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Das Sterbebild stirbt nicht aus Totengedächtnis, Fürbittzettel, Sammlerstück und Forschungsobjekt

Wer sein Lebtag keine Visitenkarte hatte, zum Abschied von dieser Welt bekommt er eine. Zwar ohne Adresse, aber das Sterbebild nennt die wichtigsten Daten: den Namen, den Geburts- und den Todestag. Und meist zeigt dieser letzte Gruß auch ein Foto des Verstorbenen.

Von: Regina Fanderl

Stand: 15.11.2021 | Archiv

Das Sterbebild stirbt nicht aus: Totengedächtnis, Fürbittzettel, Sammlerstück und Forschungsobjekt

Die Sterbebilder haben ihren Ursprung in den so genannten Totenroteln. Das waren Pergamentrollen, die im Mittelalter von Kloster zu Kloster geschickt wurden und vom Tod eines Mitbruders berichteten. Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Brauch auch in den katholischen Regionen Bayerns. Anfangs waren die Totenzettel noch einfache Bildchen mit einer Heiligendarstellung in schwarz-weiß.

"Später waren sie dann so groß in Mode, dass man nach Einführung der Chromolitographie die Sterbebilder farbig gedruckt hat. Mit der Einführung  der Fotografie hat man sie wie kleine Passfotos gedruckt. Manch einer kann sich vielleicht erinnern an die Sterbebilder, die ausgeschaut ham wie eine Briefmarke."

Elisabeth Weilnböck vom Bayerischen Landesverein für Familienkunde

Was das Sterbebild verrät

Alte Sterbebilder zeugen von vergangenen Zeiten und von Berufen, die es heute nicht mehr gibt, wie den Oberbrieftaubenmeister und den Preisüberwachungsbeamten. Auch bei Frauen legten die Hinterbliebenen Wert auf klangvolle Titel, etwa die Bischöfliche Konsistorialbotenswitwe und die Vorhangappreturanstaltsbesitzerwitwe. Bei jung verstorbene Männern wurde dem Namen ein "ehrengeachtet" vorangestellt. Jungfrauen waren in jedem Fall "tugendsam", auch wenn sie steinalt gestorben sind. Ab den 1970er Jahren veränderten sich die Sterbebilder. Statt frommer Motive wie Christus am Kreuz und die betende Madonna kamen Kunstdarstellungen und landschaftliche Motive in Mode.

"Man sieht, dass die christlichen Motive verschwinden. Man weiß nicht, wie das global zusammenhängt, dass die Familien immer kleiner werden. Früher war die Großfamilie da. Ob dann noch viele Sterbebilder gefragt sind, ist die Frage."

Thomas Hartl, Bestatter

Zugleich sind Sterbebilder eine wichtige Quelle in der Ahnenforschung. Der Bayerische Landesverein für Familienkunde betreibt seit mehreren Jahren ein Projekt, bei dem Sterbebilder systematisch eingescannt und in einem digitalen Archiv gesammelt werden. Die Originalbilder gehen wieder zurück an ihre Besitzer.


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