radioTexte am Sonntag Gottlieb Mittelberger: Reise in ein neues Leben

Schlepper, Menschenhändler, Flüchtlinge - und Sprung ins 18. Jahrhundert. Heiko Ruprecht liest aus Gottlieb Mittelbergers Bericht über seine Auswanderung nach Amerika.

"Wenn man dies alles wird gelesen haben, so zweifle ich keineswegs, es werden die Leute … diese so lange und schwere Reise und damit verbundenen Fatalitäten sorgfältig verabscheuen, indem ein solcher Zug bei den meisten den Verlust Hab und Guts, Freiheit und Ruhe, ja bei nicht wenigen Leibs und Lebens, und ich darf wohl sagen, Seele und Seligkeit nach sich zieht…"

Heute würde man ihn Wirtschaftsflüchtling nennen: Gottlieb Mittelberger machte sich 1750 aus Schwaben über Holland und England nach Amerika auf. Wie er verließen damals viele den alten Kontinent - allein knapp 200.000 Deutsche im 18. Jahrhundert - weil sie dort keine Perspektive mehr sahen. Über die Neue Welt waren die verlockendsten Gerüchte im Umlauf. Schulmeister und Organist Mittelberger war einer der wenigen, die schließlich wieder nach Hause zurückkehrten. Nach vier Jahren Auswanderungserfahrung versuchte er, realistische Informationen zu vermitteln. Und zu warnen - vor einer Realität, die sehr weit entfernt vom Paradies war - und viel mit skrupellosen Schleppern und Menschenhändlern zu tun hatte.

Aus Gottlieb Mittelbergers Bericht liest Heiko Ruprecht. Die Regie hatte Antonio Pellegrino. Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp. Der Text erschien zuletzt 2019 unter dem Titel "Reise in ein neues Leben" im Verlag "Das kulturelle Gedächtnis". Die Sendung ist auch im Bayern 2 Podcast "Lesungen" zu finden.