Bayern genießen Königlich - Bayern genießen im September
Vor 150 Jahren, im September 1869, war Grundsteinlegung für Schloss Neuschwanstein. Wir beschäftigen uns deswegen in Bayern genießen mit der Vorgeschichte des Schlosses und vielen anderen königlichen Genießerthemen aus Bayern.
Hier unsere Genuss-Themen aus den bayerischen Regionen rund ums Motto "Königlich"
Oberbayern: Der "Kinihas" aus dem Pfaffenhofener Kaninchenzuchtverein. Von Sarah Khosh-Amoz
Niederbayern: Die Traditionsglashütte Theresienthal im Bayerischen Wald. Von Renate Roßberger
Oberpfalz: Die Königliche Villa Regensburg. Von Thomas Muggenthaler
Oberfranken: Eine Preußin in Bayern - Wilhelmine in Bayreuth. Von Anja Bischof
Mittelfranken: Die königliche Nürnberger Stadtmauer. Von Susanne Roßbach
Unterfranken: Alljährliches Königstreffen in Bad Kissingen. Von Norbert Steiche
Schwaben: Altschwanstein. Die Geschichte der Burg Schwanstein. Von Rupert Waldmüller
Ich habe die Absicht, die alte Burgruine Hohenschwangau bei der Pöllatschlucht neu aufbauen zu lassen, im echten Styl der alten deutschen Ritterburgen schrieb König Ludwig II. 1868 an Richard Wagner. Dass ein König ein Schloss baut - auch gerade der Wiederaufbau mittelalterlicher Schlösser - war zu dieser Zeit gar nichts ungewöhnliches. Doch Ludwigs Schloss Neuschwanstein sollte das weitaus berühmteste seiner Art werden. Am 5. September 1869, vor 150 Jahren also fand die Grundsteinlegung statt. Wir beschäftigen uns aus diesem Anlass heute in Bayern genießen mit der Vorgeschichte von Neuschwanstein.
Bürgerlich haben Bayerns Könige praktisch alle gedacht. Und alle waren sie, entsprechend ihrer Zeit, Romantiker. Ganz besonders natürlich Ludwig II., gleichzeitig der vielleicht unbürgerlichste unter den bayerischen Königen. Er hatte in jungen Jahren eine umjubelte Triumphreise durch Franken gemacht und das märchenhaft altdeutsche Nürnberg besonders liebgewonnen:
"In keiner Stadt fühle ich mich so heimisch wie hier. Die Bevölkerung ist intelligent und durchaus edel, unterscheidet sich darin so vorteilhaft von dem Münchner Plebs! Wenn, was mir nun leider völlig unbezweifelbar klar erscheinen muss, in München nie und nimmer Heil unserem Wirken erblühen kann, so will ich den größten Teil des Jahres in Zukunft hier zubringen, hier im geliebten Nürnberg, das mir täglich teurer wird."
König Ludwig II. über Nürnberg
Vielleicht hat er sogar mit dem Gedanken gespielt, seine Residenz ganz nach Nürnberg zu verlegen. Da hat es ihm gar nicht gepasst, als die Nürnberger Industriebarone die komplett erhaltene mittelalterliche Mauer der Stadt abreißen wollten. Doch der König verbot das kurzerhand. Bei den Nürnbergern hat er sich damals in die Nesseln gesetzt, heute sind sie froh über das königliche Machtwort. Rund fünf Kilometer ist die Stadtmauer in Nürnberg lang. Sie lässt sich also in zwei Stunden gemütlich umrunden mit Abstechern in die Hesperidengärten und auf den berühmten Johannisfriedhof mit den Gräbern von Albrecht Dürer, Hans Sachs und vielen anderen Persönlichkeiten.
Belle Epoque in Bad Kissingen
Es müssen wirklich nicht immer Schlösser sein. Bayerns Könige haben zum Beispiel die Kur an den altbekannten Sauerbrunnen in Bad Kissingen groß gefördert. Maximilian I. ließ die Brunnen neu fassen, Ludwig I. beauftragte seinen Baumeister Friedrich Gärtner mit der Errichtung des klassizistischen Arkadenbaus, Max II. Kaiserin Sisi, das russische Kaiserpaar und viele andere weilten zur Kur. Schließlich erhob Ludwig II. Kissingen 1883 zum Bad. Danach entstanden Grand Hotels, der prunkvolle Regentenbau und die Wandelhalle, die größte Trinkkurhalle der Welt. Ja, auch Bayern hatte seine Belle Epoque. Bad Kissingen bietet im Herbst im Rahmen der Bad Kissinger Genusswelten Weinwanderungen, musikalische Menüs im malerischen Schloss Hammelburg oder kulinarische Stadtführungen. Eine Übersicht der Veranstaltungen finden Sie hier.
Und noch ein besonderer Bad Kissingen Wandertipp für Sie:
Abseits vom Kurrummel - Über die Kaskadenschlucht bei Bad Kissingen zu Schloss Aschach und zurück
Das Wasser rauscht über Stufen verschiedener Größe. Wir starten unsere Tour durch das sogenannte Kaskadental, einem kleinen Nebental der Saale unweit von Bad Kissingen. Hier hatte einst der Adel Ruhe gesucht. Nach gut einem Kilometer verlassen wir das Kaskadental und folgen einem Weg auf einem Höhenkamm. Lichtungen im Wald geben immer wieder den Blick ins Tal und auf die Kuppen der nahen Rhön frei. Dann öffnet sich der Wald und wir schauen auf Schloss Aschach. Hier gibt es ein Café zur Einkehr. Nach einer Pause geht’s zurück nach Bad Kissingen. Aber nicht auf dem Höhenrücken, sondern entlang der in weiten Schleifen meandernden Saale. Wenn der Weg in dem Flusstal in die Nähe der Straße kommt, dann kann man mit viel Glück die historische Postkutsche sehen, die zwischen Bad Kissingen und Aschach unterwegs ist. Wir kommen vorbei am Förderturm des Luitpoldsprudels. Am Rande der Saale wird aus über 900 Metern Tiefe Heilwasser gewonnen. Nach dem Kloster Hausen kommen wir schließlich an die Obere Saline von Bad Kissingen. Und hier kann man auch noch das Bismarck-Museum besuchen. Insgesamt 16 Kilometer ist die Wanderung lang.
Tischkultur aus Theresienthal
Wer königlich feiern will, braucht dafür Zubehör. Zum Beispiel prunkvolle Gläser. Da geht in Bayern und auch sonst auf der Welt kaum ein Weg an der Kristallglasmanufaktur Theresienthal vorbei, die nach wechselvoller Geschichte heute immer noch und immer wieder königlich-kostbares Glas produziert. Im dortigen Museumsschlösschen gibt's eine der prächtigsten Glassammlungen weltweit zu sehen. Darunter beispielsweis auch die Prototypen der Glasgarnituren für den russischen Zaren, den Kaiser von Frankreich, für König Ludwig II. und Kaiser Wilhelm II.
Wilhelmines Galadiners
Was immer wieder vergessen wird: In Bayern regierten nicht nur Wittelsbacher. Das Fürstentum Kulmbach-Bayreuth kauften die Wittelsbacher erst 1810 den Franzosen ab - für 15 Millionen Goldfrancs. Im 18. Jahrhundert führten dort der brandenburgische Markgraf Friedrich und seine Gemahlin Wilhelmine die Lieblingsschwester des Preußenkönigs, einen glanzvollen Hof. Wenn Sie einmal königlich speisen wollen wie Wilhelmine in Bayreuth hier zwei Rezepte zum Nachkochen.
Beide Rezepte aus: B. Michael Andressen "Barocke Tafelfreuden - Tischkultur an Europas Höfen", Orbis Verlag, 1996, ISBN 3-572-01288-0
Königliches Kaninchen
König heißt noch im Mittelalter Kunig oder Künig. Davon der bairische Dialektausdruck Kini. Lang bevor die Wittelsbacher die bayerischen Kine wurden haben sie als Pfalzgrafen bei Rhein schon den König der Tiere im Wappen geführt - den Löwen. Raubtiere wie Adler, Bären, Panther oder eben Löwen waren ja bei den Fürsten als Erkennungsmerkmale mindestens ebenso beliebt wie heutzutage bei Sportvereinen. Unvorstellbar, dass ein hoher Herr, auch wenn er bloß ein kleiner König, ein Kunigl gewesen wär, das furchtsame Kaninchen im Wappen geführt hätte. Und trotzdem heißt das Kaninchen in Franken, Schwaben und Altbayern Kunigl, Künigl oder Kinihas. Die Bezeichnung geht auf das Lateinische cuniculus zurück, das soviel wie Röhrenbewohner bedeutet; aber weil Cünigl eben auch kleiner König bedeuten kann, wurde es mit dem Kini in Zusammenhang gebracht.
Kaninchen war aber auch eine Speise für König Ludwig II. und seine schlechten Zähne.
Hier die Kaninchengerichte aus dem Kochbuch des in Würzburg geborenen Hofkochs König Maximilians des II., nach dessen Rezepten auch noch für den Märchenkönig gekocht wurde.
Und hier das Hasenragout-Rezept des Kaninchenzüchtervereins Pfaffenhofen.
Am letzten Oktoberwochende ist übrigens Vereinsschau in Pfaffenhofen. Rund 150 Kaninchen zeigen sich dann wieder fein herausgeputzt von ihrer besten Seite.
Bayerische Könige
Das ist das Besondere an den bayerischen Königen: Sie haben es verstanden, die Neubayern aus Franken und Schwaben und die Altbayern so fest zusammenzuschweißen, dass das neuentstandene Land bis heute Bestand hat. Einheit in der Vielfalt war und ist das Motto. Und die Vielfalt Bayerns, die lässt sich wahrhaft königlich genießen!