Kreislaufflasche Besser als Mehrweg? Die Kreislaufflasche von Lidl
Der Discounter Lidl bewirbt seine Einwegplastikflasche als besonders umweltfreundlich. Mit prominenter Unterstützung von Günther Jauch. Ist diese Einweg-Plastikflasche wirklich umweltfreundlicher als Mehrweg?
Allein die Werbung dürfte Lidl eine Stange Geld kosten. Nicht nur, weil Promi Günther Jauch als "skeptischer" Markenbotschafter auftaucht, sondern weil in zahlreichen Fernsehspots und auf Plakaten sehr intensiv die neue, so genannte Kreislaufflasche beworben wird. Die Plastik-Einwegflasche mit Pfand soll demnach wesentlich umweltfreundlicher sein, als vergleichbare Mehrwegflaschen aus PET oder Glas.
Leicht, regional und recycelbar
Die Kreislaufflasche von Lidl soll – das verspricht jedenfalls die Werbung – zu hundert Prozent aus recyceltem PET bestehen und später selbst wiederum vollständig wiederverwertet werden können. Das lässt sich Lidl auch durch eine beim renommierten Heidelberger Institut für Energie und Umwelt (IFEU) in Auftrag gegebene Studie bestätigen. Demnach ist diese PET-Flasche nicht nur wesentlich leichter, sondern kann auch durch kürzere Transportwege punkten. Gewicht und Strecke spielen in der Ökobilanz eine sehr wichtige Rolle.
Die Kreislaufflasche ist nach Angaben von Lidl extrem leicht. Was natürlich nicht nur den Einsatz von Plastikmaterial reduziert, sondern auch für eine verbesserte Transportbilanz – mehr Flaschen, weniger Sprit – sorgt. "Die Kreislaufflasche nutzt keine sperrigen Kästen und wird für den Leerguttransport so klein gepresst, dass 400.000 Flaschen auf einen einzigen LKW passen. Für die gleiche Menge benötigen Mehrwegsysteme mindestens 26 LKW", heißt es bei Lidl.
Vorteil: Kurze Transportwege
Die Schwarzgruppe bzw. Lidl hat mittlerweile fünf Mineralwasser-Quellen in ganz Deutschland übernommen und garantiert, dass die Transportwege einer befüllten PET-Plastikflasche nicht über 180 Kilometer reichen. Hier können tatsächlich nur noch Mehrwegflaschen eines lokalen oder regionalen Mineralwasseranbieters mithalten. Der Discounter füllt nach eigenen Angaben "60 Artikel der Getränke-Eigenmarken 'Saskia', 'Freeway' und 'Solevita' in unseren Lidl-Kreislaufflaschen ab". Die durchweg positive Ökobilanz im Vergleich zu Mehrwegflaschen gilt aber nur für Branchenprimus Lidl. Andere Marktteilnehmer sind mit ihren PET-Einwegprodukten längst nicht so weit.
Wirklich 100%? Nicht ganz
Dass eine neue PET-Einwegflasche zu hundert Prozent aus Alt-Plastik (Rezyklat) hergestellt werden kann, ist natürlich möglich. Leider auch teurer, denn frisches Plastikgranulat ist immer noch günstiger. Eine PET-Einwegflasche vollständig in einem Bottle-to-Bottle-System kreisen zu lassen, dürfte dagegen – wenn man’s genau nimmt – nicht möglich sein, da Materialverlust immer einberechnet werden muss. Das gilt aber auch bei der Wiederbefüllung von PET-Mehrwegflaschen.
Zudem kann die sehr hohe Recyclingfähigkeit nur für den Flaschenkörper bestätigt werden. Etikett und Deckel sind da außen vor, wie Lidl auf Anfrage bestätigt: "Die Verschlüsse und Etiketten werden von anderen Unternehmen weiterverwertet. Auch aus ihnen entstehen neue Recyclingprodukte. Aus EU-rechtlichen Gründen derzeit nur Produkte ohne Lebensmittelkontakt." Gerade die Deckel, das gilt auch für die Plastikverschlüsse von Getränkekartons, werden allerdings oft thermisch verwertet. Das bedeutet, sie werden verbrannt, beispielsweise zur Energiegewinnung in der Zementindustrie.
Einweg im Öko-Vergleich zu Mehrweg
Ob eine Einwegflasche mit Pfand ökologisch sinnvoller ist als eine Mehrwegflasche, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einwegflaschen können zwar recycelt werden, aber ihre Herstellung erfordert mehr Ressourcen als die Wiederverwendung von Mehrwegflaschen. Eine Mehrweg-Glasflasche kann bis zu 50 Mal befüllt werden. Eine PET-Mehrwegflasche dagegen lediglich etwa 25 Mal. Dafür ist sie leichter beim Transport, was sich positiv auf die Ökobilanz auswirkt. Im direkten Vergleich mit der Glas-Mehrwegflasche wird die PET-Mehrwegflasche daher auch besser bewertet. Glas gilt dagegen als besonders inert, also lebensmittelsicher, was für viele Verbraucher ebenfalls ein wichtiger Punkt ist.
Warum lässt sich das Lidl so viel kosten?
Liegt der Schwarzgruppe aus Neckarsulm und ihrem Discounter Lidl die Umwelt demnach so am Herzen, dass sehr viel Geld in Forschung und Werbung für eine Plastikflasche gesteckt wird? Nicht nur. Es geht auch ums Geschäft. Der Mineralwassermarkt ist zu beinahe zwei Drittel in der Hand von Discountern. Bei Lidl, Aldi, Penny und Co. gibt es nur Getränke in Einwegflaschen mit Pfand. Mehrweg? Fehlanzeige. Dabei hatte das Verpackungsgesetz (VerpackungG) schon 2019 ein Mehrwegziel von 70 Prozent vorgegeben. Ein zahnloser Papiertiger. Die Mehrwegquote dümpelt bei Mineralwasser bereits seit Jahren unter 40 Prozent.
Wenn Lidl nun – mit Unterstützung von Günther Jauch und einem Gutachten des IFEU-Instituts – belegen kann, dass eine PET-Einwegplastikflasche einer vergleichbaren PET- oder Glas-Mehrwegflasche unter ökologischen Gesichtspunkten besser abschneidet, nützt das dem Discounter-Konzept. Die typische Ladenstruktur sieht keine Lagerräume für Mehrweg vor und ein entsprechendes System würde nur Geld kosten.
Ökologischste Alternative: Der Wasserhahn
Im Übrigen gibt's noch eine günstigere und superökologische Variante zu allen gängigen Mineralwasserflaschen: Das Trinkwasser aus dem Hahn zuhause: Bestens kontrolliert, keine belastenden Transportwege und supergünstig. Wasser aus dem Wasserhahn kostet nur etwa zwei Cent pro Liter. Bei den Mineralwassertests der letzten Jahre, hat ganz normales Leitungswasser bei der Stiftung Warentest teilweise besser abgeschnitten als Sprudel aus der Flasche.
Hören Sie hier in unserem "Besser Leben" - Podcast: Wann Ketchup aus der Plastikflasche öko ist
https://www.ardaudiothek.de/episode/besser-leben-der-bayern-1-nachhaltigkeitspodcast/wann-ketchup-aus-der-plastikflasche-oeko-ist/bayern-1/96784268/