radioTexte am Donnerstag Giovanni Boccaccio: Il Decamerone(2/3)
Donnerstag, 13.08.2015
21:05
bis 22:00 Uhr
- Als Podcast verfügbar
BAYERN 2
Zehn mal zehn Geschichten gegen den Tod
Gustl Weishappel liest einen Bestseller der Renaissance
Redaktion und Moderation: Judith Heitkamp
Florenz, in der Mitte des 14. Jahrhunderts: Zehn Adelige - sieben Frauen und drei Männer - verlassen die Stadt. Sie fliehen vor dem "Schwarzen Tod", vor der unbarmherzig wütenden Pest. Sie beziehen ein Haus auf dem Land, um das massenhafte Sterben hinter den Stadtmauern zu vergessen; sie wollen Leben, Genuss und Freude feiern. Und sie beginnen zu erzählen, jeder zehn Geschichten, Tag für Tag, zehnmal Flucht und zehnmal Trotz gegen den Tod. Das ist der Rahmen für eines der großen Bücher der Weltliteratur: Giovanni Boccaccios "Il Decamerone" - zu Deutsch "das Zehntagewerk", "das Dekamaron" oder, in älteren Ausgaben, auch "der Decamerone", ein Bestseller der Renaissance-Zeit.
Giovanni Boccaccio (1313 - 1375) schrieb die 100 Novellen vermutlich zwischen 1349 und 1353, in den Jahren einer großen Pestepidemie in Europa. Schätzungsweise 25 Millionen Menschen kamen dabei ums Leben, ein Drittel der damaligen Bevölkerung. Wieder und wieder entwerfen die Erzählungen eine Gegenwelt zur grausamen Realität. Mal sind sie witzig, mal sinnlich, mal erotisch. Und doch nehmen sie beständig Bezug auf die Erfahrung des massenhaften Todes und wirken, wie die berühmte Einleitung, wie ein "memento mori", eine Mahnung, die Vergänglichkeit allen Lebens im Genuss nicht zu vergessen. Insofern ist Giovanni Boccaccios berühmte Geschichtensammlung ein zutiefst philosophisches Buch, es erzählt von allen Facetten des Menschseins. Gustl Weishappel liest aus dem Zehntagewerk, ein Schatz aus dem Archiv des Bayerischen Rundfunks, in der Übersetzung von Gustav Diezel. In drei Folgen in der klassischen Lesung, radioTexte am Donnerstag.
Moderation: Judith Heitkamp