Franz Kafka: Der Process
"Sie sind verhaftet, nichts weiter."
Josef K. wird der Prozess gemacht. Er weiß nicht wofür, jemand muss ihn verleumdet haben. Und dennoch akzeptiert K. die Sachlage. Er erkennt die beiden Wächter, die ihn in Gewahrsam nehmen wollen, als Autoritäten an, leistet der ersten Vorladung vor das Gericht Folge und findet sich sogar ein zweites Mal unaufgefordert zum Verhör ein. Er will dem undurchdringlichen Gerichtswesen auf den Grund gehen und sucht fachkompetente Unterstützung beim Advokaten Huld, der Frau des Gerichtsdieners oder dem Gerichtsmaler Titorelli. Im Verhör beschimpft Josef K. das Gericht als Instanz absoluter Sinnlosigkeit und trifft damit womöglich seinen Kern. Im selbstbetriebenen Fortgang des Prozesses verwirklicht sich schließlich ein Gesetz, das nicht die Schuld sucht, sondern von ihr angezogen wird. Josef K. macht sich selbst den Prozess, stellt sich – dem Autor nicht unähnlich – unter einen Generalverdacht der Schuld.
Kafkas "Process" als Handschrift – Geschichte eines Fragments
1925, ein Jahr nach Kafkas Tod erschien im Berliner Verlag Die Schmiede der „Roman“ Der Prozess. Die Zusammenstellung dieser Erstausgabe besorgte Kafkas Freund Max Brod. Mit ihrer Veröffentlichung „avancierte Kafka zum Romancier mit Weltruhm“ (Roland Reuß). Der Process ist aber eigentlich Fragment geblieben. Kafka hinterließ eine nicht nummerierte, auf 16 Konvolute verteilte Handschrift. Er arbeitete zwischen August 1914 und Januar 1915 parallel an mehreren Kapiteln, schrieb unregelmäßig in verschiedenen Heften und sortierte die einzelnen Textteile immer wieder in neue Konvolute um, ohne dabei eine verbindliche Reihenfolge festzulegen. Eine ebenso radikale wie überzeugende Umgangsform mit den Manuskripten fanden 1997 Roland Reuß und Peter Staengle in der historisch-kritischen Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte im Verlag Stroemfeld/Roter Stern.
10 Stunden Hörspiel
Die BR-Hörspielproduktion Der Process geht in ihrer Textgrundlage von den Handschriften Kafkas bzw. ihrer Umschrift aus. Für die lineare Sendung im Radioprogramm werden die einzelnen Kapitel in eine Reihenfolge gebracht. In der ARD Audiothek entfällt die Notwendigkeit einer solchen Anordnung und rückt die Hörspielproduktion damit noch näher an die tatsächliche Überlieferung von Der Process. Alle Folgen in der Audiothek.
Mit Rufus Beck, Samuel Finzi, Corinna Harfouch, Jürgen Holtz, Milan Peschel, Jeanette Spassova, Thomas Thieme, Manfred Zapatka. Ton: Andreas Meinetsberger. Regie: Klaus Buhlert. BR 2010, Länge: 621'