Friedrich von Hessing Schreiner, Wunderdoktor, Bäderfürst
Nein, hier geht es nicht um rein Historisches. Die Geschichte des bei Rothenburg o. d. T. geborenen Friedrich Hessing reicht bis in die Gegenwart und findet ihren Niederschlag in Medizin und Baukunst, in Wirtschaft und Kultur.
Noch immer gibt es in Göggingen südlich von Augsburg die Hessing-Kliniken als Kompetenzzentrum für Orthopädie und Gesundheitsvorsorge, betrieben von der 1918 gegründeten Hessing Stiftung. Sie sind benannt nach eben jenem Friedrich Hessing, ab 1913 Ritter von Hessing, der am 19. Juni 1838 auf die Welt kam und am 16. März 1918 hochgeehrt und dekoriert starb. Er liegt auf dem Friedhof in Göggingen begraben. Sein Geburtstag jährt sich 2013 zum 175. Mal.
Ein Pionier auf dem Gebiet der Orthopädietechnik
Hessing war ein Pionier auf dem Gebiet der Orthopädietechnik und erfand zum Beispiel das "Hessingkorsett" für Wirbelsäulenverkrümmungen und den Schienenhülsenapparat. Letzterer ist bis heute – von der Funktionalität her kaum verändert – in Gebrauch.
Ein Theater für die Patienten
1886 ließ Hessing in Göggingen für die Patienten seiner Orthopädischen Klinik ein prächtiges Theater bauen, das Kurhaus, das heute – nach einem Brand aufwändig saniert – als Theater für Kultur- und Musikveranstaltungen betrieben wird. Die Glas- und Gusseisenkonstruktion nach Plänen des Architekten Jean Keller ist ein Prachtexemplar damals moderner Gründerzeitarchitektur.
Friedrich von Hessing: Wunderdoktor und Bäderfürst
Ende des 19. Jahrhunderts kommt zur Klinik in Göggingen die "Kuranlage Wildbad Rothenburg" in Rothenburg ob der Tauber hinzu. Auch hier bekam Architekt Jean Keller den Auftrag für die Kuranlagen – die heute von der Evangelischen Landeskirche als Tagungszentrum genutzt werden. Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges bleibt die hochvermögende, adelige Klientel aus dem europäischen Ausland weg und das Wildbad muss schließen
Ab Oktober 1900 war Hessing auch Badpächter in Bad Kissingen und Bad Bocklet. In seine Ägide fällt die Errichtung des berühmten Regentenbaues. Bis 2011 war die "Hessing Stiftung" als Betreiberin der dortigen, seit 1999 nur noch auf dem Papier bestehenden Bäderverwaltungsgesellschaft eingetragen. Ein Angebot in die USA schlug Hessing aus, reiste aber circa 20 Mal nach Russland, um Patienten zu behandeln.
Die einst legendären Luxus-Häuser in Reichenhall und Bayerisch Gmain sind leider kaum noch wieder zu erkennen. Aber die Straßennamen "Am Hessing" sind noch geblieben. Friedrich von Hessing: Eine fränkisch-schwäbische Karriere, die noch nicht zu Ende ist.