Bayern 2

     

Kleines Organ, große Wirkung Die Prostata

Prostatakrebs ist die dritthäufigste tumorbedingte Todesursache bei Männern, aber immer noch ein Tabu. Doch wer Prostataleiden früh erkennt, kann sie gut behandeln.

Von: Monika Dollinger

Stand: 22.01.2024 |Bildnachweis

Mann hält sich beide Hände vor seinen Schambereich | Bild: picture-alliance/dpa

Männer wie Pablo Picasso, Charles de Gaulle, Ronald Reagan und Roger Moore sollen sie gehabt haben: die Diagnose Prostatakrebs.

Experte:

Prof. Dr. Maximilian Burger, Direktor der Klinik für Urologie der Universität Regensburg am Caritas-Krankenhaus St. Josef | Bild: Caritas-Krankenhaus St. Josef

Prof. Dr. Maximilian Burger, Urologe am Caritas-Krankenhaus St. Josef, der Universitäts-Urologie Regensburg

Die Krankheit, die zu Beginn in der Regel nur wenig Beschwerden macht, ist die dritthäufigste tumorbedingte Todesursache bei Männern.der häufigste bösartige Tumor des Mannes. Und auch die gutartige Vergrößerung der Prostata ist sehr häufig und kann große Probleme bereiten. Prostatabeschwerden sind noch immer ein großes Tabu - obwohl es kein Problem sein muss, Prostataleiden rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Dem Text liegt ein Interview mit Prof. Dr. Maximilian Burger, Urologe am Caritas-Krankenhaus St. Josef, der Universitäts-Urologie Regensburg, zugrunde.

Für viele Männer ist eine Untersuchung der Prostata mit einem großen Tabu verbunden. Viele gehen deshalb erst dann zum Arzt, wenn sie Schmerzen haben.

"Einige Männer betreiben bezüglich ihrer Prostata eine Vogel-Strauß-Politik. Sie wollen nicht wahrhaben, dass sie durchaus objektivierbare Beschwerden beim Wasserlassen haben. Und andere, die keine Beschwerden haben, nehmen dies als Zeichen dafür, dass sowieso alles in Ordnung sei und es keinen Grund gäbe, sich vorsorglich untersuchen zu lassen."

Prof. Dr. Maximilian Burger, Urologe am Caritaskrankenhaus St. Josef in Regensburg

Die Folge: Männer kommen oft erst dann zum Arzt, wenn sie wirklich deutlichere Beschwerden haben oder durch Krankheitsfälle in ihrer näheren Umgebung plötzlich Angst vor einer doch ernsteren Erkrankung bekommen.

Damoklesschwert Prostatakrebs

"Natürlich wird unter Männern auch über Probleme beim Wasserlassen geredet", stellt Prof. Burger fest: "Aber nur, weil einer von seiner Prostatavergrößerung oder seinem Prostatakrebs erzählt, bedeutet das noch lange nicht, dass die anderen hellhörig werden und reagieren. Teilweise gehen sie erst recht nicht zur Untersuchung, weil sie die Möglichkeit einer ungünstigen Diagnose verdrängen - sie haben einfach Angst vor einem Prostatakrebs." Prof. Dr. Maximilian Burger, Urologe am Caritaskrankenhaus St. Josef in Regensburg

Wissen Männer gut über ihren Körper Bescheid?

Nach Prof. Burgers Erfahrung gibt es große Unterschiede, wie aufgeklärt Männer über ihren Körper oder mögliche Erkrankungen, die sie betreffen können, sind. Der Wissensstand über männerspezifische Erkrankungen und die Auseinandersetzung mit ihnen, hängt mit persönlichen Erfahrungen und sicherlich auch mit den Interessen und der Bildung des Mannes zusammen.

Informationen im Internet: wertvoll - aber nicht alle!

Prof. Burger erlebt immer wieder, dass Männer dank einer gründlichen Internetrecherche gut informiert sind. Eine oberflächliche Recherche bei teils dubiosen Quellen bewirkt jedoch das Gegenteil. Eine Arbeitsgruppe der Klinik für Urologie und den Instituten für Information und Medien sowie für Germanistik der Universität Regensburg hat herausgefunden, dass nur die wenigsten Quellen gut sind- und hier vor allem Internetseiten öffentlich-rechtlicher Institutionen und großer Krebszentren sowie der Selbsthilfegruppen.  

Ein schwieriges Paar: Männer und Scham

Scham spielt beim Wissen über den eigenen Körper und der bewussten Auseinandersetzung mit diesem und möglichen Erkrankungen eine große Rolle. Nicht wenige Männer sind laut Prof. Burger auch manchmal schlecht aufgeklärt oder haben sich nie bewusst mit Erkrankungen beschäftigt. Deswegen fällt es ihnen auch leicht, Körperliches und auch mögliche Erkrankungen zu verdrängen.

"Bitte nicht anfassen" - Die genitale Untersuchung

Prof. Maximilian Burger weiß, wie schamhaft manche Männer ihre Genitalregion schützen und nur widerwillig bereit sind, eine ausführliche Untersuchung zuzulassen. Die Gründe hierfür sind sehr vielfältig, wobei auch hier sicherlich Aufklärungsdefizite und Erziehung eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Die Befragung von Männern über ihr Sexualleben empfinden manche häufig als Eingriff in ihre Intimsphäre. Sie reagieren nicht selten sehr zurückhaltend und sogar abweisend.

"Wirklich ehrliche Antworten beispielweise über die erektile Funktion, also die Potenz, sind meines Erachtens sehr selten, da viele Männer Schwächen in diesem Bereich nur ungern zugeben. Für die Früherkennung eines Prostatakrebses ist die Kenntnis über die sexuellen Funktionen aber auch nicht von Belang; je nachdem, was man von seiner Ärztin bzw. seinem Arzt erwartet, kann man hier einfach signalisieren, dass man diese Themen nicht erörtern will."

Prof. Dr. Maximilian Burger, Urologe am Caritaskrankenhaus St. Josef in Regensburg

Vorsorgeuntersuchung

Ab 45 Jahren ist eine Vorsorgeuntersuchung bei Männern empfohlen, und sie ist kostenlos. Aber nur ca. 15 bis 20 Prozent der Männer nehmen an dieser gesetzlich geregelten Vorsorgeuntersuchung teil. Wünschenswert wäre natürlich eine sehr hohe Anzahl der Männer, die zumindest über 50 Prozent liegen sollte. Angestrebt wird von den Fachleuten zumindest über 50 Prozent der Männer.