radioTexte am Sonntag Daniela Dröscher: Lügen über meine Mutter

Zu dick, zu selbstbewusst, zu gleichberechtigt … der Vater schämt sich für seine Frau, das Kind balanciert zwischen den Loyalitäten. Daniela Dröscher im Gespräch über eine 1980er Jahre-Kindheit.
Es liest Xenia Tiling

Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp

Ich sah mich um. Das gesamte Schwimmbad, schien mir, starrte uns an und tuschelte.
"Komm. Wir fahren nach Hause."
Meine Mutter schwamm auf den Beckenrand zu. Für einen Moment hielt ich mit meinen Bewegungen inne.
Wer in ein Becken hineinsprang, musste auch wieder hinaus. Mein Herz schlug laut. Mit einem Mal aber merkte ich, wie sich das Gefühl der Scham in eins der Wut verwandelte.
Alle, alle starrten sie uns an.

Eine Kindheit in den 1980er Jahren im Hunsrück, und das Hauptthema der Familie scheint es zu sein, dass die Mutter zu dick ist. Was immer das heißt, "zu dick" - verglichen mit wem?, aus wessen Sicht? Aber hinter dem Kampf mit fiesen Kommentaren und wechselnden Diäten stecken noch ganz andere Konflikte. Mit Schreiben und Fiktionen kommt die Erzählerin ihrer unerklärlichen Mutter immer näher - und ihrer eigenen Kindheit. Ein spannender Text rund um die Frage, was Wirklichkeit ist - und wie sie zu fassen wäre.

In den radioTexten am Sonntag liest Xenia Tiling aus dem neuen Roman von Bayern2-Wortspiele-Preisträgerin Daniela Dröscher. Regie: Irene Schuck. Dazu ein Gespräch mit der Autorin. Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlags Kiepenheuer & Witsch können wir die Sendung bis 17. Dezemer 2022 im BR-Podcast Lesungen anbieten.