anderen Entscheidungen in meinem Leben. Es war stark genug, mir den Anstoß zu geben, mich zu überwinden, diese fremde Frau auf der Straße anzusprechen und nach ihrer Nummer zu fragen. Das macht man nicht jeden Tag, da muss einem etwas schon wirklich wichtig sein. Und ich habe es gemacht. Ab da hat mein Leben einen neuen Verlauf genommen. Bis dahin habe ich Entscheidungen selber getroffen, aber ab da waren wir ein Paar. Eigentlich mehr als das, wir sind ein Team und treffen alle Entscheidungen zusammen. Wir haben auch schon vor Masterchef zusammengearbeitet, alles zusammen entschieden und Aufgaben untereinander geteilt.
Dana ist meine bessere Hälfte. Wir ergänzen uns unglaublich perfekt. Wir sind so unterschiedlich in unseren Charakteren und Eigenschaften, wie der historische Hintergrund unserer Völker. Aber genau diese Gegensätze greifen ineinander wie zwei Zahnräder und führen zu einer unglaublichen Kraft, die uns gegenseitig fördert und nach vorne bringt.
Seit ich mit Dana zusammen bin, bin ich nicht nur im richtigen Land angekommen, sondern bin auch in meinem Leben da angekommen, wo ich hingehöre und habe das Suchen aufgehört.
Was ist der familiäre Hintergrund von Dana und das Besondere an eurer Liebesgeschichte?
Dana stammt mütterlicherseits aus einer Familie von Holocaustüberlebenden. Die Eltern ihrer Mutter sind die einzigen Überlebenden eines großen Familienclans aus Osteuropa. Das ist ein schweres Erbe. Das als Deutscher zu erfahren und daran teilzuhaben, ist eine große Herausforderung, und damit muss man erst mal umgehen können. Denn das ist nicht mit Kriegsende einfach vorbei, Dana ist mit den Geschichten ihrer Großmutter aufgewachsen. Seit ihrem dritten Lebensjahr hat sie Holocaust Literatur in Bildern und schon sehr früh in Texten konsumiert und das einfach in sich aufgesogen. Sie hat, obwohl sie die 3. Generation ist, ein richtiges Holocaust Trauma, von den Bildern, von den Geschichten, die in ihr drin sind, als hätte sie es selbst erlebt.
Ich war die absolute Schocktherapie dafür. Auf einmal kommt der Deutsche, der zwar anders gepolt ist, aber trotzdem Deutscher ist. Und dann kommt man sich nah, man will zusammen sein, aber man muss die Geschichte ja auch irgendwie aufarbeiten.
Wir haben deswegen nie gezögert, zusammen zu sein, aber die Themen haben am Anfang viel Raum eingenommen. Ich konnte nicht erwarten, dass es ok ist, dass ich Deutscher bin. Ich kann zwar nichts dafür, es ist aber auch nicht selbstverständlich, dass jemand einfach so damit umgehen kann und sogar bereit ist, damit zu leben und die eigenen Kinder in diesem Sinne ja auch Deutsche werden zu lassen. Hier werden ja quasi Täter und Opfer vereint. So etwas würde den normalen Gedankenhorizont überschreiten. So etwas denkt man sich nicht aus, und auf einmal ist das das eigene Leben. Wir mussten uns entscheiden, ob wir das wollen.
Ist das ein Friedensmodel für dich?
Ich denke schon, dass wir in unserem kleinen Familienkosmos ein Aussöhnungsmodell zwischen unseren beiden Völkern leben, das vielen etwas gibt und hilft, die Aussöhnung zu empfinden und anders übereinander zu denken.
Wie erlebst du als Deutscher Israel heute? Welches Image hat Deutschland heute in Israel?
Insgesamt hat Deutschland heute ein sehr gutes Image in Israel. Das neue Deutschland hat ein gutes Image. Die Geschichte ist nicht vergessen und in Teilen auch nicht vergeben – jedenfalls nicht denen, die damals Täter waren und heute noch am Leben sind.