Bayern 2

     

radioTexte - Das offene Buch "Unmögliche Liebe" - Minnelyrik von heute

Tristan Marquardt, Jan Wagner | Bild: Cornelia Zetzsche

Sonntag, 22.10.2017
11:00 bis 11:30 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BAYERN 2

Jan Wagner sammelte, mit dem Münchner Dichter Tristan Marquardt, Liebeslieder des Mittelalters, übersetzt von über 60 namhaften Lyriker/Innen. Am 28. Oktober erhält er für sein Werk den Büchner-Preis
Lesung und Gespräch mit Tristan Marquardt und Jan Wagner
Moderation: Cornelia Zetzsche

"nur in sackleinen/ gehüllt. kleiner eremit/ in seiner höhle.//
nichts als ein faden/ führt nach oben, wir geben/ ihm fünf minuten"

Jan Wagner bedichtet oft kleine Dinge des Alltags. Einen Teebeutel wie diesen, einen Nagel, Pasteten aus Birnen, Äpfeln, Quitten. Oder die Regentonne im Garten seiner Kindheit.

"ich hob den deckel und blickte ins riesige auge einer amsel"

Jan Wagner, 1971 in Hamburg geboren, in Ahrensburg aufgewachsen, lebt heute in Berlin. Er greift zurück auf traditionelle Formen und Stoffe, beherrscht das Sonett, das Pantum, die Ode und weiß eine Sestine zu erklären. Er dichtet formbewusst, anspielungsreich, elegant.
Er choreographiert Szenen, sucht das Rezept gefüllter Champignons und erweist sich als kluger, aufmerksamer Beobachter von Dingen, der Naturbeschreibungen, kulturellem Geschehen. Er übersetzt und antwortet Dichter-Kollegen wie Rimbaud und foppt seine Leser mit unreinen Reimen, Halbreimen, Anklängen, Assonanzen. Seit "Probebohrung im Himmel", seinem Debüt 2001, jubiliert das Feuilleton angesichts seiner virtuosen Formenspiele. Am 28. Oktober verleiht ihm die Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung den höchsten Preis für deutschsprachige Literatur, den Büchner-Preis. Kurz zuvor, Ende September, veröffentlicht Jan Wagner zusammen mit dem jungen Münchner Dichter und Mediävisten Tristan Marquardt eine große Anthologie des Minnesangs, berühmte und neu entdeckte Liebesgedichte des Mittelalters, übersetzt von über 60 namhaften Lyriker/Innen heute, von Joachim Sartorius, Durs Grünbein, Nora Gomringer und vielen anderen. Die Lesung gibt Einblick in die moderne Übersetzung 800 Jahre alter Verse aus einer Zeit, als die Liebe noch Anbetung und Sehnsucht blieb, meist ohne Echo, ohne Erfüllung. Im Studio: Jan Wagner und Tristan Marquardt. Moderation: Cornelia Zetzsche.